Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
entzückenden Mädchen im Flugzeug war keineswegs auf die leichte Achsel zu nehmen, selbst wenn man sich dereinst mit der Betreffenden hinter derselben Badehütte übergeben hatte. Komisch, sann ich, wie sich im Laufe der Jahre mein Liebesieben, gleich dem der Gastropoden, rund um den Strand von Whortleton konzentriert hatte. Während ich den Heißwasserhahn mit der großen Zehe aufdrehte, faßte ich folgenden Entschluß: sollte es der Zufall fügen, daß Lucy mich anrief, würde ich eine dringende Verabredung in Yorkshire vorschützen und ihr eine Schnitte vom Hochzeitskuchen senden.
    Das Telefon klingelte.
    »Hallo?« rief ich, während es von mir herab auf den Teppich tröpfelte.
    »Gaston?«
    »Oh, hallo, Lucy.«
    »Hoffentlich störe ich Sie nicht?«
    »Mich stören? Großer Gott, nein. Nicht im mindesten.«
    »Ich wollte nur sagen, wie sehr ich es bedauerte, Sie im Flughafen aus den Augen verloren zu haben. Hätte Sie gerne in meinem Wagen in die Stadt mitgenommen.«
    »Dieser Zöllner konnte sich bezüglich des Tarifs für Nachbildungen des Empire State Building im Schneesturm nicht schlüssig werden.«
    »Aber das ist noch nicht alles. Als ich nach Hause kam, fand ich George vor. Er ist in einer fürchterlichen Verfassung.«
    »Ich würde als erste Maßnahme eine Tasse schwarzen Kaffee und ein Aspirin vorschlagen — «
    »Nein, nein, der Arme ist in einer scheußlichen nervlichen Verfassung. Ich bin überzeugt, daß ihm seine Arbeit über den Kopf wächst, Gaston. Er sollte wirklich einen Arzt zu Rate ziehen, aber Mutti ist in St. Tropez und Vati richtet eine neue Bankfiliale in Karatschi ein, und George tut natürlich nie etwas, was ich ihm empfehle. Daher meinte ich, ob Sie nicht, wenn es Ihnen nicht allzu lästig ist, einen Sprung zu uns herüber machen und sich ihn ansehen könnten?«
    »Lästig? Großer Gott, nein. Bin absolut entzückt und jederzeit bereit, einen Blick auf George zu werfen.«
    Schließlich war eine ärztliche Visite bei einer befreundeten Familie etwas ganz anderes, als sich mit einem entzückenden Mädel bei einem heimlichen Rendezvous zu treffen.
    »Gaston, das ist reizend von Ihnen, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen bin. Wir wohnen in der Brook Street, neben dem Claridge-Hotel. Können Sie vielleicht, falls Sie nach dem Flug nicht zu sehr erschöpft sind, gleich heute nachmittag zu einer Tasse Tee zu uns kommen?«
    Ich schrieb mir die Adresse auf, kletterte wieder in die Badewanne, seifte mich von Kopf bis Fuß ein und sang mit voller Stimme den neuesten Schlager.

9

    Ich ließ noch etwas Warmwasser ein, beendete das Kreuzworträtsel und meine dritte Zigarette und beglückwünschte mich in aller Bescheidenheit dazu, daß sich mein Leben wieder einmal wie ein gutgeschmierter Maschinenteil anließ. Ein famoser und vergnüglicher Trip — noch dazu inkognito — nach New York lag hinter mir, ich brauchte nur mehr einen Nachmittag, um meinen Konferenzbericht für Sir Lancelot abzuschließen, dann stand mir das Vergnügen bevor, meinen lieben alten Freund Squiffy wiederzusehen — und möglicherweise auch seine reizende jüngere Schwester.
    Noch in der Badewanne sitzend, griff ich nach der Nachbildung des Empire State Building in seiner kleinen gläsernen Kugel und erzeugte einige Schneestürme. Es ist bemerkenswert, wie beglückt man sich fühlen kann, wenn man in warmem Wasser sitzt und an nichts denkt. Ein Jammer, daß einem die Psychiater dieses Vergnügen ständig damit verpatzen, daß sie dies als einen zur Gewohnheit gewordenen Versuch auslegen, in die Konditionen des Mutterleibs zurückzukehren.
    Mein Friede wurde durch ein erschreckliches Klopfen an der Eingangstüre zum Teufel geschickt.
    In meiner Pferdekrippe kann man zwar die Eingangstüre glatt von der Badewanne aus entriegeln, aber ich lag unter Wasser wie ein Flußpferd, das nicht aufzuscheuchen ist. Als das Klopfen sich noch mehr verstärkte, fiel mir ein, es könnte am Ende die Feuerwehr voll Ungeduld draußen stehen; so sprang ich aus der Wanne, schlang ein Handtuch um meine Lenden und öffnete.
    Draußen stand mein Cousin Miles mit einem Handkoffer.
    »Wo zum Teufel steckst du denn die ganze Zeit?« fragte er erbost. »Hab gestern fast stündlich angerufen.«
    »O hallo, Miles«, begrüßte ich ihn überrascht. »Bin eben erst aus New — Cheltenham zurückgekehrt.«
    »Aus Cheltenham? Was hast du, verdammt nochmal, in Cheltenham verloren?«
    »Hab Oma einen Besuch abgestattet.«
    Miles runzelte

Weitere Kostenlose Bücher