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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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der Theke aus konnte man genau verfolgen, wer gerade telefonierte.
    »Können Sie sich an niemanden erinnern, Secondo?«
    »Na ja, an einige schon …«
    »Stammgäste?«
    »Ans Telefon gehen vor allem die Stammgäste, das ist richtig …«
    »Und Sie haben nie, was weiß ich, Magister Manzoni telefonieren sehen?«
    »Warum ausgerechnet Magister Manzoni?«
    »Weil er einige Probleme mit dem weiblichen Geschlecht und eine etwas raue Stimme hat.«
    »Tja, der Herr Magister …!
    »Wo wohnt er?«

    In dem alten Haus in der Via Tommasini gelangte man über eine ziemlich schmale Treppe nach oben. Im zweiten Stock prangte das Messingschild, in das mit Großbuchstaben MANZONI eingraviert war. Mit Nachdruck klopfte Stucky gegen die Tür, deren Farbe leicht abgeblättert war. Magister Manzoni, im Schlafrock, zuckte zusammen, als er den Inspektor sah. Er duckte sich, wie unter einem sich plötzlich herabsenkenden Gewicht. Zerzaust, ohne Brille, ein Intellektueller, entkräftet von einem Leben, das sich dem Alter entgegenschleppte.
    »Ich komme wegen der Telefonate«, sagte Stucky ohne lange Vorrede.
    »Nehmen Sie Platz.« Und er führte ihn durch ein Zimmer, das mit Schwarz-Weiß-Fotos von Frauen regelrecht tapeziert war.
    »Meine Exfreundinnen«, brummelte der Magister, aber es war klar, dass es sich lediglich um allgemein begehrte Schönheiten handelte.
    »Warum haben Sie diese armen Mädchen belästigt?«
    »Sie sind nicht freundlich gewesen …«
    »Und das soll ein Grund sein? Wenn wir alle anrufen müssten, die unhöflich zu uns waren …«
    »All die schönen Frauen! Für sie ist das Leben ein einziges Fest, und für mich? Mir bleibt nur die Zeit der Hosenkackerei …«
    »Sie sollten sich schämen!«, brüllte Stucky. »Warum macht ihr Alten nicht was Nützliches für die Gesellschaft, anstatt den Lebenden auf den Geist zu gehen?« Aber als er die niedergeschlagenen Lider des Mannes sah, unter denen der Kummer hervorquoll, bereute er seinen Ausbruch.
    »Nehmen Sie mich jetzt fest?«, fragte Magister Manzoni und sank in einen Lehnsessel mit rissigem Lederbezug.
    »Kein Wort zu niemandem! Und halten Sie sich zur Verfügung …«

»Auf dem Gelände der Mülldeponie angelangt, betrat ich als Erstes den Waageraum, in der Hoffnung, dass Gropìn die Mechanik, wie abgesprochen, korrigiert hatte. Es sollten nämlich immer ein paar Dutzend Kilo mehr gewogen werden: Hier mal zehn Kilo mehr, und dort mal zehn Kilo mehr, das würde sich zu ganzen Tonnen zusammenläppern.
    Die Sonne ging über dem Rand der Deponie auf. Und ich stand in ihrer Mitte. Mitten auf dem Plastikmonster.
    Ich schwöre, dass ich die Arme zum Himmel hob, weil ich die ganze Welt hätte umarmen können. Ich hörte bereits das Telefon klingeln und die schwer beladenen Lastwagen den Hauptweg hinunterrumpeln; ich hörte die Maschine tickern, die das erfasste Gewicht in einen Geldbetrag umrechnete, und hörte die Wasserspritzen arbeiten, die die Reifen der verdreckten Brummis wuschen; ich sah die Wasserrinnsale, die sich nach unten ergossen, und die Fahrzeuge, die blitzsauber die Rampen aus den immer platter gedrückten Abfällen hinauffuhren; ich sah die Müllverdichter, die sogenannten Kompaktoren, die das Material zusammenpressten, und die Schornsteine für die Verbrennung der Gase, die nach und nach von den Abfällen geschluckt wurden; ich sah die hektische Aktivität des Analyselabors und die Formulare, die an die zuständigen Behörden versandt wurden. Und in meinen Ohren klang es bereits: ›O, guten Tag, Signor Wachtmeister! Heute keine Probleme mit dem Verkehr, oder?‹
    ›Ach, mein lieber Signor Dezernent …‹
    ›Was für überzeugende Analysen!‹
    ›Ich weiß, vielen Dank!‹
    Sicher, ein paar organisatorische Probleme gab es noch. Ich hatte es schnell mal überschlagen: Ich brauchte jemanden, der an der Erfassungswaage stand, einen anderen, der die verdreckten Lastwagen wusch, dann einen Fahrer, der sich mit dem Kompaktor am Müllberg auskannte, und jemanden für das Labor sowie einen Oberaufseher, wobei ich Letzteres auch selbst übernehmen konnte. Zur Verfügung hatte ich: meine Schwester Antonietta, die Mamma, die Nonna, meinen Bruder Gino, und die Nummer fünf wäre dann meine Wenigkeit gewesen. Fehlte nur noch einer, die Nummer sechs, also jemand für die Analysen.
    Den Organisationsplan hatte ich auch schon im Kopf: Antonietta würde ich, sobald sie von ihrem Hotel zurückkam, in das Führerhaus des Kompaktors setzen, der die Abfälle

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