Dolce Vita, süßer Tod: Kriminalroman (Inspektor Stucky) (German Edition)
für Sie ist sie mehr gewesen. Jolanda muss sie beeindruckt haben, anders als das mit den Gespielinnen für ein paar Nächte der Fall war. Ich kann Sie verstehen, wissen Sie? Auch ich spüre den Zauber dieser Frau, wie ein Magnetfeld, das sich um sie herum bildete und das auch nach ihrem Tod weiterwirkt. Sie haben geglaubt, Sie könnten sie für sich behalten, und waren enttäuscht, als Jolanda Ihnen mitteilte, dass die Sache ein Ende haben müsse. Zutiefst enttäuscht …«
Der Journalist wandte den Blick ab und schielte nach unten, fast so, als wolle er einem plötzlich auftretenden Geruch, einer stinkenden Wolke ausweichen.
»Sie haben nichts in der Hand, Signor Inspektor. Das ist der Punkt … Und jetzt werden Sie entschuldigen«, sagte er und stand auf, »wenn ich nicht mit Ihnen zu Mittag esse. Normalerweise bin ich nicht so unhöflich, das können Sie mir glauben. Natürlich werde ich mich an einen Anwalt wenden …«
»Nur ein ›Honigsauger‹ wie Sie konnte ihr einen Satz von Rimbaud hinterlassen.«
Stucky beobachtete jede seiner Bewegungen genau, während er sich erhob, seinen Mantel nahm und den Raum verließ.
Er beauftragte Landrulli, sich ihm an die Fersen zu heften. Er selbst würde jetzt mit Kommissar Leonardi und dem Polizeipräsidenten über die Angelegenheit reden müssen.
Er bekam Lust, noch einmal über den Ponte della Malvasia zu gehen, um das Haus zu betrachten, das er niemals würde kaufen können. Am Balkon hing eine feine Kette kleiner gelber Lämpchen. Die betagte Eigentümerin hatte endlich vor Weihnachten kapituliert. Vorsichtig äugte Stucky in Richtung Teppichladen, aber heute war es selbst für daij Cyrus zu spät.
Rasch bog er in das Gässchen ein und ging bis zur Piazza dei Signori, blieb vor dem Geschäft von Signora Veneziani stehen und blickte in das Schaufenster, das ganz in Weiß erstrahlte, alle Röcke und Mäntel, Stiefel und Schals unschuldig wie die Wolken. Man hätte meinen können, an diesem Ort wäre nie etwas passiert.
22. D EZEMBER
Stucky saß am Tischchen einer Bar. Widerwillig zog er sein vibrierendes Handy aus der Manteltasche. »Landrulli? Bitte nur gute Nachrichten …!«
»Ich habe wirklich eine gute Nachricht! Der Veneziani geht es besser, es sieht so aus, als könne man mit ihr reden.«
Der Polizist, der zur strengen Bewachung der Frau im Krankenhaus abgestellt worden war, begrüßte den Inspektor mit einem unterdrückten Gähnen, und der Arzt versuchte, ihn zu stoppen, indem er ihm von dem doppelten Bruch ihrer Beine berichtete, vom Schädeltrauma, das ihnen immer noch Sorgen bereitete, von dem ärztlichen Feingefühl, das ein solcher Fall erforderte. »Zehn Minuten höchstens«, sagte der Arzt und rückte den Kragen seines blauen Kittels zurecht.
»Wer mich angefahren hat?«, fragte die Frau mit schwacher Stimme, als sie Stucky sah.
»Jemand, den Sie kennen? Jemand wie zum Beispiel Alessi?«
»Alessi …« Die Stimme schien von Weitem zu kommen, aus anderen, hinter vielen Türen gelegenen Räumen, während ihre Schönheit sich unter dem Desinfektionsmittel, das ihre Stirn verfärbte, versteckt hielt.
»Sicher ist er fast schon vorbei?«, seufzte sie.
»Was?«, fragte Stucky, der so nahe an das Bett herantrat, dass er fast ihre Hand streifte.
»Der Kaufrausch. Danach ruht man sich aus, ein bisschen …«
»Sind Sie müde?«
»Es war eine schreckliche Zeit.«
Stucky blickte der Frau direkt in die immer noch wunderschönen Augen.
»Wenn Jolanda sich nicht diese verrückte Idee in den Kopf gesetzt hätte, unbedingt ein Kind zu bekommen, wäre nie etwas passiert …«
Signora Veneziani schwieg.
»Die Geschichte wurde zu kompliziert. Und auch zu extravagant für diese Stadt, für ihre Arbeit, ihre Position. Das dürfte Ihnen nicht gefallen haben …«
Er sah eine Träne.
»… Signorina Schepis muss Ihnen gesagt haben, dass sie schwanger werden wollte und dass sie ihrem Vater alles erzählen wollte.«
»Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass sie dabei war, einen Fehler zu begehen. Auch nur daran zu denken, ein Kind zu bekommen, war indiskutabel. Und das hier! Und noch dazu bei dieser Tätigkeit …«
»Fahren Sie fort.«
Die Frau schüttelte den Kopf.
»Dann sage ich es Ihnen: Jolanda war enttäuscht. Sie hat gesagt, dass sie bereit sei, für eine künstliche Befruchtung ins Ausland zu reisen, oder dass sie, wenn die Sache sich als kompliziert erweisen würde, auch hier vor Ort einen hilfreichen Mann fände. Dann haben Sie ihr selbst
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