Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
gewehrt … und sie ist nicht gerade schmächtig …«
»Wollen Sie meinen Eindruck wissen?«
»Aber bitte verschonen Sie mich mit den anatomischen Details …«
»Sie sind immer so zimperlich! Vom Zustand der Luftröhrenknorpel her würde ich sagen, dass es sich um eine lange Erstickungsphase gehandelt hat und nicht um eine plötzliche, sehr gewaltsame Erdrosselung.«
»Herr Doktor Panzuto, Sie meinen, der Mörder hat sie also langsam umgebracht?«
»Auch wenn ich die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchungen noch abwarten muss, habe ich das Gefühl, dass die Frau teilweise sediert gewesen sein muss und dass der Mörder, aus Grausamkeit oder einer anderen angeborenen Eigenschaft, sich Zeit gelassen hat. Er hat jedenfalls keinen übermäßigen Druck angewandt.«
»Ein eher behutsamer Mensch also …«
»Ach, ich habe noch eine andere Kleinigkeit vergessen: Man hatte ihr Blut abgezapft … vielleicht vier oder fünf Tage vorher. Ich hätte es gar nicht bemerkt, aber der Blutegel hat einen kleinen Erguss verursacht, und davon war noch eine Spur zu sehen …«
Sobald der Inspektor wieder an der frischen Luft war, huschte er in eine Bar, weil er dringend einen Espresso brauchte, im Stehen genossen, in Eile, sofort hinuntergeschüttet, nachdem er den Zucker verrührt hatte. Er ließ den mit Kaffeeschaum umrandeten Löffel von der Untertasse auf die Theke fallen, wo er einen Schatten auf den glänzenden Edelstahl warf.
Ganz außen im Bach, in der Strömung, tauchte eine Forelle auf. Auch in diesem Jahr hatte es Stucky nicht geschafft, zu denjenigen zu gehören, die einen Angelschein für den Stadtbereich ergattert hatten, zu den Glücklichen, die ihre zuckenden Köder auf die Wasserfläche warfen und die, während die betriebsamen Leute über den Fischmarkt hasteten oder am Ufer des Canale Cagnan entlangeilten, die Sorgen der Welt vergaßen. Er kannte einige dieser Angler: Sie richteten eine Anfrage an die Lizenz erteilende Behörde, warteten auf die Antwort und bummelten, wenn sie zu den ersten dreihundert gehörten, am Nachmittag oder am Samstagmorgen mit Rute, Netz und Korb durch die Stadt. Wenn sie etwas an Land zogen, gut, sonst gingen sie eben in eine Osteria, lehnten die Angelrute an die Wand neben der Eingangstür oder sie setzten sich an die Tischchen im Freien, um die Leute vorbeigehen zu sehen, die sie fragten: »Und wie ist es heute gelaufen? Und wie haben Sie sich den Angelschein beschafft?« Drunten am Ufer prahlten sie mit ihrem Fang, manche beriefen sich auf ihren Eifer, andere auf das Glück, und alle kamen sich privilegiert vor. Sie saßen da und lächelten, während die Menschen herumrannten und die gegen den Strom schwimmenden Forellen praktisch im Wasser stillstanden.
Der Inspektor kehrte ins Polizeipräsidium zurück, wo er die Akten durchforstete, die sich auf das Opfer bezogen. Alle Informationen, die die verschiedenen Einrichtungen an einem einzigen Tag über diese ihre verstorbene Mitbürgerin hatten zusammenkratzen können. Er studierte die Urkunden, den Krankenversicherungsausweis mit dem Namen des behandelnden Arztes, befasste sich mit dem Schulabschluss, der Arbeitsstelle, dem Lebenslauf des Opfers sowie den Angaben zur Person und zur beruflichen Tätigkeit der nächsten Verwandten.
Er blätterte die neunundfünfzig Zettelchen mit den Baci-Sprüchen durch, die auf der Leiche der jungen Frau verteilt worden waren. Einer war von Rimbaud. Rimbaud hasste er. »Lebe und überlass dem Feuer / das finstere Unglück.«
Stucky knobelte lange herum, bevor er sein Büro verließ.
»Darf ich Sie einladen, Dadà?«
»Lieber nicht.«
»Es ist der Todestag meiner Mutter, Ihrer Schwester Parvaneh, Dadà.«
»Ich weiß, ich weiß.«
Daij Cyrus schüttelte sich und ruckelte einen überaus farbenfrohen Teppich zurecht.
»Ich bitte Sie. Es gibt ein iranisches Restaurant, und man hat mir versichert, dass sie dort halva haben, und zwar mit Sorgfalt zubereitet …«
»Mehl, Butter und Safran. Mir ist das tarhalva lieber.«
»Eine Süßigkeit, die die Wehen einer Gebärenden erträglicher macht. Ich verstehe, Dadà. Sie möchten, dass ich und Silvia …«
»Blick nach vorn!«
»Schon gut. Aber jetzt möchte ich Ihnen nur eines ins Gedächtnis rufen: Shabe sale mammam Parvaneh .«
»Es freut mich, dass du dich erinnerst. Es freut mich sehr …«
»Die einzigen Probleme, mit denen ich mich herumschlagen musste, waren unternehmerische Herausforderungen. Denn mit der richtigen Einstellung
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