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Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen

Titel: Doberstein & Rubov 01 - Feuerfrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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Eindruck. Die Gebäude lagen eher weitläufig verteilt, einen Ortskern konnten Gabi und Sina nicht entdecken. Zumindest nichts, was in den Augen der Nürnbergerinnen diesen Namen verdient hätte. Eine Kreuzung kurz hinter dem Ortseingangsschild zwang Gabriele zu einer Entscheidung. Sollten sie zunächst zum Historisch-Technischen Informationszentrum oder zum Hafen? Gabriele traf eine Wahl, ohne Sinas Rat zu suchen und steuerte den Hafen an. Bereits nach wenigen 100 Metern machten sie ein Wirtshaus aus. ›Schwedenschanze‹ stand auf dem Schriftzug, der über der Eingangstür befestigt war. Gabi bremste leicht ab, stoppte dann ganz.
    »Soll’s das wohl sein?«, erkundigte sich Sina.
    »Wieso, passt es dir nicht?«
    »Och, so würde ich das nicht nennen. Ist zwar nicht das Maritim, aber abstoßend wirkt’s auch nicht gerade.«
    Gabi stupste sie leicht an: »Denk dran: du bist eingeladen. Ich zahl die Zeche. Also fang gar nicht erst an zu meckern.« Der VW-Bus bog in den Schotterparkplatz neben dem Gasthof ein.

10
    Keine Frage: Das Gasthaus war für das kleine Örtchen viel zu groß. Völlig überproportioniert. Schon von außen wirkte der schlichte 50er-Jahre-Bau klobig. Von innen erschien er den beiden Frauen noch riesiger. Das Foyer, oder treffender: der Vorraum, war spärlich möbliert. Regelrecht karg. Billige, wenig ansehnliche Einrichtungsgegenstände. Einzig der wuchtige Empfangstisch gegenüber der Eingangstür machte einen soliden Eindruck. Eine etwa 60-jährige, wohlgenährte Frau war damit beschäftigt, den Holzfußboden zu wischen. Das heißt: nicht Holz, sondern Laminatboden mit holzähnlicher Farbgebung und Maserung. Nichts für den verwöhnten Geschmack Gabrieles. Nun fielen ihr auch die verstaubten Blumensträuße und Topfpflanzen in den Ecken und auf den Fensterbänken auf. Allesamt aus Plastik. Gabi schauderte. Die Putzfrau unterbrach ihre Arbeit und wischte sich die rechte Hand an ihrem Kittel ab. Gabriele und Sina gingen auf die Theke zu, die Frau kam ihnen entgegen.
    »Guten Tag.« Gabriele hatte sich wohlweislich ein Grüß Gott verkniffen.
    »Tach«, fügte Sina hinzu und blieb einen Schritt hinter ihrer Freundin. Ihr war dieser Laden genauso suspekt wie Gabi.
    Die Reinemachefrau, die wohl auch gleichzeitig die Wirtin war, musterte die beiden kurz und bildete sich offenbar schnell ihre Meinung über die Unbekannten. Sie streckte Gabriele auffordernd ihre Hand entgegen. »Guten Tag, die Damen.«
    Gabi zog ihre Hand ein wenig angewidert zurück, bemühte sich dann aber um einen freundlichen Ton: »Draußen steht, Sie vermieten Zimmer. Haben Sie eins frei?«
    Die Wirtin schmunzelte: »Sogar zwei, wenn Sie wollen.«
    Die beiden Frauen blickten sich an, Sina runzelte fragend die Stirn. »Eins reicht, wenn’s ein Doppelzimmer ist.«
    Die Antwort war ein verständnisvolles Nicken: »Ist es.« Die üppig gebaute Vermieterin holte ein Anmeldeformular unterm Tresen hervor. »Wie lange wollen Sie bleiben?«
    Wieder tauschten die Frauen fragende Blicke aus. Diesmal redete Gabriele: »Erst einmal eine Nacht. Das hängt davon ab, wie viel es hier zu sehen gibt …«
    Die Wirtin ging auf diese versteckte Frage nicht ein, reichte das Formular und einen Plastikkugelschreiber zu Sina herüber. Doch energisch nahm Gabriele beides an sich. »Tragen Sie bitte Namen und Anschrift ein«, forderte die Wirtin.
    Während Gabriele schrieb, griff Sina nach einem der Faltblätter, die in einem Pappschuber auf dem Tisch auslagen. Eine bilderreiche Schilderung von Peenemündes bewegter Vergangenheit. Sina überflog den Bogen flüchtig. Aufmunternd zwinkerte sie der Wirtin zu und winkte mit dem Zettel. »Ja, wissen Sie, alte Festungen, Bunker und so’n Zeug – darauf steht meine Freundin.« Mit interessiertem Unterton fügte sie hinzu: »Von so was gibt es doch hier reichlich, oder?«
    Diesmal biss die Einheimische an: »Ja, wir haben da zum Beispiel die historische Schwedenschanze. Da, wo früher einmal der Schwedenkönig …«
    Sina blieb am Ball: »… und da gibt’s dieses ganze Nazizeug, stimmt’s? Immerhin haben die doch von hier aus ihre V2-Raketen fliegen lassen, damals.«
    Ihre Gesprächspartnerin winkte ab, griff sich das ausgefüllte Formular und nahm einen Zimmerschlüssel von der Bretterwand. »Davon ist nicht viel übrig. Das alte Kraftwerk, Reste des Sauerstoffwerkes und die Leitwarte. Die werden Sie sich bestimmt anschauen, da ist nämlich das Museum drin.« Schnell verlor sie das Interesse an dem Thema

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