Doch die Sünde ist Scharlachrot
und ihr Ton war eiskalt.
»Ich bin, wer ich bin«, versuchte Dellen weinend zu erklären.
»Dann werde eine andere!«
Daidre wollte die Rechnung fürs Abendessen im Curlew Inn bezahlen, doch das ließ Lynley nicht zu. Es ginge nicht allein darum, dass ein Gentleman niemals eine Dame das Essen bezahlen ließ, das sie gemeinsam genossen hatten, erklärte er ihr. Er habe am Vorabend in ihrem Haus gespeist, und wenn die Dinge zwischen ihnen ausgeglichen sein sollten, dann sei er an der Reihe. Und selbst wenn sie anderer Ansicht sei, könne er sie doch nicht für etwas bezahlen lassen, was sie kaum angerührt hatte.
»Ich bedaure, dass es nicht nach Ihrem Geschmack war«, fügte er hinzu.
»Sie sind doch nicht schuld an meiner Wahl, Thomas! Ich hätte es besser wissen sollen, als etwas zu bestellen, das die Karte als ›vegetarische Überraschung‹ bezeichnet.«
Sie hatte die Stirn gerunzelt und dann vor sich hin gekichert, als sie den Teller gesehen hatte, und er fand, das konnte man ihr kaum verübeln. Es handelte sich um irgendetwas grünes Undefinierbares, das zu einem Laib gebacken war, begleitet von einer Beilage aus Reis und Gemüse, beides so lange gekocht, dass es praktisch farblos war. Unerschrocken hatte sie den Reis und die Gemüsekomposition mit dem besten Wein des Curlew Inn hinuntergespült – einem nichtssagenden französischen Chablis, der unzureichend gekühlt war –, aber nach ein paar Bissen hatte sie kapituliert.
»Ich bin satt«, hatte sie übertrieben fröhlich behauptet. »Erstaunlich, wie mächtig das ist – fast wie Käsekuchen.« Und sie hatte Überraschung geheuchelt, als er ihr nicht glauben wollte. Als er verkündet hatte, er wolle sie zu einem vernünftigen Essen einladen, hatte sie erwidert, das müsse dann vermutlich in Bristol stattfinden, da es in ganz Cornwall kein Restaurant gebe, das ihren Anforderungen entsprach. »Ich bin ein schwieriger Fall, wenn es ums Essen geht«, hatte sie eingestanden. »Ich sollte es vielleicht einmal mit Fisch versuchen, aber irgendwie kann ich mich nicht dazu durchringen.«
Als sie aus dem Curlew Inn ins Freie traten, dunkelte es bereits. Sie machte eine Bemerkung über den Wandel der Jahreszeiten und wie die Tage von der Wintersonnenwende an fast unmerklich länger wurden. Sie verstehe gar nicht, warum so viele Menschen den Winter verabscheuten; es sei doch eine tröstliche Jahreszeit: »Der Winter führt geradewegs zur Erneuerung«, erklärte sie. »Das gefällt mir. Irgendwie wirkt er auf mich wie eine Verheißung auf Vergebung.«
»Brauchen Sie die denn? Vergebung?« Sie waren auf dem Rückweg zu Lynleys Mietwagen, den er in einer Seitenstraße der High Street abgestellt hatte. Er sah sie im schwindenden Licht an, hoffte auf eine Art Beichte in ihrer Antwort.
»Wir alle brauchen Vergebung in der einen oder anderen Weise«, sagte sie und nutzte dies als Überleitung, um ihm zu erzählen, was sie früher am Tag beobachtet hatte: Ben Kerne in den Armen einer Frau, die, so nahm sie an, seine Mutter war. Ja, gestand sie, sie habe Erkundigungen eingeholt, und ja, es habe sich herausgestellt, dass die Frau tatsächlich Ann Kerne war. »Ob es da um Vergebung ging, weiß ich natürlich nicht«, schloss sie. »Aber es ging auf jeden Fall um Emotionen, die sie teilten.«
Im Gegenzug und weil es nur fair erschien, berichtete Lynley ihr von seinem Besuch bei Ben Kernes Vater. Er erzählte ihr nicht alles, denn sie stand ja noch immer unter Verdacht, und auch wenn er Daidre mochte, gedachte er nicht, diese Tatsache außer Acht zu lassen. So beschränkte er sich also auf Eddie Kernes Aversion gegen seine Schwiegertochter. »Anscheinend glaubt er, diese Frau sei die Wurzel allen Übels im Leben seines Sohnes.«
»Einschließlich Santos Tod?«
»Ich nehme an, auch das wird er sich so zurechtbiegen. – Ich möchte mir etwas ansehen«, wechselte er das Thema. Seine Gedanken drehten sich um die Strandhöhlen, die Eddie Kerne erwähnt hatte. »Wenn Sie lieber im Wagen warten wollen …?«
»Nein. Ich komme gerne mit.« Lächelnd fügte sie hinzu: »Ich habe noch nie einem Polizeiermittler bei der Arbeit zugesehen.«
»Das hier hat weniger mit Ermittlungen als mit meiner persönlichen Neugierde zu tun.«
»Ist das nicht ein und dasselbe? Zumindest in den meisten Fällen?«
Lynley widersprach ihr nicht, und heiter gestimmt fuhren sie zum Meer hinunter. Neben einer niedrigen Kaimauer, die neueren Datums zu sein schien – genau wie das steinerne
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