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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verdient.
    Aber …
    Aber als er Dick gebraucht hatte – im Overlook und dann später in Florida, als Mrs. Massey wieder aufgetaucht war –, da war Dick gekommen. Bei den Anonymen Alkoholikern fiel das unter die Arbeit im zwölften Schritt. Denn wenn der Schüler bereit war, dann erschien der Lehrer.
    Bei mehreren Gelegenheiten hatte Dan mit Casey Kingsley oder einigen anderen AA -Mitgliedern in diesem Rahmen Leute aufgesucht, die bis über die Ohren im Drogen- oder Alkoholkonsum steckten. Manchmal waren es deren Freunde oder Vorgesetzte, die darum gebeten hatten, in den meisten Fällen jedoch Angehörige, die jedes andere Mittel versucht hatten und mit ihrem Latein am Ende waren. Im Lauf der Jahre konnten sie einige Erfolge verzeichnen, aber die meisten Besuche hatten damit geendet, dass man Casey und seinen Freunden die Tür vor der Nase zuschlug oder ihnen erklärte, sie sollten sich ihren selbstgerechten, pseudoreligiösen Scheißdreck in den Arsch stecken. Ein Bursche, ein von Meth benebelter Veteran aus George Bushs ruhmreichem Irak-Abenteuer, der mit seiner verängstigten Frau in einer miesen Bretterbude in Chocorua hauste, hatte sogar mit einer Pistole herumgefuchtelt. Als sie von dort nach Hause gefahren waren, hatte Dan gesagt: »Das war jetzt aber wirklich reine Zeitverschwendung.«
    »Das wäre es gewesen, wenn wir es für die beiden getan hätten«, sagte Casey. »Aber so ist es nicht. Wir tun so etwas für uns selbst. Gefällt dir das Leben, das du lebst, Danny-Boy?« Es war nicht das erste Mal, dass er diese Frage stellte, und es würde nicht das letzte Mal sein.
    »Ja.« Da gab es keinerlei Zögern. Dan war zwar nicht Topmanager bei General Motors und drehte auch keine Bettszenen mit Kate Winslet, aber darüber hinaus hatte er alles, was er brauchte.
    »Meinst du, das hast du dir verdient?«
    »Nein«, sagte Dan grinsend. »Eigentlich nicht. So was kann man sich nicht verdienen.«
    » Was war es dann, was dich dahin gebracht hat, dass du morgens gern aus dem Bett steigst? War es Glück oder Gnade?«
    Er ging davon aus, dass Casey hören wollte, es sei Gnade gewesen, aber in seinen trockenen Jahren hatte er sich eine gelegentlich unangenehme Angewohnheit angeeignet: Ehrlichkeit. »Das weiß ich nicht.«
    »Macht nichts, denn wenn du mit dem Rücken zur Wand stehst, spielt das keine Rolle.«
    5
    »Abra, Abra, Abra«, sagte er, während er durch den Garten aufs Hospiz zuging. » Wo bist du da reingeraten, Kleine? Und wo ziehst du mich da rein?«
    Er dachte, dass er womöglich sein nie ganz zuverlässig funktionierendes Shining einsetzen musste, um Kontakt mit Abra aufzunehmen, aber als er in sein Turmzimmer kam, sah er, dass das nicht nötig war. Auf seiner Tafel stand in säuberlicher Schrift:
    [email protected]
    Über diesen Benutzernamen musste er einen Moment nachdenken, dann begriff er und lachte. »Gut gewählt, Kleine, gut gewählt!«
    Er fuhr seinen Laptop hoch. Wenig später erschien eine leere E-Mail-Maske. Er tippte Abras Adresse ein, hielt inne und betrachtete den blinkenden Cursor. Wie alt war sie? Soweit er anhand der wenigen bisherigen Kommunikationsversuche einschätzen konnte, gab es da eine ziemliche Bandbreite – von einer verständigen Zwölfjährigen bis hin zu einer etwas naiven Sechzehnjährigen. Wahrscheinlich eher Ersteres. Während er ein Mann war, dem grau melierte Bartstoppeln wuchsen, wenn er sich nicht rasierte. Und so jemand war drauf und dran, mit diesem Mädchen zu chatten. Das ideale Szenario für Tatort Internet .
    Vielleicht ist auch gar nichts dabei. Oder halt doch; schließlich ist sie noch ein Kind.
    Ja, aber ein extrem verängstigtes Kind. Außerdem war er neugierig. Schon seit geraumer Zeit. Auf dieselbe Weise, wie wohl Hallorann neugierig auf ihn gewesen war.
    Jetzt könnte ich tatsächlich ein wenig Gnade gebrauchen. Und eine Riesenmenge Glück.
    In die Betreffzeile schrieb Dan: Hallo, Abra . Er klickte ins Textfeld, atmete tief durch und tippte fünf Wörter ein: Erzähl mir, was los ist.
    6
    Am folgenden Samstagnachmittag saß Dan im hellen Sonnenschein auf einer der Bänke vor dem mit Efeu bewachsenen Steingebäude der Stadtbücherei von Anniston. Er hatte den Union Leader vor sich aufgeschlagen, und auf den Seiten standen Wörter, aber er hatte keine Ahnung, was sie ausdrückten. Dazu war er zu nervös.
    Genau um zwei Uhr kam ein Mädchen in Jeans auf ihrem Fahrrad angefahren und schloss es an den Ständer neben dem Rasen an. Sie winkte ihm zu und

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