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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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Bootshaus der Küstenwache, das in der Nähe stand, und die Rettungsboje gleich daneben –, parkte er, stieg aus und nahm die Klippen in Augenschein, die hufeisenförmig um die Bucht lagen. Auskragende Vorsprünge wie abgebrochene Zähne ragten über ihnen empor; ein Sturz von dort wäre wahrscheinlich tödlich. An der Felskante standen Häuser und Cottages, und ihre Lichter durchbrachen die Dämmerung. Am Ende der südlichsten Klippe ragte das größte Haus auf wie ein beeindruckendes Symbol für den Wohlstand seines Erbauers.
    Daidre ging um den Wagen herum und gesellte sich zu ihm. »Was genau sehen wir uns denn hier an?« Sie zog den Mantel enger um sich. Eine steife Brise wehte.
    »Die Höhlen«, antwortete er.
    »Hier gibt es Höhlen? Wo?«
    »Auf der dem Wasser zugewandten Seite der Klippen. Man erreicht sie nur bei Ebbe. Bei hohem Wasserstand sind sie zumindest teilweise geflutet.«
    Sie kletterte auf die Mauer und sah aufs Meer. »Ich bin ein hoffnungsloser Fall in diesen Dingen, und das ist erbärmlich für jemanden, der zumindest einen Teil seines Lebens am Wasser verbringt. Ich habe keine Ahnung, ob das Wasser gerade steigt oder fällt. So oder so scheint es mir aber keine große Rolle zu spielen, denn die Flutlinie ist noch weit weg.« Mit einem schnellen Blick zu ihm hinüber fügte sie hinzu: »Ist das in irgendeiner Weise hilfreich?«
    »Kaum«, gestand er.
    »Das habe ich befürchtet.« Sie sprang von der Mauer; er folgte ihr. Wie so viele Strände in Cornwall begann auch dieser mit Findlingen, die nahe dem Parkplatz übereinandergeschichtet worden waren: großteils Granit, durchmischt mit Lava hier und da, und die flüchtigen Schleifspuren auf dem Geröll erinnerten daran, dass das, was jetzt massiver Stein war, einst geflossen war, so schwer vorstellbar es auch schien. Lynley streckte Daidre eine helfende Hand entgegen. Zusammen kletterten sie über die Steine bis zum Sand.
    »Das Wasser geht zurück«, erklärte er. »Das ist mein erstes Ermittlungsergebnis.«
    Sie hielt inne und runzelte die Stirn. Dann sah sie sich um, als wollte sie ergründen, wie er zu diesem Schluss gekommen war. »Oh, ja, jetzt sehe ich es auch«, sagte sie schließlich. »Keine Fußspuren. Aber das könnte auch am Wetter liegen, oder? Schlechte Jahreszeit für den Strand.«
    »Richtig. Aber beachten Sie die Pfützen am Fuß der Klippen.«
    »Sind die nicht in jedem Fall da?«
    »Vermutlich. Vor allem um diese Jahreszeit. Aber die Felsen dahinter wären nicht nass. Das sind sie aber. Sie werfen die Lichter der Häuser zurück.«
    »Sehr beeindruckend.«
    »Einfachstes Grundwissen«, winkte er ab.
    Sie überquerten den Strand. Der Sand war schlammig, was Lynley anzeigte, dass sie vorsichtig sein mussten. Es gab Treibsand in Cornwall, gern an Stellen wie dieser, wo das Meer sich über eine beträchtliche Distanz zurückzog.
    Rund hundert Meter von den Findlingen entfernt verbreiterte sich die Bucht. Von hier aus erstreckte sich bei Ebbe ein weitläufiger Strand in beide Richtungen. Aus einiger Distanz blickten sie zurück. Von ihrer jetzigen Position aus waren die Höhlen leicht zu erkennen. Sie durchlöcherten die dem Wasser zugewandten Klippen, dunklere Öffnungen im dunklen Stein – wie grafitbestäubte Fingerabdrücke. Und zwei waren von enormer Größe.
    Daidre staunte. »Ich hatte ja keine Ahnung.«
    Zusammen näherten sie sich der größten Höhle: einem gähnenden Schlund unterhalb der Stelle, wo das große Haus stand.
    Der Eingang war annähernd zehn Meter hoch, schmal und grob geformt, wie ein auf den Kopf gestelltes Schlüsselloch, mit einer Schwelle aus Schiefer und durchzogen von Quarz. Drinnen war es dämmrig, aber nicht völlig dunkel, denn ein gutes Stück entfernt im hinteren Teil der Höhle fiel schwaches Licht durch eine Art Kamin, den vulkanische Aktivitäten vor Äonen von Jahren erschaffen hatten. Nichtsdestotrotz war es schwierig, die Wände auszumachen, bis Daidre ein Streichholzbriefchen aus ihrer Handtasche zog und mit einem verlegenen Achselzucken erklärte: »Pfadfinder. Ich habe auch ein Schweizer Messer, falls Sie das brauchen sollten. Und Heftpflaster.«
    »Das ist tröstlich zu wissen«, versicherte er. »Wenigstens einer von uns ist für diese Expedition adäquat ausgerüstet.«
    Die Streichholzflamme zeigte ihnen als Erstes, wie hoch die Flut in der Höhle stand. Hunderttausende winzige Mollusken bedeckten die unebenen, von Mineralien durchzogenen Felswände bis zu einer Höhe von drei

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