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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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die Stirne. »Merkwürdig. Als sie mich vergangene Woche wegen ihres Rückens in meiner Ordination in der Harley Street aufsuchte, erwähnte sie mit keinem Wort, daß du zu ihr kommen würdest.«
    »Du weißt doch, wie vergeßlich diese alten Leutchen sind. Arterienverkalkung infolge fortgeschrittenen —«
    »Ja ja«, schnitt mir Miles das Wort ab.
    Er trat ein, schmiß seinen Handkoffer zu Boden und ließ sich auf meinen Diwan plumpsen.
    Einige Minuten lang starrte mein Cousin schweigend auf seine Schuhe. Aber nach der Art, wie er an seiner Krawatte kaute und seinen Hut unfreundlich
    behandelte, konnte ich schließen, daß er über irgend etwas erregt war. Das fand ich eigenartig, denn Miles zeigte, mochte er innerlich noch so kochen, der Öffentlichkeit stets ein frostiges Äußeres, ähnlich jenen komischen bombes, die man in französischen Restaurants vorgesetzt bekommt.
    »Verdammt, wie siehst du aus?« fragte er plötzlich. »Gehst splitternackt in der Wohnung herum?«
    »Hab grad mein morgendliches Bad genommen.«
    »Morgendliches Bad? Jetzt ist’s doch Mittag? Hab offenbar meinen Zeitsinn verloren.«
    Er griff nach dem Empire State Building und rief ein paar Schneestürme hervor, verwandte aber nicht viel Aufmerksamkeit darauf.
    »Ein Amerikaner hat mir das in einem Wirtshaus gegeben«, erklärte ich rasch. »Ich frag mich schon die ganze Zeit, aus was für einem Zeug wohl diese weißen Flocken bestehen, die drinnen den Schnee darstellen? Glaubst du, vielleicht Kopfschuppen? Oder Parmesan? Möchte wetten, Klein-Bartholomew könnte es uns sagen.«
    »Bartholomew?« knurrte Miles. »Pah.«
    Auch das kam mir eigenartig vor. Miles platzte sonst sofort mit Klein-Bartholomews obita dicta heraus, um den Eindruck zu erwecken, es sei nur eine Zeitfrage, wann der Junge vor der quälenden Entscheidung stehen würde, einen Sitz im Kabinett zu beziehen oder für England zu reiten.
    »Habe grade mit Anemone telefoniert«, fuhr ich aufgeräumt fort, um dem Gespräch eine freundliche Wendung zu geben.
    »Anemone? Pah.«
    »Hör mal«, fuhr ich auf. »So spricht man nicht unter Männern über die Frauen, die man liebt.«
    Miles gab seinem Hut einen Tritt, daß er in die Ecke flog. »Soweit es mich betrifft, können sämtliche Weiber zum Teufel gehen.«
    Ich kratzte meinen Kopf. »Verdammt! Erst neulich hast du dich des langen und breiten über die Freuden und Pflichten des Ehelebens ausgelassen, und darüber, in welch wonniglichem Pfuhl du mit Connie haust.«
    »Ich habe Connie verlassen«, verkündete Miles.
    »Connie verlassen?«
    Miles schnalzte mit den Fingern. »So.«
    »Großer Gott!«
    Das war ja noch schlimmer. Das war, als ob Romeo seiner Julia telefoniert hätte, er würde künftighin stets bis in die späte Nacht hinein in seinem Büro arbeiten.
    »Unnötig, in die verheerenden Details einzugehen.« Miles versetzte seiner Krawatte einen tüchtigen Biß. »Ich will mich mit der bloßen Erwähnung begnügen, daß die ganze Sache ausschließlich Connies Schuld ist.«
    »Du willst doch damit nicht andeuten, daß sie ihr Späßchen mit dem Milchmann hatte?«
    »Mit dem Milchmann? Welchem Milchmann?«
    »Will sagen, du könntest doch leicht die Milch bei jemand anderem beziehen —«
    »Ich saß am Kamin, völlig harmlos in den Times lesend, was ich gern nach der Tagesarbeit tue — ich möchte hinzufügen, daß eine ganz besonders anstrengende Reihe von Operationen im St. Swithin hinter mir lag — , als Connie von ihrem Sessel aufsprang und Kokosnüsse auf mich zu werfen begann.«
    Ich kam nicht ganz mit. »Kokosnüsse?«
    »Ja«, sagte Miles. Dann schilderte er, wie Connie den Kokosnüssen die »Enzyklopädie der medizinischen Wissenschaften« (Band Eingeweide bis Furunkulose) folgen ließ und, während er sich hinter dem Piano verschanzte, in die Küche ging, um Eier zu holen.
    »Mittlerweile erschien Klein-Bartholomew, vom Radau angelockt, mit seinem Teddybär«, beendete Miles seinen Bericht. »Ich fürchte, die peinliche Szene wird eine dauernde Narbe in der Persönlichkeit des Kindes hinterlassen, wenn es auch zum Glück bei diesem Anblick herzlich lachte. Ich versteckte mich danach in der Besenkammer und habe seither nicht mehr mit Connie gesprochen.«
    »Aber, mein lieber Miles!« lachte ich auf. »Du kannst doch nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, weil Connie ein paar Kokosnüsse auf dich schmiß. Wahrscheinlich ist das überhaupt eins dieser neuen Gesellschaftsspiele, die sie im Fernsehen aufgeschnappt

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