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Doctor Sleep (German Edition)

Doctor Sleep (German Edition)

Titel: Doctor Sleep (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Gabe. Falls es sich wirklich um eine Gabe handelt. Manchmal – oft sogar – kommt es mir eher wie ein hässliches Muttermal vor. Ich bin mir sicher, dass Abra das auch sagen würde. Und wann ich es entdeckt habe … das habe ich nie. Ich hatte es einfach immer. Es gehört sozusagen zu meiner Grundausstattung.«
    »Du hast gesoffen, um es auszulöschen, nehme ich an.«
    Ein fettes Waldmurmeltier zockelte mit furchtloser Gemütlichkeit über die Route 150. Dan machte einen Bogen, um ihm auszuweichen, und das Murmeltier verschwand im Maisfeld, immer noch ohne jede Eile. Es war hübsch hier draußen; der Himmel sah aus, als wäre er tausend Meilen weit, und keinerlei Berg in Sicht. New Hampshire war okay, und Dan hatte es inzwischen als Zuhause akzeptiert, aber er würde sich im flachen Land wohl immer behaglicher fühlen. Sicherer.
    »Das müsstest du eigentlich besser wissen, Johnny. Wieso trinkt ein Alkoholiker?«
    » Weil er ein Alkoholiker ist?«
    »Genau. So simpel wie nur was. Wenn man das psychologische Geschwätz beiseitelässt, bleibt nur die nackte Wahrheit. Wir haben gesoffen, weil wir Säufer sind.«
    John musste lachen. »Da hat Casey K. dich aber ganz schön indoktriniert.«
    »Gut, da ist auch noch die Sache mit der Vererbung«, sagte Dan. »Casey spielt das zwar immer runter, aber das ändert nichts an den Fakten. Hat dein Vater getrunken?«
    »Der und meine liebe Mutter ebenfalls. Mit den beiden allein hätten die im neunzehnten Loch im Country Club schon genug Geschäft gemacht. Ich erinnere mich noch, wie meine Mutter einmal ihr Tenniskleid ausgezogen hat, um zu uns Kindern in den Pool zu hüpfen. Die Männer haben Beifall geklatscht. Mein Vater fand es zum Totlachen. Ich weniger. Ich war neun, und bis ich ans College kam, war ich der Junge mit der Striptease-Mami. Wie war es bei dir?«
    »Meine Mutter konnte was trinken oder drauf verzichten. Manchmal hat sie sich selbst Zwei-Bier-Wendy genannt. Mein Dad dagegen … ein Glas Wein oder eine Dose Budweiser, und er war nicht mehr zu halten.« Dan warf einen Blick auf den Tacho und sah, dass sie noch vierzig Meilen zu fahren hatten. » Willst du eine Geschichte hören? Eine, die ich noch nie jemand erzählt habe? Aber ich warne dich, die ist ganz schön merkwürdig. Wenn du meinst, meine spezielle Gabe hätte nur mit so banalem Zeug wie Telepathie zu tun, dann irrst du dich gewaltig.« Er hielt inne. »Es gibt andere Welten außer dieser hier.«
    »Und du hast diese anderen Welten … äh … gesehen?« Dan hatte den Kontakt zu Johns Gedanken verloren, aber der sah plötzlich etwas nervös aus. Als dächte er, sein Nebenmann könnte plötzlich die Hand ins Hemd schieben und sich zur Reinkarnation von Napoleon Bonaparte erklären.
    »Nein, nur ein paar von den Leuten, die dort leben. Abra nennt sie die Geisterleute. Willst du die Geschichte nun hören oder nicht?«
    »Ich weiß nicht recht, ob ich es will, aber es ist vielleicht ganz nützlich.«
    Dan wusste nicht, wie viel dieser brave Kinderarzt glauben würde, wenn er von dem Winter erzählte, den er und seine Eltern im Hotel Overlook verbracht hatten, aber das war ihm ziemlich egal. Die Geschichte in diesem unscheinbaren Wagen unter diesem hellen westlichen Himmel zu erzählen würde ihm guttun. Es gab eine Person, die alles geglaubt hätte, aber Abra war zu jung, und die Geschichte war zu schaurig. Daher musste er sich mit John Dalton begnügen. Aber wie sollte er anfangen? Am besten wohl mit Jack Torrance. Einem zutiefst unglücklichen Menschen, der als Lehrer, Schriftsteller und Ehemann gescheitert war. Wie nannte man im Baseball drei Strikeouts hintereinander? Den Goldenen Sombrero? Dans Vater hatte nur einen beachtenswerten Erfolg gehabt: Als endlich der Moment kam, zu dem ihn das Overlook seit seinem ersten Tag im Hotel hinbugsiert hatte, da hatte er sich geweigert, seinen kleinen Sohn zu ermorden. Wenn es eine passende Grabschrift für ihn gab, dann wäre die …
    »Dan?«
    »Mein Vater hat sich bemüht«, sagte er. »Das ist das Beste, was ich über ihn sagen kann. Die bösartigsten Geister seines Lebens kamen in Flaschen. Hätte er es mit dem AA -Programm versucht, wäre es möglicherweise ganz anders gelaufen. Aber das hat er nicht. Meine Mutter wusste wahrscheinlich gar nicht, dass so etwas existiert, sonst hätte sie ihm wohl vorgeschlagen, es auszuprobieren. Als wir zum Hotel Overlook gefahren sind, wo ein Bekannter ihm über den Winter einen Hausmeisterjob verschafft hatte, war er das

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