Doch die Sünde ist Scharlachrot
rief Collins von der Tür herüber. Er nickte auf den Flur hinaus, von wo er gekommen war, während Bea sich McNulty vorgenommen hatte.
»Was denn?«, fragte sie ungehalten.
»Unten wartet jemand auf Sie. Eine … Dame?« Er schien sich unsicher, ob der Begriff passte.
Bea fluchte leise. Zu McNulty sagte sie: »Machen Sie sich wieder an die Arbeit, und bleiben Sie dabei!« Dann schritt sie an Collins vorbei und lief die Treppe hinab.
Die fragliche Dame stand unten am Empfang, und als Bea sie sah, nahm sie an, es war ihre Erscheinung, die Collins unsicher bezüglich seiner Wortwahl gemacht hatte. Die Besucherin überflog die Anschläge am Schwarzen Brett, was Bea Gelegenheit gab, sie einen Moment zu mustern. Sie trug einen gelben Regenhut auf dem Kopf, obwohl es nicht mehr regnete, und eine noppige Steppjacke über einer schlammfarbenen Cordhose. Die Füße steckten in leuchtend roten knöchelhohen Turnschuhen. Sie sah nicht aus wie jemand, der mit brauchbaren Informationen kam. Eher wie die Überlebende eines Schiffbruchs.
»Ja bitte?«, fragte Bea. Sie hatte es eilig, und sie machte sich keine Mühe, die Ungeduld aus ihrer Stimme zu halten. »Ich bin Detective Inspector Hannaford. Was kann ich für Sie tun?«
Die Frau wandte sich um und streckte ihr die Hand entgegen. Als sie sprach, entblößte sie einen abgebrochenen Schneidezahn. »Detective Sergeant Barbara Havers«, stellte sie sich vor. »New Scotland Yard.«
Cadan trat in die Pedale, als wäre der Teufel hinter ihm her, und das war keine geringe Leistung, war er doch auf einem Kunstrad unterwegs: nicht dafür gebaut, die Straße entlangzubrausen. Pooh krallte sich in seine Schulter, krächzte empört – zu Recht, denn es war die Tageszeit, da die weiter entfernt arbeitenden Menschen nach Hause fuhren, und darum war es voll auf den Straßen. Das galt ganz besonders für die Belle Vue Lane, die einen Teil der Hauptverkehrsader durch die Stadt bildete. Es war eine Einbahnstraße, und Cadan wusste, er hätte mit dem Verkehrsstrom in die Umgehungsstraße abbiegen sollen, die vor einiger Zeit angelegt worden war, um die Innenstadt zu entlasten. Aber das wäre ein Umweg gewesen, und dafür hatte er es zu eilig.
Also fuhr er entgegen der Fahrtrichtung durch die Einbahnstraße, was ihm nicht wenige Hupsignale und wütende Rufe eintrug – kleine Sorgen im Vergleich zu seinem Bedürfnis zu entkommen.
Die Sache war nämlich, dass Dellen Kerne – trotz ihres Alters, das ja eigentlich doch noch nicht so indiskutabel war, oder? – genau die Art sexueller Erlebnisse bot, die Cadan am liebsten waren: heiß, schnell, gierig – und fertig. Ohne Reue, ohne Erwartungen. Andererseits: Cadan war kein Vollidiot. Die Frau des Chefs vögeln? In ihren eigenen vier Wänden, in der Küche? Das war, als setzte man seinen eigenen Grabstein.
Nicht dass Dellen die Absicht gehabt hätte, in der Küche zu vögeln. Sie hatte sich aus ihrer Umschlingung – die Cadan einen leichten Schwindel und raschen Blutzufluss an genau der richtigen Stelle verursacht hatte – gelöst und den sinnlichen Tanz fortgesetzt, den sie zu der Latinomusik aus dem Radio begonnen hatte. Doch nur einen Augenblick später war sie zu ihm zurückgekommen, hatte sich an ihn gedrängt und die Finger über seine Brust wandern lassen. Danach hatte es keiner komplizierten Tanzschritte bedurft, bis sie sich Hüfte an Hüfte und Becken an Becken befanden. Und die Musik hatte einen drängenden Rhythmus, dessen Implikation man unmöglich ignorieren konnte.
Es war ebendieser Augenblick, in dem sich das bewusste Denken gern verabschiedet. Das Großhirn stellt den Dienst ein, und das Kleinhirn, das nur die atavistischsten Motive kennt, übernimmt das Kommando, bis Befriedigung erreicht ist. So war er, als Dellens Hand seine Brust hinabglitt und den empfindsamsten Teil seiner Physiognomie berührte, bereit gewesen, es sofort und ohne Umschweife auf dem Küchenfußboden mit ihr zu treiben, so sie ihn denn ließ.
Er umklammerte ihren Hintern mit einer Hand, die Brust mit der anderen, nahm die Brustwarze fest zwischen zwei Finger und steckte ihr gierig die Zunge in den Mund – doch mit einem heiseren Lachen wich sie zurück. »Nicht hier, Dummerchen. Du weißt doch, wo die Strandhütten stehen, oder?«
»Strandhütten?«, echote er dümmlich. Sein Kleinhirn interessierten Hütten oder Strände nicht.
»Die Strandhütten, mein Süßer«, erklärte Dellen. »Da unten, gleich oberhalb des Strandes. Hier. Da
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