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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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geschehen war. Dass Opal vorgehabt hatte, sie umzubringen und das Geld zu nehmen, war schwer genug zu verstehen. Dass Hauptmann Wester sie dafür getötet hatte, war schlimmer. Natürlich waren die anderen zornig. Natürlich verabscheuten sie den Hauptmann. Und Yardem. Und sie. Das mussten sie. Und hier waren sie, schleppten Kisten und rissen Witze. Cithrin stellte fest, dass sie ihnen vertraute, jedem Einzelnen von ihnen: nicht weil sie vertrauenswürdig waren, sondern weil sie es sich so wünschte.
    Sie hatte mit Opal einen Fehler gemacht, und sie beobachtete sich dabei, wie sie ihn wiederholte. Dieses Wissen allein fraß sich in sie hinein, so dass sie seit der Nacht, in der sie aufgewacht und von fünf Toten umgeben gewesen war, nicht mehr geschlafen oder anständig gegessen hatte.
    Meister Kit stieg die Stufen herauf, schleppte eine doppelte Armladung verpackter Bücher. Dann kamen Sandr und Horniss mit den restlichen Kisten. Die ganze Ladung des Karrens ließ nicht mehr viel Platz für sie alle. Sandr war eingekeilt und stand neben ihr. Als er bemerkte, dass sie ihn ansah, wurde er rot und nickte ihr mit einem vogelartigen Zucken zu, das er wahrscheinlich zum Besten gab, wenn er jemanden auf der Straße grüßte.
    »Ich glaube, das war es dann«, sagte Meister Kit, als Yardem ihm die Bücher abnahm.
    »Danke dafür«, sagte Cithrin. »Euch allen.«
    »Es ist das Mindeste, was wir tun konnten«, erklärte Smit. »Es tut uns nur leid, wie es dazu gekommen ist.«
    »Ja … nun ja«, stammelte Cithrin. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen.
    »Weshalb geht ihr anderen nicht schon mal vor?«, fragte Meister Kit. »Ich werde versuchen, euch dann rasch einzuholen.«
    Die Schauspieler nickten und gingen. Durch das Fenster hörte Cithrin ihre Stimmen, als ihr Wagen davonfuhr. Hauptmann Wester schritt durch den Raum, als würden die Bodendielen durch seine Ruhelosigkeit und Ungeduld stiller und fester werden. Yardem streckte sich auf dem Bett aus, das zwischen zwei Kistenstapeln eingeklemmt war, und schloss die Augen, um zu ruhen, ehe die Nacht kam. Meister Kit erhob sich und streckte die Hand nach ihr aus.
    »Cithrin«, sagte er. »Ich hatte gehofft, dass wir ein Stück zusammen gehen könnten.«
    Sie blickte von dem alten Schauspieler zu Hauptmann Wester und zurück. »Wohin?«, fragte sie.
    »Ich hatte keinen besonderen Ort im Sinn«, antwortete Meister Kit. »Ich dachte, dass es mit Gehen getan wäre.«
    »In Ordnung«, sagte Cithrin und ließ sich von ihm auf die Beine helfen.
    Draußen floss der Verkehr auf den Straßen wie Wasser; breit und träge auf dem großen Platz im Osten, schneller im engen Kanal der Straße. Ein Cinnae stand vor der Spielbude, um den vorbeikommenden Männern und Frauen etwas zuzurufen: ihnen könnte ein großes Vermögen gehören. Das Glück begünstige die Mutigen. Sie könnten ihre geschäftlichen Verluste abmildern, indem sie gegen sich selbst wetteten. Für jede angemessene Wette würden Einsätze geboten. Er klang gelangweilt.
    Pferdekarren mühten sich durch die Menge, und eine Gruppe Timzinae ging mit flachen Schaufeln hinter ihnen her, um die Pferdeäpfel aufzuheben. Mehrere Kinder johlten und jagten einander, und dabei platschten sie durch die Pfützen aus Schlamm, Schmutz und Schlimmerem. Ein Wäschekarren ratterte vorbei, von einer Erstgeborenen gezogen, die nicht älter war als Cithrin; in den Zügen um ihren Mund bildeten sich jedoch bereits Furchen des Elends. Meister Kit schritt weiter, und Cithrin ließ ihn die Führung übernehmen, nicht sicher, ob sie hinter ihm oder an seiner Seite laufen sollte.
    Die Straße öffnete sich zu einem Platz, den Cithrin noch nicht gesehen hatte. Eine riesige Kirche ragte im Osten auf. Stimmen, die sich im Gesang erhoben hatten, schlängelten sich durch die eisige Luft, priesen Gott und bildeten Mosaiken der Harmonie. Meister Kit hielt an, als sie es tat, und lauschte mit ihr. Das Lächeln auf seinem Gesicht wurde weicher, und ein Anflug von Kummer drängte sich hinein.
    »Es ist wunderbar, oder?«, fragte er.
    »Was?«, entgegnete Cithrin.
    Er lehnte sich an eine Steinmauer und machte eine Geste. Der Platz, das Lied, der Himmel über ihnen. »Ich nehme an, ich meine die Welt. Sie ist voller Tragödie und Schmerz, und trotzdem finde ich sie letztendlich schön.«
    Cithrin spürte, wie sie die Lippen fest zusammenpresste. Sie wollte sich dafür entschuldigen, was mit Opal geschehen war, aber das würde Meister Kit nur in eine Lage

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