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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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nicht hinzu, was ihr auf der Zunge lag, dass nämlich die Zeit zu reden bereits fünfzehn Jahre zurücklag. Oder dass er den Moment gewählt hatte, ohne jede Rücksicht auf ihre Situation zu nehmen, was so absolut typisch für ihn war. Sie gestattete sich jedoch nicht, darüber nachzudenken, was es bedeutete, dass sie die Chance, ihm genau das zum Vorwurf zu machen, ungenutzt verstreichen ließ. Stattdessen schaltete sie auf Morgenmodus und machte sich bereit, zur Arbeit zu fahren.
    Doch auf der Fahrt konnte sie nicht einmal Radio 4 ausreichend ablenken, um nicht zu erkennen, dass Ray mit wohlgewählten Worten so gut wie eingeräumt hatte, als Ehemann versagt zu haben. Sie wusste nicht so recht, was sie mit dieser Erkenntnis anfangen sollte, darum war sie beim Betreten der Einsatzzentrale dankbar für das läutende Telefon, und sie hob ab, ehe irgendwer ihr zuvorkommen konnte. Mehrere Beamte standen untätig herum und warteten darauf, Aufgaben für den neuen Tag zugeteilt zu bekommen. Bea hoffte inständig, dass die Person am anderen Ende der Leitung ihr zu einer Eingebung verhalf, damit ihr irgendetwas in den Sinn kam, womit sie ihre Leute beschäftigen konnte.
    Der Anrufer entpuppte sich als Duke Clarence Washoe aus Chepstow mit den vorläufigen Untersuchungsergebnissen der Haarproben, die sie ihm geschickt hatte. »Sind Sie bereit?«
    »Schießen Sie los«, bat sie.
    »Unter dem Mikroskop sehen sie sich ähnlich«, begann er.
    »Nur ähnlich? Keine Übereinstimmung?«
    »Ich kann mit dem Material keinen Abgleich durchführen. Dazu brauchten wir Epidermis, Kortex oder Medulla. Das hier ist kein DNA-Material.«
    »Das ist mir bewusst. Also, was können Sie mir sagen?«
    »Es sind menschliche Haare. Sie ähneln einander. Sie könnten von derselben Person stammen. Oder von zwei Mitgliedern ein und derselben Familie. Aber mehr als ›könnte‹ lässt sich nicht sagen. Ich kann Ihnen gerne die mikroskopischen Details zukommen lassen, aber wenn Sie weitere Analysen wollen, kostet das Zeit.«
    Und Geld, dachte Bea. Er sprach es nicht aus, aber sie wussten es beide.
    »Soll ich weitermachen?«, fragte er.
    »Das kommt auf den Klemmkeil an. Wie sieht es damit aus?«
    »Ein Schnitt. Er ging glatt durch. Es war kein zweiter Versuch erforderlich. Keine identifizierbaren Reißspuren. Das ist mit einer Maschine gemacht worden, nicht mit einem Handwerkzeug. Und die Klinge war relativ neu.«
    »Ist das sicher?« Eine Maschine engte das Feld beträchtlich ein. Sie verspürte einen Anflug von Erregung.
    »Wollen Sie meine detaillierte Analyse?«
    »Eine einfache Analyse reicht.«
    »Abgesehen von Reißspuren, die es möglicherweise hinterlässt, drückt ein Handwerkzeug die Ober- und Unterseite des Kabels ein und presst sie zusammen. Eine Maschine macht einen saubereren Schnitt. Dadurch ergeben sich glänzende Schnittkanten.« Er versuche, es für einen Laien verständlich auszudrücken, erklärte er und fragte, ob sie es auch noch in Fachchinesisch hören wolle.
    Sergeant Havers betrat das Büro. Bea nickte ihr grüßend zu und hielt Ausschau nach Lynley – vergebens. Sie runzelte die Stirn.
    »Inspector?«, fragte Washoe nach. »Wollen Sie …«
    »Nein, nein, das langt vollkommen«, versicherte sie ihm. »Sparen Sie sich das wissenschaftliche Kauderwelsch für Ihren offiziellen Bericht auf.«
    »In Ordnung.«
    »Und, Duke Clarence?« Sie schnitt eine Grimasse, als sie den Namen des armen Kerls aussprach.
    »Ja, Chef?«
    »Danke, dass Sie sich mit den Haaren beeilt haben.«
    Sie hörte, dass er sich merklich über ihren Ausdruck von Dankbarkeit freute, als sie sich verabschiedeten. Dann versammelte sie ihr Team um sich – oder besser: das, was dafür herhalten musste. Sie suchten nach einer Schneidemaschine, berichtete sie und gab die Details über den Klemmkeil weiter, die Washoe ihr dargelegt hatte. Welche Optionen sie denn hätten, diese Maschine zu finden, fragte sie Constable McNulty.
    McNulty war an diesem Morgen besonders geschäftig, vielleicht weil er so stolz darauf war, unnütze Fotos von toten Surfern ausgegraben zu haben. Der ehemalige Luftwaffenlandeplatz sei eine gute Möglichkeit, schlug er vor. In den alten Gebäuden gebe es jede Menge Betriebe, und ein Werkzeugladen sei bestimmt darunter.
    Eine Karosseriewerkstatt komme ebenfalls infrage, warf jemand anderes ein.
    Oder irgendeine Fabrik, schlug einer vor.
    Dann kamen die Ideen Schlag auf Schlag. Metallverarbeitender Betrieb, Gießerei, sogar ein Bildhauer.

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