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Doch die Sünde ist Scharlachrot

Doch die Sünde ist Scharlachrot

Titel: Doch die Sünde ist Scharlachrot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Elizabeth
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dachte, das bedeutet … Ich dachte, wir würden … O Gott, vergiss es!«
    Bei dieser Eröffnung war Will die Kinnlade heruntergefallen. Cadan kannte die Redewendung natürlich – jemandem fällt die Kinnlade herunter –, aber ihm war nie klar gewesen, wie verloren es denjenigen wirken ließ, bis er in diesem Moment in Wills Gesicht blickte. Will hatte es also nicht gewusst. Woher auch? Es war eine Privatangelegenheit, die sie innerhalb der Familie gehalten hatten, und Will gehörte eben nicht zur Familie und sah im Moment auch nicht so aus, als würde er in absehbarer Zeit dazugehören – eine Tatsache, die ihm nicht klar zu sein schien. Selbst jetzt noch nicht. Er klang wie vor den Kopf gestoßen, als er sagte: »Du hättest zu mir kommen können.«
    »Was?«
    »Zu mir. Ich hätte … Ich weiß nicht. Was immer du wolltest. Ich hätte dir …«
    »Ich habe ihn geliebt.«
    »Nein«, widersprach Will. »Das kann nicht sein. Unmöglich. Warum willst du nicht einsehen, wie er wirklich war? Er hat nichts getaugt, aber wenn du ihn angeschaut hast, hast du etwas in ihm gesehen …«
    »Wag es nicht, so etwas über ihn zu sagen! Untersteh dich …«
    Will sah aus wie ein Mann, der eine Sprache gesprochen hatte, von der er glaubte, seine Zuhörerin würde sie verstehen, nur um dann festzustellen, dass sie eine Fremde in seinem Land war und er selber ebenso. Langsam, so als ginge ihm allmählich ein Licht auf, sagte er: »Du verteidigst ihn immer noch. Selbst nachdem … Was du mir gerade erzählt hast … Denn er hätte dir nicht beigestanden, oder? So war er einfach nicht.«
    »Ich habe ihn geliebt!«, rief sie.
    »Aber du hast doch gesagt, du hasst ihn. Du hast mir erzählt, du hasst ihn.«
    »Er hat mir wehgetan, verdammt noch mal!«
    »Aber warum habe ich dann …« Will sah sich um, als wäre er plötzlich aufgewacht. Sein Blick fiel auf Cadan, dann auf die Blumen, die er Madlyn mitgebracht hatte. Er schleuderte den Strauß in den Kamin. Cadan gefiel diese dramatische Geste, wäre der Kamin nur echt gewesen. So aber schien die Handlung ihr Verfallsdatum überschritten zu haben, wie etwas, was man in alten Filmen im Fernsehen sah.
    Eine bleierne Stille breitete sich im Zimmer aus. Dann sagte Will zu Madlyn: »Ich habe ihn niedergeschlagen. Ich hätte mehr getan, wenn er nur bereit gewesen wäre zu kämpfen, aber er war nicht einmal das. Es war ihm einfach egal. Er wollte nicht kämpfen. Nicht um dich. Nicht deinetwegen. Aber ich habe es getan. Ich habe ihm eins verpasst. Für dich, Madlyn. Weil …«
    »Was?«, rief sie. »Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    »Er hat dir wehgetan, er war ein absoluter Wichser, und irgendjemand musste ihm doch eine Lektion …«
    »Wer hat dich gebeten, sein Lehrer zu sein? Ich nicht. Ich nicht. Hast du … Mein Gott! Was sonst hast du ihm getan? Hast du ihn umgebracht? Ist es das?«
    »Du verstehst überhaupt nicht, was es bedeutet, oder?«, fragte Will. »Dass ich ihn auch nur angerührt habe. Dass ich … Du weißt ja gar nicht …«
    »Was? Dass du ein verdammter Ritter in strahlender Rüstung bist? Dass ich mich darüber freuen sollte? Dankbar sein? Entzückt? Für immer deine holde Maid? Was genau weiß ich nicht?«
    »Ich hätte wieder eingebuchtet werden können«, antwortete er dumpf.
    »Wovon redest du?«
    »Wenn ich einen Typen auf der Straße auch nur anrempele, selbst wenn's nur versehentlich ist. Dann sperren sie mich wieder ein. Aber ich war bereit, das für dich zu riskieren. Und ich war bereit, ihm eine Lektion zu erteilen, weil irgendjemand das dringend tun musste. Aber du wusstest davon nichts, und selbst wenn … jetzt, wo du's weißt … Es ist dir egal. Es war dir immer egal. Ich bin dir egal. Richtig?«
    »Wie bist du nur auf den Gedanken gekommen …«
    Will sah zu Cadan. Madlyns Blick wanderte von Will zu ihrem Bruder. Und Cadan seinerseits kam zu dem Schluss, dass dies der perfekte Moment war, um mit dem kleinen Pooh Gassi zu gehen.
    Bea vollführte mithilfe eines Küchenstuhls einige Stretching-Übungen, um den alternden Rücken mehr oder minder schmerzfrei zu halten, als sie einen Schlüssel in der Tür hörte. Dem Rasseln folgte ein vertrautes Klopfzeichen: tock, tock, tock, bumm, bumm . Dann Rays Stimme: »Bea? Bist du da?«
    »Ich würde sagen, der Wagen in der Auffahrt spricht dafür«, rief sie. »Früher warst du ein besserer Detektiv.«
    Sie hörte ihn in ihre Richtung kommen. Sie trug immer noch ihr Schlafgewand: ein T-Shirt

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