Doctor Sleep (German Edition)
irren.«
»Und weiß Abra, wo sich diese Frau gerade aufhält?«
»Sie weiß nur, dass die Frau in dem Moment, in dem der Kontakt – das gegenseitige Sehen – stattfand, in einer Filiale von Sam’s Supermarket war. Das hieße also irgendwo im Westen, aber die Kette gibt’s in mindestens neun Staaten.«
»Darunter Iowa?«
Dan schüttelte den Kopf.
»Dann weiß ich nicht, was es bringen soll, wenn wir dorthin fahren.«
» Wir können den Handschuh holen«, sagte Dan. »Abra meint, wenn sie den Handschuh hat, kann sie eine Verbindung zu dem Mann herstellen, der ihn kurze Zeit an der Hand hatte. Sie nennt ihn Barry the Chunk.«
John saß mit gesenktem Kopf da und dachte nach. Dan ließ ihn in Ruhe.
»Na gut«, sagte John schließlich. »Das ist zwar völlig verrückt, aber ich glaube es. Angesichts dessen, was ich von Abra weiß und was ich mit dir erlebt habe, wäre es eigentlich sogar schwer, es nicht zu glauben. Aber wenn diese Frau nicht weiß, wo Abra ist, könnte es dann nicht klüger sein, sich ruhig zu verhalten? Schlafende Hunde soll man doch nicht wecken, oder?«
»Ich glaube nicht, dass dieser Hund schläft«, sagte Dan. »Diese
(leeren Teufel)
Irren wollen Abra aus demselben Grund schnappen wie den Jungen – da hat Billy höchstwahrscheinlich recht. Außerdem wissen sie, dass Abra eine Gefahr für sie darstellt. Bei uns im Programm würde man sagen, sie hat die Fähigkeit, die Anonymität dieser Leute zu zerstören. Außerdem verfügen sie vielleicht über Mittel, von denen wir keine Ahnung haben. Möchtest du, dass eine Patientin von dir ständig in Furcht lebt, Monat für Monat und vielleicht sogar Jahr für Jahr, weil sie dauernd damit rechnen muss, dass jeden Augenblick eine Horde paranormaler Irrer auftaucht und sie sich schnappt?«
»Natürlich nicht.«
»Abra sagt, diese Schweine leben von Kindern wie ihr. Von Kindern, wie ich eines war. Kindern mit Shining.« Er starrte John Dalton grimmig an. » Wenn das stimmt, muss man sie aufhalten.«
»Da ich offenbar nicht nach Iowa mitkommen soll, was soll ich dann tun?«, sagte Billy.
»Sagen wir mal so«, antwortete Dan. »Du wirst dich in der kommenden Woche ausführlich mit Anniston vertraut machen. Wenn Casey dir freigibt, nimmst du dir dort am besten ein Motelzimmer.«
5
Rose fand endlich in den meditativen Zustand, um den sie sich bemüht hatte. Am schwersten war es ihr gefallen, die Sorgen um Grampa Flick loszulassen, aber schließlich hatte sie auch die überwunden. Sich über sie erhoben . Nun ruhte sie in sich selbst und rezitierte dabei die uralten Worte – sabbatha hanti und lodsam hanti und cahanna risone hanti – wieder und immer wieder, wobei sie die Lippen kaum bewegte. Es war noch zu früh, dieses nervige Mädchen aufzusuchen, aber da man sie nun allein gelassen hatte und die Welt innen wie außen still war, hatte sie keine Eile. Meditation um ihrer selbst willen war eine schöne Sache. Rose bewegte sich darin umher; langsam und sorgfältig sammelte sie ihre Werkzeuge und richtete ihre Konzentration aus.
Sabbatha hanti, lodsam hanti, cahanna risone hanti: Worte, die schon alt gewesen waren, als der Wahre Knoten in Pferdewagen durch Europa gezogen war und Torfbriketts und billige Schmuckstücke verkauft hatte. Wahrscheinlich waren sie schon alt gewesen, als Babylon jung war. Das Mädchen war zwar mächtig, aber die Wahren waren all mächtig, weshalb Rose nicht mit gravierenden Problemen rechnete. Während die Kleine schlief, würde Rose sich lautlos und verstohlen durch ihr Inneres bewegen, um Informationen zu sammeln und Suggestionen wie kleine Tretminen einzupflanzen. Nicht nur einen einzelnen Wurm, sondern ein ganzes Nest. Manche würde das Mädchen vielleicht entdecken und machte sie unwirksam.
Andere aber nicht.
6
Als Abra an diesem Abend mit ihren Hausaufgaben fertig war, telefonierte sie fast eine Dreiviertelstunde lang mit ihrer Mutter. Das Gespräch bestand aus zwei Ebenen. Auf der oberen sprachen die beiden über den vergangenen Tag, die nächste Schulwoche und Abras Kostüm für die bevorstehende Tanzparty an Halloween; es ging um Pläne, Momo ins Hospiz zu verlegen (für Abra immer noch »Hotspitz«); außerdem unterrichtete Lucy Abra über Momos Zustand, der, wie sie sagte, alles in allem ziemlich gut sei.
Auf der anderen Ebene hörte Abra die quälenden Sorgen ihrer Mutter, dass diese ihre Großmutter auf gewisse Weise im Stich gelassen hatte, und die Wahrheit über Momos Zustand: verängstigt,
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