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Doktor auf Abwegen

Doktor auf Abwegen

Titel: Doktor auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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St.-Swithin sagte man, daß du immer nur große Töne geredet hast, daß aber in Wirklichkeit nichts dahinter war.»
    «Wer sagte das?» fragte Freddie.
    «Pip», erwiderte Eva und wies mit dem Finger.
    «So, das sagtest du über mich?» gab Freddie drohend zurück. «Weißt du, was Eva über ihre Ehe mit dir sagte? Sie komme sich vor wie ein siamesischer Zwilling, dessen andere Hälfte in Narkose liegt.»
    «Oh, wie ich alles bereue!» Eva griff sich an die Stirn. «Man hat mich ausgebeutet.»
    «Nein», sagte Freddie. «Du gehörst einer heute weitverbreiteten Bewegung an. Den Zahllosen an eigener Größe Erstickenden. Du Ziege.»
    «Ich werde dir gleich —» Eva ergriff die spanische Weinflasche.
    «Eva!» kreischte die Oberin, sprang auf und riß Evas Hand zurück. «Füge ihm um Gottes willen keinen Schädelbruch zu. Sämtliche neurochirurgischen Instrumente sind in Reparatur.»
    Eva ließ die Flasche auf den Tisch fallen. «Ich gehe», kündigte sie an.
    «Wohin?» fragte Pip.
    Sie blickte verloren um sich. «Zurück zu Mutter.»
    «Aber das ist seit P. G. Wodehouse ganz aus der Mode gekommen», sagte Pip.
    «Mutter leitet diese Woche ein Seminar über Ethik an der Universität. Ich glaube, das wird mir viel geben.»
    «Ich komme mit dir», erklärte Dawn.
    «So böse kannst du auf mich gar nicht sein», wandte Freddie ein.
    Sie erschauerte. «Nein. Aber ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich länger hierbleibe.»
    «Auch ich verlasse euch», sagte die Oberin. «Ich weiß zwar nicht, was hier vorgeht. Es übersteigt mein Fassungsvermögen. Aber emotionell bin ich jetzt in einem sehr labilen Zustand. Ich hätte mir nie vorgestellt, daß mir das Heilige Grab lieber sein könnte als irgendein anderer Ort. Aber eine Pestgrube ist immerhin stiller als ein Narrenhaus. Wir können unser Gespräch fortsetzen, Lancelot, wenn Sie Ihre kleinen Konflikte mit dem Gesetz hinter sich haben. Vielleicht sollten Sie Ihre Kollegen in der Harley Street Ihretwegen zu einem Streik aufrufen, wie die PFUI und Ihr feiner Komplice Arbuckle.»
    «Lebt wohl», sagte Eva mit einem unparteiischen Blick auf Pip und Freddie. «Auf Nimmerwiedersehen.»
    «Lebt wohl», seufzte Dawn. «Ich glaub, ich gehe wieder- nach Llanfihangel-yng-ngwynfa zurück. Ich verbringe meine Ferien lieber vor dem Fernsehschirm und seh mir die Wettkämpfe in Wimbledon an. Die Männer im gemischten Doppel setzen dort zumindest nicht die Leistungen ihrer Partnerinnen herab.»
    «Das ist Dawns spezieller Tick», murmelte Freddie sarkastisch.
    Die Tür in den Vorraum schlug zu. Sie hörten den Mini der Oberin und Evas Rover die Apricot Avenue hinabfahren. Pip und Freddie lehnten schweigend am Kamin. Sir Lancelot saß auf dem Sofa und schlürfte ruhig seinen Whisky.
    «Der Romancier Trollope -» begann er plötzlich. Die beiden anderen fuhren zusammen. «Dessen Werke ich im Bett zu lesen pflege, seit meine arme Frau tot ist, sagte einmal: »
    Alle drei versanken minutenlang in tiefes Schweigen.
    «Ohne sie sind wir besser dran», entschied schließlich Freddie. «Man kann sich als Arzt nicht richtig ins Zeug legen, wenn das Haus nach Sex riecht wie nach Mäusen.»
    «Vielleicht hätten wir taktvoller sein können», sagte Pip reuig. «Aber wahrscheinlich schaltet man mit dem Schlafzimmerlicht auch alle Hemmungen aus.»
    «Ihr habt zwei nützliche Wahrheiten gelernt», sagte Sir Lancelot. «Die erste: Intime Vertraulichkeiten, die irregulären Bettgenossen mitgeteilt werden, sind messerscharfe Bumerangs. Und die zweite: Es macht beträchtlich weniger Scherereien, seine eigene Frau zu lieben als die eines anderen.»
    Freddie zuckte die Achseln. «Was, glaubst du, sollen wir tun?» fragte er Pip.
    «Ausgehen und uns ansaufen.»
    «Das können wir nicht. Ich hab Nachtdienst.»
    «Sie können es.» Die beiden starrten ihn an. «Ich nehme an, daß ich als Chirurg imstande bin, es mit den Notfällen, die sich in der allgemeinen Praxis ergeben, aufzunehmen? Dankt mir nicht», schnitt er ihnen das Wort ab, «ich bin weder großmütig noch zur Nachsicht bereit. Ihr werdet jetzt aus eigenen Kräften in eurem Beruf weiterkommen müssen - wenn ihr es tut. Obgleich ihr, mit dem Einfallsreichtum, mit dem ihr mich zum Narren gehalten habt, rasch zu Geld kommen werdet, wenn ihr ihn bei euren Patienten anwendet. Aber den Rest des Abends in Gesellschaft von euch beiden,

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