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Doktor auf Draht

Doktor auf Draht

Titel: Doktor auf Draht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Morgen und verließ mich zur Teestunde — natürlich gab es für sie keines von den Dingen zu tun, die nicht sehr nett waren. Sie trug, wie ich gestehen muß, gewaltig zu meiner Aufheiterung bei, selbst als ich von der schrecklichen Depressionswelle, die Influenza mit sich bringt, übermannt wurde; man erreicht da ein Stadium, wo man nicht einmal mehr die politischen Reden in den Zeitungen komisch findet. Dann fragte ich mich eines Nachmittags plötzlich, wo ich meine Reservezigaretten versteckt hatte, und Anemone brachte mir das erste weichgekochte Ei, und mit einemmal kam mir zu Bewußtsein, daß ich um ihre Hand anhielt.

8

    »Ich bin regelrecht entzückt«, erklärte Miles, der sich zeitig am nächsten Morgen bei mir einstellte und mich noch allein und im Schlafrock antraf. »Und Frau Direktor Hilda ist ebenfalls regelrecht entzückt.«
    »Freue mich, bei diesem scheußlichen Wetter soviel Glück ausstrahlen zu können«, nieste ich bescheiden.
    »Anemone ist nicht nur ein selten nettes Mädchen, ihre Erfahrung als Fürsorgerin wird auch erheblich Wirkung auf dich ausüben. Ich hoffe nur und bete zu Gott, Gaston — du mußt mir, als deinem Cousin, ab und zu gestatten, frei von der Leber weg zu reden —«
    »Wirkt durchaus erfrischend, jederzeit.«
    »Ich bete zu Gott, Anemone möge dich zur Vernunft bringen und dich wieder zu den dir gemäßen Pfaden der Medizin zurückgeleiten, statt zuzusehen, wie du dein Leben verzettelst, seit du deinen frivolen Roman veröffentlicht hast. Du hast nicht nur ein Weib gefunden, Gaston — mit ihr wirst du auch deine Seele finden.«
    Recht nett von ihm, nur gab sein Ton zu verstehen, daß eine Seele wie die meine nicht viel Marktwert besaß.
    »In unserem sündigen Zeitalter werden, muß ich zu meinem Bedauern feststellen, sowohl die Freuden wie die Pflichten des Ehelebens vielzusehr unterschätzt«, gab Miles zum besten, während er mir ein Thermometer unter die Zunge schob. Dann verbreitete er sich darüber, wie er in seinem Heim eine Kombination von Königin Viktoria, Prinz Albert und der Schweizer Familie Robinson verwirklichte. »Nun, da Klein-Bartholomew sich eingestellt hat, um unser Nestchen mit Connie und mir zu teilen — «
    »Apropos Nestchen«, bemerkte ich, das Thermometer aus dem Mund ziehend, »ich werde einen Teil von Opas Zaster brauchen, den du für mich verwaltest.«
    »Sei dessen versichert, Gaston«, sagte Miles, es wieder zurückstoßend, »daß ich dir bei deiner Hochzeit promptest deinen Anteil auszahle.«
    »Aber jetzt, wo wir sozusagen bereits den Hochzeitskuchen bestellt haben«, machte ich geltend, indem ich das Thermometer herausnahm, »mußt du mir wohl einen kleinen Vorschuß zukommen lassen.«
    »Ich werde in der Sakristei den Scheck unauffällig in die Hintertasche deines Gehrocks gleiten lassen«, versprach Miles, das Thermometer abermals zurückstoßend. »Sofort nachdem du dich ins Kirchenbuch eingetragen hast. Sechsunddreißig fünf«, fügte er hinzu. »Du kannst ausgehen.«
    Daß der liebe Miles nicht davon ablassen konnte, so garstig mißtrauisch zu sein, bekümmerte mich. Ich hatte mich noch nie richtig verlobt — freilich mochte ich gelegentlich die eine oder andere völlig zwanglose Verbindung eingegangen sein —, doch sobald einmal Anemone und ich unsere Verlobung in den Times bekanntgegeben hatten, war ich fest entschlossen, an ihrer Seite auszuharren. Schließlich haben wir Grimsdykes unsere Ehre, wenngleich man sie von Zeit zu Zeit ein bißchen behauchen und aufpolieren muß. Wenn wir unser Herz verpfänden — oder sogar Opas alte Taschenuhr — , ist es uns damit heiliger Ernst. Und vor allem dann, rief ich mir immer wieder in Erinnerung, wenn man sich ein so nettes Mädchen wie Anemone aufgegabelt hatte.
    »Und wann, meine lieben Kinderchen«, fragte Frau Direktor Hilda am Wochenende, das ich vor meiner Eskapade nach New York bei den kriminellen Mädchen verbrachte, über die Teetassen hinweg, »gedenkt ihr euren Glückstag anzusetzen?«
    »Ach richtig, den Glückstag«, bemerkte ich.
    »Wobei ich keineswegs gesagt haben will«, fuhr Frau Direktor Hilda fort, »daß ihr die Dinge überstürzen sollt.«
    »Gewiß nicht.«
    »Bei meinem Wirken sehe ich viel zu viele Tragödien im Leben junger Leute, die sich blindlings in die Ehe stürzten.«
    »Äußerst tragisch, kann man wohl sagen«, stimmte ich bei, indem ich über den Tisch hinweg mit Anemone ein einverständliches Nicken austauschte.
    »Oft genug kommt mir zu

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