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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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Schluss, dass unter Anwendung des einfachen, aber magischen Satzes: »Ich bräuchte …« jedes Geschäft in der Stadt inventarisiert werden konnte.
    Der Inspektor blieb auf den knarrenden Holzdielen stehen, bat darum, sich einen Vorhang aus Hanf ansehen zu dürfen, nahm mehrere Angebote genau in Augenschein, kam der Aufforderung nach, das Produkt zu betasten, und verabschiedete sich dann mit dem anderen magischen Satz: »Vielen Dank, ich komme wieder …«. Klema konnte also in jedem Geschäft mit der gleichen Leichtigkeit ein- und ausgehen, mit der ein betrübter Tauberich von Dach zu Dach flog.

    In ihrem Laden stand Signorina Leonardi kerzengerade in dem engen Korridor zwischen den mit Waren vollgestopften Regalen. Sie selbst erinnerte an die bekannten metallenen Lampen in Gestalt eines Schreitvogels – Gegenstände von geradezu erhabener Nutzlosigkeit. Sie erkannte den Inspektor sofort und deutete einen zögerlichen Gruß an, indem sie kaum merklich ihre schlanken Finger bewegte.
    »So viele Sachen!«, sagte Stucky und hob einen Glasbehälter hoch, der zwei verschiedenfarbige Flüssigkeiten unterschiedlicher Dichte enthielt.
    »Kleine Einrichtungsgegenstände, Geschenkartikel, Kuriositäten und Deko-Artikel.«
    »Verkauft sich das gut?«
    »Ziemlich gut.«
    »Diese elastischen Federn da drüben zum Beispiel, wozu sollen die nütze sein?«
    »Daran kann man eine Tasche aufhängen, eine Blumenvase, jedes beliebige Gewicht …«
    »Interessant. Hat man Sie noch einmal belästigt, Signorina?«
    »Nein. Aber ich habe gehört, dass es andere Fälle gegeben hat, und ich habe es in der Zeitung gelesen.«
    »Gehört von wem?«
    »Unter uns Verkäuferinnen hat sich das herumgesprochen. Wir waren beunruhigt.«
    »Wo stellen Sie Ihr Auto ab?«
    »Beim Ruderklub.«
    »Sie haben also an jenem Tag dieses Geschäft verlassen, waren in drei oder vier Minuten bei Ihrem Wagen und eine Viertelstunde später vor Ihrem Haus angelangt. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Der Typ hat Sie im Laden beobachtet, sich an Ihre Fersen geheftet, um zu sehen, wie Sie nach Hause kommen, und hat sich gemerkt, wo Sie parken; in der Folge hat er Sie abgepasst und ist Ihnen bis zu Ihrem Haus gefolgt, vielleicht ein paarmal, und dann hat er sich, am Abend der Attacke, bequem postiert, weil er wusste, wo Sie Ihr Auto hatten, und ist zur Tat geschritten.«
    Das Mädchen schwieg.
    »Können Sie sich wirklich an nichts erinnern? Kein einziges Detail registriert? Nicht einmal aus den Augenwinkeln?«
    »Nein. Wenn man Angst hat, denkt man nicht lange nach. Ich bin sofort in Richtung Haus geflüchtet.«
    »Erinnern Sie sich wenigstens noch, in welche Tasche der Delinquent Ihnen die Praline geschoben hat?«
    »Also wirklich …«
    »Strengen Sie sich an, ich bitte Sie!«
    »Ja also: in die rechte Tasche.«
    »Kennen Sie Signora Verzieri?«
    »Nein. Noch nie gehört.«
    »Und Signorina Bergamin?«
    »Nur vom Sehen.«
    »Meinen Kollegen Martini aber haben Sie gekannt …«
    »Ich bin ihm ein paarmal im Polizeipräsidium begegnet. Unglaublich, sein Tod«, murmelte das Mädchen.
    »Nun gut, Signorina Leonardi. Es ist alles unter Kontrolle. Seien Sie unbesorgt. Und diesen trüben Spiegel, wem verkaufen Sie den?«
    »Der kommt bei den Kunden sehr gut an!«
    Mit dieser unglaubhaften Erklärung im Ohr verließ Stucky den Laden.

    In der Handelskammer fand er eine sehr höfliche Angestellte vor, eine mollige Dame, die wie die Zweitbeste eines Buchhalterinnenkurses wirkte und sich bemühte, ihn mit ein paar Erläuterungen zur beruflichen Situation von Verkäuferinnen in Italien zu versorgen. Die meisten würden direkt von den Geschäftsleuten angestellt; deren Auswahlkriterien seien im Wesentlichen: ansprechendes Äußeres, gute Körperhaltung, eine gewisse Feinheit in den Umgangsformen und eine angemessene Neigung, das Eigentum anderer zu respektieren. Sicher, früher einmal sei es eine Frage der Ehre gewesen, die Kunst des Verkaufens zu praktizieren, und bis in die Achtzigerjahre hinein eine Art Privileg, diese Tätigkeit in den Geschäften des Stadtzentrums ausüben zu dürfen. Im letzten Jahrzehnt sei die Fluktuation immer stärker geworden; als Verkäuferin zu arbeiten sei inzwischen nur noch eine Durchgangsstation. Vorbei die Zeiten von Signora Fazzuoli!
    »Signora Fazzuoli?«
    »Sie war es, mein lieber Inspektor, die die besten Verkäuferinnen von Treviso ausgebildet hat.«
    »Und wo kann ich diese Dame antreffen?«
    »O, sie muss schon lange im Ruhestand sein. Sie

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