Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
Brücke eine beunruhigte Menge versammelt.
Stucky hatte die langen Beine der Hose betrachtet, die nach unten hin schmaler wurden.
Er marschierte zum Geschäft von Signora Veneziani und verrenkte sich beinahe den Hals, um auf den weiten schwarzen Mantel mit Knöpfen aus glänzendem Perlmutt zu schielen, der in der Auslage zu sehen war, genau an der Stelle, an der die Leiche der armen Schepis gelegen hatte.
Der Tag war neblig, einer von der unangenehmsten Sorte, so ein Tag, der die Alten mit schwachen Herzen oder Lungen umbringt und den Jüngeren die Luft zum Atmen nimmt und sie in einer Unruhe erstickt, wie sie nur an solchen sonnenlosen Wintertagen entstehen kann.
Das Geschäft öffnete wieder, und in der Zurschaustellung der unifarbenen Kleider, hauptsächlich in Weiß und Schwarz, spiegelte sich vielleicht ein schmerzliches Bedürfnis wider.
Der Inspektor postierte sich am Tisch eines Cafés, von dem aus er den Eingang des Geschäfts im Auge behalten konnte, und schon bald sah er Signora Veneziani, ganz allein; sie blieb einen Augenblick vor dem Schaufenster stehen, öffnete die Tür und trat ohne weiteres Zögern ein.
Er bestellte sich ein Frühstück und ging den Bericht mit den Analysen des Staubsaugerbeutelinhalts der Rumänin durch, die die Leiche entdeckt hatte, nachdem sie den Laden gewissenhaft geputzt hatte. Es war eine Liste, auf der Stucky etwas von Stäuben, Erdkrümeln, Haaren, Plastikteilchen, Fingernägeln, Bröseln von Brot und Schokoladenkuchen las.
Antimama, seufzte er, wie überaus nützlich.
Er lag in einem Café auf der Lauer, dessen Wände mit dem Riesenfoto eines Ferrari und einem halben Dutzend zerknitterter Fußballertrikots geschmückt waren und das Betongebäck im Angebot hatte. Stucky hatte noch nicht einmal versucht, in das Ricottagebäck hineinzubeißen, als er ein paar Kundinnen ankommen sah. Und dann schien, wie auf ein stummes Signal hin, der Kundinnenfluss von Minute zu Minute anzuschwellen. Beine in Stiefeln, niedliche Hausfrauen, in Pelze eingemummelt wie die Pioniere von Montana, mit neckischen und federbewehrten Hüten, klimperndem Goldschmuck und vielen, vielen Mascara-Akzenten – so, als müssten sich die Damen einem Verhör durch den Gott Amor stellen. Stucky sah, wie einige Köpfe sich zum Schaufenster neigten, einige Finger auf etwas zeigten. Die Kundinnen, im kritischen Zustand der Enthaltsamkeit, warteten; sie standen Schlange und hielten Wache auf dem Gehsteig, jederzeit bereit, über ihre Telefonketten die große Neuigkeit unter die Leute zu bringen. Möglicherweise gab es einen Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit, mit der der Staatsanwalt die Aufhebung der Beschlagnahme des Geschäfts verfügt hatte, und der Tatsache, dass eine der ersten Kundinnen, die zur Wiedereröffnung des Tatorts eintrafen, ausgerechnet die Frau des Staatsanwalts war, offensichtlich eine treue Kundin.
Der Inspektor klopfte an die Tür, bevor er eintrat. Er sah, wie Signora Veneziani die Augen aufriss, diese magischen Augen. Sie hatte bereits eine neue Verkäuferin gefunden, eine Blondine, vielleicht eine Polin aus Krakau, die an ihrem Platz stehen blieb, weil sie wohl ahnte, dass dieser Mann nicht wegen irgendeines außergewöhnlichen Kleidungsstück hereingekommen war.
»Wie geht es Ihnen, Signora?«
»Wie soll’s schon gehen?«, murmelte die Frau, deren Gesicht vom Kummer gezeichnet war.
»Probleme?«
»Einen Tod steckt man nicht so leicht weg, das wissen Sie doch selbst.«
Er zeigte ihr die Hose, und sie nickte traurig.
»Glauben Sie, dass Signorina Schepis bei irgendeinem Spezialisten in medizinischer Behandlung war?«
»Nicht dass ich wüsste. Warum?«
»Sie hat Analysen vornehmen lassen.«
»Da hat es sich wohl um eine Routineuntersuchung gehandelt. Auch ich gehe einmal im Jahr …«
»Verstehe.«
Sobald Stucky draußen war, rief er Landrulli an.
»Bestell mir alle attackierten Frauen zu einem offiziellen Termin ein«, sagte er zum Agente, der sich gerade in seinem Büro aufhielt, wo er die von ihm zusammengetragenen Informationen sortierte.
»Jetzt gleich?«
»Vor dem Mittagessen, dann kannst du das Bild vervollständigen, um das ich dich gebeten habe.«
»Zu Ihren Diensten, Signor Inspektor!«
»Gehen eigentlich deine Lektionen über die Geschichte der indigenen Bevölkerung noch weiter?«
»Der Maler, dem Sie mich ans Herz gelegt haben, behauptet, ich würde große Fortschritte machen.«
»In Bezug auf dein Verständnis für die Geschichte dieser
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