Doctor Who: Rad aus Eis (German Edition)
sagte Sam. »Am Ende des Tigerstreifens.«
Jamie hastete durch das Tal. Wann immer er zu rennen versuchte, verlor er den Boden unter den Füßen, also beschloss er frustriert, sich mit gewaltigen Sprüngen fortzubewegen. Bei jeder Landung stieß er sich wieder ab. Als er sich dem Ende der Schlucht näherte, sah er die riesigen Eisblöcke, die sich dort auftürmten.
Der Boden bebte erneut.
Dann sah er Phee. Sie stand auf einem kleinen Eishügel. Jamie erinnerte er an die Hügelfestungen in Schottland, die angeblich von Feen erbaut worden waren.
Doch in diesem Moment schwoll der Hügel an!
»Phee, das ist ein Schlot«, sagte Sam. »Ein neuer. Und er bricht gleich aus.«
Phee bewegte sich nicht. Sie wirkte verblüfft. Als staune sie selbst darüber, mit welch bemerkenswerter Effizienz sie sich Ärger eingehandelt hatte.
»Phee!«, stieß Jamie hervor. »Rede mit mir. Was is’ ein Schlot?«
»Ein Geysir«, sagte sie. »Flüssiges Wasser aus dem Mondinneren bricht durch die Kruste. Dadurch entsteht Schnee und auch der Ring im All.«
»Diese Tigerstreifen sind Risse in der Kruste«, fügte Sam hinzu. »Darin bilden sich die Schlote.«
»
Wie
war das?« Jamie traute seinen Ohren nicht. Er dachte an den ›Schlot‹, über den er mit seinem Scooter geflogen war. Dessen Aussehen hatte ihn an ein aufgeplatztes Geschwür erinnert, und nun wurde ihm klar, dass er mit dieser Einschätzung gar nicht weit daneben gelegen hatte. »Sam, du hast uns hierher gebracht, obwohl du wusstest, wie gefährlich es ist? Bist du bescheuert?«
Sam verteidigte sich gereizt. »Es macht Spaß,
weil
es gefährlich ist, Opa.«
»Spaß, ja? Das is’ deine kleine Schwester da oben! Was passiert, wenn der Schlot ausbricht? Wird sie dann gekocht?«
»Nein, so heiß ist das Wasser nicht. Aber sie wird ins All geschleudert, und wer weiß, ob wir sie da wiederfinden …«
Der Boden erbebte schon wieder. Jamie sah, wie silbern funkelnder Dampf auf dem Hügel rund um Phee aufstieg.
»Ins All geschleudert? Nicht, so lange ich hier bin.« Er drehte sich nach den Scootern um, doch die waren zu weit weg. So viel Zeit hatte er nicht mehr. Also blieb ihm nur noch eines: Er sah hinauf zum Hügel, trat einen Schritt zurück und atmete tief durch. »Ich zeig dir, wer hier ein Opa ist.«
Dann rannte er los, direkt auf den Hügel zu. Er hatte ein Gefühl für den kleinen Mond bekommen. Seine Beine arbeiteten wie Kolben, brachten ihn mit jedem Schritt näher an den Hügel heran. Sogar das ständig zunehmende Beben des Bodens störte seinen Rhythmus nicht. »Sieh dir den Opa an!«
Er stieß sich mit aller Kraft ab.
Sein Schwung trug ihn in einem gewaltigen Bogen auf Phee zu, die einfach nur dastand und ihn anstarrte. Doch der Flug durch die Schwärze kam ihm unendlich langsam vor. Er sah, wie der Hügel unter Phee aufbrach wie die Schale eines monströsen Eis. Er hörte sein Herz schlagen und seinen keuchenden Atem. Er konnte nun nur noch beten, dass er sich nicht verschätzt hatte, dass er nicht mit dem Kopf gegen den Hügel prallte oder so weit darüber hinweg flog, dass Phee unter ihm unerreichbar …
Nein! Da war sie, direkt unter ihm, und er näherte sich ihr rasch. Jamie drehte sich, sodass seine Hände nach unten hingen. Phee streckte sich ihm entgegen. »Greif zu!«, rief er. »Wir hab’n nur den einen Versuch!«
Beinahe ging es schief. Er klammerte sich an eines ihrer Handgelenke, sie an eines der seinen. Sie war nicht schwer, aber als ihre Massen so plötzlich zusammenkamen, gerieten beide ins Trudeln und drehten sich Hals über Kopf. Jamie konnte sie kaum festhalten, doch auf einmal flogen sie über den Hügel hinweg. Unter ihnen brach die Oberfläche ein. Eispartikel schossen in riesigen Wolken in den Himmel.
Sie landeten ineinander verkeilt am Fuße des Hügels. Jamie kam gleich wieder auf die Beine. Er zog Phee hinter sich her, während der Hügel hinter ihnen in sich zusammenbrach. Durch einen Regen aus Eisscherben liefen sie davon. Plötzlich tauchte Sam vor ihnen auf, ergriff ihre Arme und zog sie in die Deckung der großen Eisbrocken am Ende des Tals.
Zu dritt krochen sie unter das Eis. Phee atmete schwer, und ihre Augen waren geweitet. »Danke«, sagte sie zu Jamie. »Ich bin da oben erstarrt … konnte eine Sekunde lang nicht mehr denken … und dann brach der Boden weg und ich konnte mich nicht bewegen …«
»Schon gut«, sagte er, während die Geschwister sich umarmten. »Du bist in Sicherheit.«
Und auch dein Amulett,
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