Doctor Sleep (German Edition)
Tennisplätze, die Overlook Lodge und das Dach der Welt.
»Ich sehe sie«, flüsterte Abra. »Sie ist da oben, und sie sieht nicht hierher, oder?«
»Hoffentlich nicht«, sagte Dan. »Tut es sehr weh, Kleines?«
»Ja, sehr«, antwortete sie. »Aber das ist mir egal. Weil …«
Sie musste den Satz nicht vollenden. Er wusste, was sie meinte, und sie lächelte. Dieses spezielle beiderseitige Zusammengehörigkeitsgefühl war einzigartig, und trotz den damit verbundenen Schmerzen – Schmerzen jeder Art – war es gut. Es war sogar sehr gut.
»Dan?«
»Ja, Kleines.«
»Da draußen sind Geisterleute. Ich kann sie zwar nicht sehen, aber ich spüre sie. Du auch?«
»Ja.« Er spürte sie schon jahrelang. Weil die Vergangenheit die Gegenwart bestimmte. Er legte Abra den Arm um die Schultern, und ihr Arm schob sich langsam um seine Taille.
» Was tun wir jetzt?«
»Auf Billy warten. Ich hoffe, er kommt rechtzeitig. Und dann wird alles sehr schnell gehen.«
»Onkel Dan?«
» Was, Abra?«
» Was ist da in dir? Das ist kein Geist. Es ist wie …« Er spürte, wie sie schauderte. »Es ist wie ein Monster .«
Er sagte nichts.
Sie richtete sich auf und trat von ihm weg. »Sieh mal! Da drüben!«
Ein alter Ford-Pick-up rollte auf den Besucherparkplatz.
8
Rose stand da, die Hände auf das hüfthohe Geländer der Aussichtsplattform gestützt, und beobachtete den Pick-up, der auf den Parkplatz fuhr. Der Steam hatte ihren Blick geschärft, aber sie wünschte sich trotzdem, ein Fernglas dabeizuhaben. Bestimmt waren welche im Lager, für Gäste, die auf Vogelbeobachtung gehen wollten. Wieso also hatte sie keines mitgenommen?
Weil ich so viel anderes im Kopf hatte. Die Krankheit … die Ratten, die das Schiff verlassen haben … Crow, den dieses kleine Aas auf dem Gewissen hat …
Ja, das stimmte alles – ja, ja, ja –, aber sie hätte trotzdem daran denken sollen. Einen Moment lang fragte sie sich, was sie wohl sonst noch vergessen hatte, doch dann schob sie den Gedanken beiseite. Sie hatte die Sache völlig im Griff, sie war bis unter die Schädeldecke voller Steam und in absoluter Bestform. Alles lief genau wie geplant. Bald würde das Mädchen zu ihr heraufkommen, weil sie wie jeder Teenager zu viel Selbstvertrauen hatte und zu stolz auf die eigenen Fähigkeiten war.
Ich aber bin im Vorteil, meine Liebe, und zwar in jeder Hinsicht. Falls ich nicht allein mit dir fertigwerde, hole ich mir Unterstützung von den anderen Wahren. Die haben sich alle in der Lodge versammelt, weil du das für eine tolle Idee gehalten hast. Aber dabei hast du etwas nicht bedacht. Wenn wir zusammen sind, dann sind wir miteinander verbunden, wir sind ein Wahrer Knoten, und das macht uns zu einer gewaltigen Batterie. Den ganzen Saft kann ich anzapfen, wenn es nötig ist.
Und falls alles andere scheiterte, war da noch Silent Sarey. Bestimmt hatte die inzwischen schon die Sichel in der Hand. Sie war zwar keine große Leuchte, aber sie war erbarmungslos, mordlüstern und – sobald sie eine Aufgabe begriffen hatte – vollkommen gehorsam. Außerdem hatte sie selber ein spezielles Interesse daran, dass das kleine Aas tot vor der Treppe zur Plattform lag.
(Charlie)
Token Charlie reagierte sofort, und obwohl er normalerweise ein schwacher Sender war, meldete er sich jetzt – gestärkt durch die anderen in der Lodge – laut, klar und fast irre vor Erregung.
(ich empfange sie gleichmäßig und stark das tun wir alle sie muss ganz in der Nähe sein du musst sie auch spüren)
Das tat Rose, obgleich sie sich immer noch gewaltig anstrengte, ihre Gedanken verschlossen zu halten, damit das kleine Aas nicht in sie eindringen und sie durcheinanderbringen konnte.
(schon gut sag den anderen sie sollen bereit sein wenn ich Hilfe brauche)
Viele Stimmen antworteten, alle durcheinander. Sie waren bereit. Selbst jene, die krank waren, wollten helfen, so gut sie konnten. Dafür liebte Rose sie.
Sie spähte zu der blonden Gestalt im Pick-up hinunter. Die hatte den Blick nach unten gerichtet. Las sie etwas? Nahm sie sich zusammen? Betete sie vielleicht zum Gott der Tölpel? Ach, eigentlich war das egal.
Komm zu mir, du kleines Aas. Komm zu Tante Rose.
Aber wer ausstieg, war nicht das Mädchen, es war der Onkel. Genau wie das kleine Aas es angekündigt hatte. Um die Lage zu sondieren. Mit langsamen Schritten ging er um die Kühlerhaube herum, wobei er in alle Richtungen äugte. Er beugte sich ins Beifahrerfenster, sagte etwas zu dem Mädchen und ging dann
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