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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ein, und fast alle kamen. Matt besorgte im nahen Supermarkt eine Kiste Limo, ein paar Flaschen billigen Wein und ein Fässchen Bier. Es war unheimlich lustig, und David Stone amüsierte sich blendend. Soweit er es beurteilen konnte, tat Abra das ebenfalls. Sie trieb sich mit ihren Freundinnen Julie und Emma herum, und er sorgte dafür, dass sie einen Hamburger und etwas Salat aß. Lucy hatte ihm gesagt, sie müssten die Essgewohnheiten ihrer Tochter im Auge behalten, weil diese das Alter erreicht habe, in dem Mädchen sehr bewusst auf ihr Gewicht und ihr Aussehen achteten – das Alter, in dem die Gefahr bestand, dass Anorexie oder Bulimie ihr hageres, ausgehungertes Gesicht zeigten.
    Wäre Lucy da gewesen, so wäre ihr womöglich etwas aufgefallen, was er nicht bemerkte: Anders als ihre Freundinnen kicherte Abra nicht pausenlos. Und nachdem sie eine Schale Eiscreme gegessen hatte (eine kleine Schale), fragte sie ihren Vater, ob sie zurückgehen dürfe, um ihre Hausaufgaben fertig zu machen.
    »Klar«, sagte David. »Aber bedanke dich zuerst bei Mr. und Mrs. Renfrew.«
    Das hätte Abra auch getan, ohne daran erinnert zu werden, aber sie nickte, ohne darauf hinzuweisen.
    »Schön, dass du da warst, Abby«, sagte Mrs. Renfrew. Nach drei Gläsern Wein hatten ihre Augen einen irgendwie übernatürlichen Glanz. » War das nicht cool? Wir sollten öfter Erdbeben haben. Allerdings hab ich mit Vicky Fenton gesprochen – du kennst doch die Fentons in der Pond Street? Das ist bloß eine Straße weiter, und sie hat gesagt, sie hätten überhaupt nichts davon gespürt. Ist das nicht eigenartig? «
    »Stimmt«, sagte Abra und dachte, was eigenartige Dinge angehe, habe Mrs. Renfrew keine rechte Ahnung.
    12
    Abra hatte ihre Hausaufgaben erledigt und saß mit ihrem Dad im Wohnzimmer vor dem Fernseher, als ihre Mama anrief. Sie unterhielten sich eine Weile, dann gab Abra das Telefon an ihren Vater weiter. Lucy sagte etwas, und Abra wusste, was es war, schon bevor Dave einen Blick auf sie warf und antwortete. »Ja, der geht’s gut. Sie ist bloß ziemlich geschafft von den Hausaufgaben, glaube ich. Die Kinder haben heutzutage so viel auf. Hat sie dir gesagt, dass wir ein kleines Erdbeben hatten?«
    »Ich gehe rauf«, sagte Abra, und er winkte ihr abwesend zu.
    Sie setzte sich an den Schreibtisch, schaltete ihren Computer ein und dann wieder aus. Sie hatte keine Lust, Fruit Ninja zu spielen, und mit jemand chatten wollte sie schon gar nicht. Sie musste darüber nachdenken, was sie tun sollte, denn irgendetwas musste sie tun.
    Sie steckte die Schulbücher in ihren Rucksack, hob den Blick und sah, dass die Frau aus dem Supermarkt sie durchs Fenster hindurch anstarrte. Das war unmöglich, weil dieses Fenster sich im Obergeschoss befand, dennoch war die Frau da. Ihre Haut war makellos und von reinstem Weiß, sie hatte hohe Wangenknochen und dunkle Augen, die weit auseinanderstanden und an den Winkeln leicht schräg waren. Abra dachte, dass dies womöglich die schönste Frau war, die sie je gesehen hatte. Außerdem erkannte sie sofort und ohne den geringsten Zweifel, dass die Frau wahnsinnig war. Üppiges, schwarzes Haar umrahmte ihr vollkommenes, aber arrogantes Gesicht und fiel ihr über die Schultern. Auf dieser Haarpracht saß ein kesser Zylinder aus abgewetztem Samt, unverrückbar, obwohl er irrsinnig schief aufgesetzt war.
    Sie ist nicht wirklich da, und in meinem Kopf ist sie auch nicht. Ich weiß nicht, wie ich sie sehen kann, und ich glaube nicht, dass sie weiß, dass …
    Die Wahnsinnige hinter dem dunkler werdenden Fenster grinste, und als ihre Lippen sich teilten, sah Abra, dass sie oben nur einen einzigen Zahn hatte, einen scheußlich verfärbten Hauer. Das war, begriff sie, das Letzte, was Bradley Trevor in seinem Leben gesehen hatte, und sie schrie, schrie, so laut sie konnte … aber nur in ihrem Innern, denn ihre Kehle war verschlossen, und ihre Stimmbänder waren erstarrt.
    Abra schloss die Augen. Als sie sie wieder aufmachte, war die grinsende Frau mit dem weißen Gesicht verschwunden.
    Nicht mehr da. Aber sie könnte kommen. Sie weiß von mir, und sie könnte kommen.
    In diesem Augenblick erkannte sie, was sie schon hätte wissen sollen, als sie die verlassene Fabrik gesehen hatte. Es gab eigentlich nur einen einzigen Menschen, an den sie sich wenden konnte. Nur einen, der ihr helfen konnte. Sie schloss wieder die Augen, aber diesmal nicht, um sich vor einer schauderhaften Erscheinung zu verstecken, die sie durchs

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