Doch die Sünde ist Scharlachrot
aus, wie er ihr die Kleider auszog. Überlegte, wie bald nach seiner Ankunft er zur Sache kommen würde. Und womöglich, wie er sie zu nehmen gedachte – hart oder zärtlich, im Stehen, auf dem Fußboden oder im Bett und in welcher Position, ob er es mehr als zweimal schaffen würde, denn er wusste, nur zweimal wäre nicht genug, nicht für eine Frau wie Aldara Pappas: triebhaft, sinnlich, bereit. Er musste ihr verdammt noch mal geben, was sie wollte, denn wenn er das nicht schaffte, würde er achtlos weggeworfen, und das durfte er nicht riskieren.
Mit fester Stimme fuhr Daidre fort: »Ich glaube, du wirst feststellen, dass das nicht stimmt, Aldara. Du wirst herausfinden, dass diese … was Santo passiert ist … was immer es ist …«
»Blödsinn«, fiel Aldara ihr ins Wort.
»Wirklich?« Daidre legte die Hand auf den Tisch zwischen ihnen und wiederholte ihre Frage: »Wen erwartest du?«
»Das geht dich nichts an.«
»Bist du vollkommen verrückt geworden? Die Polizei war in meinem Cottage.«
»Und das macht dir Sorgen? Warum?«
»Weil ich mich verantwortlich fühle. Du etwa nicht?«
Aldara schien über die Frage nachzudenken, denn es dauerte einen Moment, ehe sie antwortete: »Kein bisschen.«
»Also ist die Sache damit für dich erledigt?«
»Ich schätze, ja.«
»Deswegen? Der Wein, der Käse, das anheimelnde Feuerchen? Ihr beide? Wer immer er sein mag?«
Aldara erhob sich. »Du musst jetzt gehen«, sagte sie. »Ich habe wieder und wieder versucht, dir zu erklären, wie ich bin. Aber du siehst meinen Lebenswandel als ein moralisches Problem und nicht als das, was er ist: nämlich die einzige Art und Weise, wie ich funktionieren kann. Also. Ja, es ist jemand unterwegs hierher, und nein, ich werde dir nicht sagen, um wen es sich handelt, und mir wäre ganz recht, wenn du bei seiner Ankunft nicht mehr hier wärst.«
»Du lässt dich wohl von gar nichts berühren, was?«, fragte Daidre.
»Das musst du gerade sagen, meine Liebe.«
5
Cadan war guter Dinge, dass er Pooh mit den Schinkenchips zu einem Kunststück würde bewegen können. Schinkenchips waren das bevorzugte Leckerchen des Papageis, und in der Regel spornten sie ihn zu Höchstleistungen an. Allein dass Cadan die Tüte in die Hand nahm, reichte normalerweise bereits aus, um die Aufmerksamkeit des Vogels zu erregen. Er führte artig sein Repertoire vor, selbst wenn er den knusprigen Inhalt der Tüte noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Pooh mochte ein Papagei sein, aber wenn es ums Fressen ging, war er alles andere als dumm.
Doch heute Abend war er abgelenkt. Er war nicht allein mit Cadan im Zimmer, und die anderen drei Personen waren offenbar interessanter als die Chips. Auf einem kleinen Gummiball den Kaminsims entlangzubalancieren, war einfach weniger verlockend als der Lutscher in der Hand eines sechsjährigen Mädchens. Denn wenn man den Papagei mit dem Lutscherstiel an der richtigen Stelle liebkoste, nämlich dort, wo man seine Ohren vermutete, garantierte das Ekstase. Ein Schinkenchip hingegen versprach lediglich eine kurze Gaumenfreude. So kam es, dass Cadan sich zwar heldenhaft, aber vergebens bemühte, Ione Soutar und ihre zwei Töchter zu unterhalten, weil Pooh sich störrisch weigerte, besagte Unterhaltung zu liefern.
»Warum will er denn nicht, Cadan?«, fragte Jennie Soutar. Sie war die Jüngere der beiden. Ihre große Schwester Leigh, die mit zehn Jahren schon Glitzerlidschatten, Lippenstift und Haarverlängerungen trug, sah so aus, als hätte sie ohnehin nicht daran geglaubt, dass der Vogel überhaupt irgendetwas Besonderes könnte – und es kümmerte sie auch nicht, denn er war ja schließlich kein Popstar und würde auch nie einer werden. Statt der missglückten Papageienvorstellung zu folgen, blätterte sie in einer Modezeitschrift und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die Bilder; sie weigerte sich stur, eine Brille zu tragen, und versuchte beharrlich, ihre Mutter zu überreden, ihr Kontaktlinsen zu kaufen – bislang jedoch ohne Erfolg.
»Es liegt an dem Lutscher«, erklärte Cadan. »Er hat ihn genau gesehen. Er will damit gekitzelt werden.«
»Darf ich ihn streicheln? Kann ich ihn halten?«
»Jennifer, du weißt, was ich von diesem Vogel halte.« Das war ihre Mutter. Ione Soutar stand am Erkerfenster und schaute auf die Victoria Road hinaus. Das tat sie seit dreißig Minuten, und sie sah nicht so aus, als wollte sie bald damit aufhören. »Vögel übertragen alle möglichen Krankheiten und
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