Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Augenblick spielte ich sogar mit dem Gedanken, dass ich die Analysen selbst hätte durchführen können … wenn ich, ja, wenn ich bloß einen Schimmer von Chemie gehabt hätte. Aber zur Not konnte ich das Unmögliche dadurch möglich machen, dass ich die Gewichte noch weiter korrigierte und den Lohn für den Akademiker über das Geld, das die Kunden zu zahlen hatten, wieder hereinholte.
Ich wiegte mich in der Illusion, dass der Sinn des Stellenangebots unmissverständlich Folgendes signalisierte: Unser Land ist voller junger Leute mit Universitätsabschluss, die keine Stelle finden, und wenn ein Jungunternehmer dafür sorgt, dass der Wert eines Universitätsdiploms einmal gewürdigt wird, kann man von ihm doch eigentlich nur Gutes erwarten. Einen Platz im Paradies. Denn wie man weiß, haben die Typen, die frisch von der Uni kommen, meistens nicht viel Ahnung und enden dann, wenn sie sich die Hörner nicht ordentlich abstoßen, frustriert und unterfordert als städtische Angestellte oder Lehrer, was, bei allem Respekt, für einen Akademiker bedeutet, dass er versagt hat. Zumindest sehe ich das so.
Tja, Dottore, was soll ich Ihnen sagen? Ich hatte erwartet, dass mir viele tüchtige Universitätsabsolventen einen aufrichtigen Brief mit ungefähr folgendem Wortlaut schreiben würden: Sehr geehrter Herr Unternehmer, vielen Dank für Ihr Angebot, über das ich mich sehr gefreut habe. Dankbar für die mir gebotene Chance, bitte ich Sie im Gegenzug, nach dem tariflichen Mindestlohn bezahlt zu werden. Machen Sie sich bitte wegen des ersten Jahres keine Umstände! Solange ich Ihre Anforderungen noch nicht ganz erfüllen kann, beabsichtige ich nicht, Ihnen den Lohn zu stehlen.
Auf diese zweite Annonce bekam ich eine Antwort, eine einzige. Von einem gewissen Filiberto. Filiberto Trentin.
Ich hätte mir gleich denken können, dass an der Sache irgendetwas faul war. Mit achtunddreißig Jahren kommt man nicht frisch von der Uni. Aber ich verfügte noch nicht über genug Selbstsicherheit, um ihn freiheraus zu fragen, ob er Probleme in der Familie oder vielleicht aufgrund eines Burn-outs unter einem langwierigen, lähmenden und deprimierenden Erschöpfungszustand gelitten hatte. Hinzu kam, dass er ein gewinnendes Äußeres hatte, groß war und blondes, zerzaustes Haar und einen so ruhigen Ton in der Stimme hatte wie jemand, der sich seiner Sache sicher ist. Und außerdem gab er sich mit wenig zufrieden, ja, er schlug mir sogar vor, seinen Lohn in eine Geschäftsbeteiligung umzuwandeln, denn seiner Meinung nach habe der Müll eine große Zukunft. Ich habe ihm geantwortet, dass ich darüber nachdenken würde, denn unser Betrieb sei eigentlich ein Familienunternehmen, und bei Leuten, die von außen kämen, müsse man deshalb mit viel Bedacht vorgehen. Daraufhin hat er gesagt, auch er würde nachdenken, und zwar über die Antwort auf meine Frage, welche Geräte wir für das Labor anschaffen müssten. Was sollte das nun wieder heißen, dass er nachdenken würde? Spätestens jetzt hätte ich hellhörig werden müssen. In diesem Moment hätte ich Verdacht schöpfen müssen! Stattdessen ging meine Überlegung dahin, dass er sich mit Geräten wohl gut auskannte und möglicherweise über eine Kombination von Apparaten nachdenken musste, die bei geringstem Kostenaufwand fantastische Ergebnisse liefern würde.
Drei Tage später hat er mir eine Liste mit Ph-Metern, Spektralfotometern, Konduktometern und anderem komischen Zeugs vorgelegt. Ich habe auf die Endsumme des Kostenvoranschlags geschielt und habe die Augen zum Himmel verdreht. ›Man kann aber auch sparen‹, hat er gesagt, ›wenn wir es so machen, wie ich es Ihnen jetzt vorschlage. Und das heißt: Sie lassen mir freie Hand und betreten unter gar keinen Umständen das Labor.‹
›Und wie viel wird es dann kosten?‹
Filiberto Trentin kritzelte mir eine Zahl hin.
›Im Monat?‹
›Im Jahr!‹
›Dafür bekommst du sofort meinen Segen!‹
Endlich war die Mannschaft komplett.
Können Sie mir folgen, Dottore?«
»Einigermaßen …«
»Soll ich am Donnerstag wiederkommen?«
»In Ordnung.«
»Wieder am Abend, um halb neun?«
»Wie wir es telefonisch vereinbart haben.«
Als der Mann mit dem Künstlernamen Bizantin Dal Lago gegangen war, fuhr Dr. Tarfusser sich mit einer Hand durchs Haar und blickte dann nachdenklich in sein Heft. Würden alle so sein? Seine künftigen Klienten? Dieser, sein erster Fall, beunruhigte ihn ein wenig.
8. D EZEMBER
Magister Manzoni hätte die
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