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Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)

Titel: Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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    Ach, ja! Lauter Studierte! Sie haben alle das Doktorat in Polenta und Kaninchenbraten! Sie haben wohl irgendwas über Umweltverschmutzung gelesen, und nichts wie los, wirf den Pierinis den Fehdehandschuh hin. Aber was werden sie schon gelesen haben? Artikel im Gazzettino ? Vier Zeilen, von denen man nicht weiß, worauf sie hinauswollen. Und außerdem – was sagen sie aus? Es scheint so, als ob …; es sieht so aus, wie …, meint der und der. Aber wo sind die Beweise? Um eine sakrosankte Tätigkeit zu sabotieren, braucht es Beweise. Objektive Beweise! Wo steht geschrieben, dass die Deponie der Pierinis die Umwelt verschmutzt? Sie stinkt. Aber nun mal sachte: Wir Menschen haben eine Geruchsempfindlichkeit ersten Ranges, wir riechen ein stinkendes Partikelchen aus Millionen heraus, und es ist nicht gesagt, dass das, was stinkt, auch schädlich ist. Klammern wir uns doch nicht an solche Gemeinplätze! Die wirklich gefährlichen Dinge sind geruchlos und unsichtbar. Wie die Strahlungen, oder?
    Dann, als alle Blicke schon auf mich gerichtet waren, habe ich Mut gefunden, Folgendes zu sagen:
    ›Es ist an der Zeit, dass ihr eine wichtige Sache begreift: Die Mülldeponien existieren, weil ihr wollt, dass sie existieren. Wir hier sind diejenigen, die am besten mit euren Abfällen umgehen. Jawohl, meine Herrschaften: Es sind eure Abfälle! Wenn es sich um meine handeln würde – ich hätte genügend Platz, um sie hier bei mir zu behalten. Aber ihr? Wo würdet ihr die Windeln eurer Babys lassen? Wohin mit den Damenbinden in einer Familie, die aus fünf Frauen besteht? Wohin mit den ganzen Verpackungen von Pasta und Knabberzeug? Den Thunfischdosen? O ja: Ihr würdet sie in den Mülleimer werfen, und dann würdet ihr eine Woche lang die Mülltonnen hinaus auf den Balkon oder in den Garten stellen und nach einem Monat in den Nachbargarten kippen, der inzwischen auch schon von den eigenen Abfällen überquillt. Dann wäret ihr gezwungen, euren Dreck nachts durch die Gegend zu fahren, vielleicht sogar in andere Dörfer zu bringen. Und das jede Nacht. Ihr würdet am nächsten Morgen übermüdet aufstehen. Und schließlich würdet ihr in einer Nacht patrouillierenden Bürgerwachen in die Arme laufen, die verhindern, dass Leute aus den anderen Dörfern ihre Gärten verseuchen. Sie würden euch eine tüchtige Tracht Prügel versetzen. Die Folge wäre eine Vendetta ohne Ende. Zu Hause würden die Kinder in ihren Exkrementen liegen und krank werden. Mäuse würden durchs Haus flitzen. Fliegen kämen. Kakerlaken. Eure Kleider würden stinken. Und ihr könntet sie nicht in die Wäscherei bringen, weil die Wäschereien nicht wüssten, wo sie euren Plunder hinschmeißen sollten. Und ihr könntet euch keine neuen Kleider kaufen, weil die Textilfabriken verstopft wären mit Resten und Stoffschnipseln. Die Färbereien würden in gelbem und grünem Teer ersaufen. Ihr müsstet nackt auf die Straße gehen. Und das wäre ein großes Problem. Alle würden euch dort sehen, überall. Schwäger, die ihre Schwägerinnen anschauen, und Schwiegermütter, die ihre Schwiegersöhne anschauen. Ihr würdet euch schämen. Ihr würdet nicht mehr aus dem Haus gehen wollen, aber das könnt ihr nicht. Ihr könnt nicht, weil die Abfälle verrotten, ein unerträglicher Gestank umgibt eure Behausungen; der ganze Ort ächzt unter einer öligen und fauligen Glocke; die Möwen kreisen in der Luft und stürzen sich auf die Trümmer, und ihr müsst die Flucht ergreifen, könnt aber nirgendwohin. Ohne Deponien ist die ganze Welt ein einziger entsetzlicher Gestank. Die Deponie ist der Nabel unserer Welt. Wenn wir sie schließen, bedeutet das das Ende des Lebens …‹
    Sie waren abgezogen, bevor ich fertig war. Die Plakate lagen am Boden. Ich weiß nicht, ob ich sie überzeugt oder erschreckt hatte. Ich hatte gehofft, dass Filiberto mich in seinem Loch hören konnte. Er hätte mich eigentlich für meine zivile Rhetorik loben müssen. Ich selbst war richtig aufgewühlt. Ich wusste nicht, woher diese Worte gekommen waren. Aus dem Herzen.«

15. D EZEMBER
    Klema verteilte die Kleider der armen Schepis über die ganze Stadt. Er hatte die Jacke und die schwarze Hose auf einen Kleiderbügel gehängt und diesen mit einer Schnur am Ponte di San Francesco, auf der Seite zum Wasser hin, befestigt.
    Diese Vogelscheuche aus kostbarer Wolle, inhaltslos und gespenstisch, hatte eine ganze Schar Nonnen in Panik versetzt, und innerhalb weniger Minuten hatte sich rund um die alte

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