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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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durch den Kopf: Die Sache hatte von einem Augenblick auf den nächsten eine völlig andere Dimension angenommen. Ihnen stand unmittelbar eine Katastrophe bevor. Wahrscheinlich die größte, die die Menschheit je erlebt hatte.
    Sina war die Erste, die ihre Sprache wiederfand: »Eine … Atombombe? Ihre Rakete transportiert eine Atombombe?« In ihren Augen las man pures Entsetzen.
    Koenig spürte offenbar, dass seine Gesprächspartnerinnen schockiert waren. Und wieder trat er die Flucht vor sich selbst, vor seinen eigenen Erinnerungen an, indem er starr aus dem Fenster blickte und sachlich kühl referierte: »Ich war nicht direkt involviert. Ich hatte nur losen Kontakt zu denen. Natürlich habe ich ihre Arbeit verfolgt. Ich als Chemiker. Verständlich, dass es mich brennend interessiert hat, was die in ihrer Hexenküche zusammengebraut haben. Aber man kam so gut wie überhaupt nicht an aussagekräftige Informationen. Alles streng geheim. Ähnlich wie beim parallel laufenden Manhattan-Projekt, das die Amerikaner vorantrieben. Ich kann mich erinnern, dass sie anfangs, das muss so im Frühjahr ’43 gewesen sein, mit Natururan experimentiert haben. Aber das ist in Deutschland schwer zu kriegen und besteht außerdem zu 99 Prozent aus Uran-238 und nur zu gerade mal 0,7 Prozent aus Uran-235 mit drei fehlenden Neutro-«
    »Kommen Sie auf den Punkt!« Sina schäumte. Sie war dicht davor, Koenig tatsächlich noch an die Gurgel zu gehen.
    »Die sind dann ziemlich schnell darauf gekommen, dass es außer der Kettenreaktion im Uran noch eine andere Möglichkeit gibt, die sich für eine Kernwaffe nutzen lässt«, berichtete Koenig nun etwas zügiger. »Ich spreche hier vom Einsatz jenes künstlichen Elements, das man später allgemein als Plutonium bezeichnete.«
    »Was? Ach, du Scheiße? Eine Plutoniumbombe sogar?«, fluchte Sina erstaunt.
    »Ist das nicht noch gefährlicher als Uran?«, hakte Gabriele unbedarft nach.
    Koenig ging nicht direkt auf die Fragen ein: »Plutonium, ja. Es ist etwas schwerer als Uran und hat andere chemische Eigenschaften. Aber sein Kernaufbau macht es genauso einfach spaltbar. Nein, ich muss mich korrigieren: Es ist sogar leichter zu spalten als Uran.«
    Die Frauen lauschten gebannt und wollten Koenig nicht durch eine weitere Unterbrechung aus dem Konzept bringen.
    »Um Plutonium zu generieren – und zwar so viel, um damit eine tatsächlich funktionstüchtige Bombe bauen zu können –, benötigten die einen Brutofen. Denn Plutonium muss in einem Kernreaktor durch Beschuss von Uranbrennstäben mit Neutronen künstlich hergestellt werden.«
    Sina juckte es in den Fingern. Es musste endlich gehandelt werden. Dennoch beschloss sie, Koenig nicht zu unterbrechen. Geduldig hörte sie weiter zu.
    »Heisenberg hat da Großartiges geleistet. Sie wissen doch, Werner Heisenberg, der geniale Physiker.«
    Beide Frauen nickten beiläufig. Nach dem Motto: Jetzt bloß keinen Vorwand dafür liefern, um diesen Vortrag in die Länge zu ziehen.
    Koenig starrte weiter hinab auf den Freihafen. »Die haben einen primitiven Meiler zusammengezimmert. Eine Art Bottich. Darin befand sich Schweres Wasser, in das sie dünne Uranplatten tauchten. Fast hätte es geklappt.«
    »Spannen Sie uns nicht auf die Folter«, platzte es aus Sina heraus.
    »Schon gut! Die Sache mit dem Reaktor war nicht ausgereift. Sie haben daraufhin probiert, eine Kettenreaktion mit einer Aufschichtung von Uranklötzchen und Grafitziegeln zu erzielen.«
    »Koenig! Kommen Sie zum Ende!«, ermahnte ihn Sina eindringlich.
      Daraufhin lenkte Koenig seinen Blick vom Fenster ab und sah Sina in die Augen. »Sie haben recht. Ich bin ein selbstsüchtiger Mensch. Bei Gott, Sie haben die Wahrheit verdient.«Er hatte sich offensichtlich entschlossen, tatsächlich auszupacken. »Also gut. Meine Damen, womit Sie es zu tun haben, ist eine –«, Koenig legte eine Pause ein.
    Sina wusste nicht, ob er damit einen perversen Showeffekt erzielen wollte oder ob es ihm wirklich schwerfiel, frei heraus darüber zu sprechen.
    Koenig räusperte sich und beendete seinen Satz: »Eine Urankanone.«
    »Ach«, brachte Gabriele schwach hervor. Für sie waren Koenigs Ausflüge in die Physik reines Kauderwelsch. Und nun diese Urankanone – was hätte ein Laie wie sie damit anfangen sollen?
    »Machen Sie’s kurz«, drängte Sina. »Erklären Sie knapp und präzise, wie dieses Miststück funktioniert, und sagen Sie, wie man es unschädlich macht.«
    »Einfach«, entgegnete Koenig,

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