Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Doktor Proktors Pupspulver

Doktor Proktors Pupspulver

Titel: Doktor Proktors Pupspulver Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
und schleuderte jeder seine Schultasche in seinen Hausflur. Dann trafen sie sich wieder vor Doktor Proktors Gartentor.
    »Also, ich fürchte mich beinahe ein bisschen«, sagte Lise.
    »Also, ich freue mich beinahe ein bisschen«, sagte Bulle.
    Dann stürmten sie durch das Gartentor und das hohe Gras.

    »Da seid ihr ja!«, rief der Professor fröhlich und laut scheppernd.
    Er saß unterm Birnbaum am Gartentisch. Vor ihm befanden sich drei Esslöffel und ein Teelöffel, ein Eishockeyhelm, zwei Knieschoner, ein Weckglas voller Pulver, ein Paar schwarze Lederhosen und ein halber Meter Karamellpudding. »Seid ihr bereit für den Letzten Großen Pulvertest?«
    »Ja!«, riefen Lise und Bulle im Chor.
    »Aber erst gibt’s Karamellpudding«, sagte der Doktor.
    Sie setzten sich zu ihm an den Gartentisch und nahmen jeder einen Esslöffel in die Hand.
    »Auf die Plätze – fertig . . .«, sagte der Professor.
    »Los!«, sagte Bulle und sie machten sich über den Karamellpudding her. Hätte Bulle mitgezählt, wäre er auf nicht mehr als dreißig Sekunden gekommen, bis der halbe Meter Karamellpudding restlos verschwunden war.
    »Lecker!« Bulle tätschelte sich den Bauch.
    »Lecker!« Lise tätschelte sich den Bauch.
    »Ich habe noch ein paar winzig kleine Verbesserungen an der Pulvermischung vorgenommen«, sagte Doktor Proktor.
    »Ich bin bereit«, sagte Bulle und nahm den Deckel vom Weckglas.
    »Abwarten!«, sagte der Professor. »Du sollst dir nicht schon wieder die Hose ruinieren, also habe ich die hier angefertigt.«
    Er hielt die schwarze Lederhose hoch. Eine ganz gewöhnliche Hose, abgesehen von der Tatsache, dass der Hosenboden aus einer Art Fischernetz bestand.
    »Damit die Luft ungehindert passieren kann«, erklärte der Doktor. »Ich habe meine alte Motorradhose und ein Stück Tennisnetz verwendet, das ich noch herumliegen hatte.«
    »Ziemlich chic«, sagte Bulle, als er die deutlich zu große Hose angezogen hatte.
    Lise schüttelte nur wortlos den Kopf.
    »Und jetzt das hier.« Der Professor reichte Bulle den Hockeyhelm und die Knieschoner. »Falls es dich wieder über den Haufen wirft.«
    Bulle zog alles an, dann krabbelte er auf den Tisch und zum Weckglas.
    »Nur einen Teelöffel voll!«, rief Doktor Proktor.
    »Jaja, schon klar!«, sagte Bulle, füllte den Löffel und steckte ihn in den Mund.
    »Okay«, sagte der Doktor und schaute auf die Uhr. »Der Countdown beginnt. Sieben. Sechs.«
    »Doktor Proktor . . .«, sagte Lise schüchtern.
    »Jetzt nicht, Lise. Bulle, spring vom Tisch und stell dich dahinten hin, dass du mir nichts kaputt machst. Vier.
    Drei.«
    »Er hat nicht den Teelöffel genommen«, flüsterte Lise.
    »Zwei«, sagte der Doktor. »Was sagst du, Lise?«
    »Bulle hat den großen Esslöffel genommen, mit dem er Pudding gegessen hat.«
    Mit großen, entsetzten Augen starrte der Doktor Lise an. »Eins«, sagte er. »Esslöffel?«
    Lise nickte.
    »Oh nein«, sagte Doktor Proktor und lief zu Bulle.
    »Was jetzt?«, flüsterte Lise.
    »Einfache Mathematik«, rief Bulle fröhlich. »Null!«
    Dann krachte es. Und wenn es vorher schon ordentlich gekracht hatte, dann war das noch gar nichts gegen jetzt. Es war, als ob die ganze Welt explodierte. Und dieser Luftdruck! Lise spürte, wie ihre Wangen, Lippen, Augenlider flatterten, während sie mit Erde und kleinen Steinchen bepfeffert wurde.
    Als die Augenlider wieder an Ort und Stelle waren, bemerkte sie als Erstes, dass die Vögel nicht mehr sangen. Dann entdeckte sie Doktor Proktor, der mit verwirrtem Gesichtsausdruck im Gras saß, während die Blätter des großen Birnbaums um ihn herum zu Boden segelten, als ob es plötzlich Herbst geworden wäre. Bulle aber sah sie nicht. Sie schaute nach rechts, nach links und hinter sich.
    Und schließlich schaute sie hoch. Aber Bulle war nirgends zu sehen. Dann fing der erste Vogel vorsichtig wieder zu singen an. Und in diesem Moment wurde Lise klar, dass sie Bulle vielleicht nie wieder zu Gesicht bekommen würde, und das wäre fast genauso schlimm wie der Umzug von Anna nach Sarpsborg.

9 . Kapite l
Der Pupsonaut
    ls Bulle »Null« sagte, kitzelte es ganz wunderbar in seinem Bauch, als ob der Pups ein sprudelndes Riesenlachen wäre, das unbedingt hinauswollte. Zwar sah er Lises besorgtes Gesicht und dass Doktor Proktor zu ihm gelaufen kam, aber er war so freudig erregt, dass er überhaupt nicht auf die Idee kam, etwas könnte falsch gelaufen sein. Und als es knallte, war die Erleichterung so herrlich, dass er

Weitere Kostenlose Bücher