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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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die Augen mit den Handflächen und schüttelte den Kopf. Die Sonne war weiter und schneller gewandert, als sie es erwartet hatte. Sie wusste nicht, wie lange es her war, dass sie die Unterkunft verlassen hatten.
    »Danke«, sagte sie leise.
    »Ich hatte das Gefühl, es dir zu schulden«, erwiderte Meister Kit. Er wirkte müde.
    »Sollen wir zurückgehen?«
    »Wenn du bereit bist, sollten wir das, denke ich.«
    Der Abend kam später, als Cithrin erwartet hatte – ein weiteres Zeichen dafür, dass der Winter langsam seinen harten Griff lockerte. Yardem Hane saß auf dem Boden, die langen Beine übereinander, und aß Reis und Fisch von einem Teller. Hauptmann Wester ging auf und ab.
    »Wenn wir das falsche Schiff aussuchen«, sagte der Hauptmann, »werden sie uns umbringen, unsere Leichen an die Haie verfüttern und den Rest ihres Lebens damit verbringen, es sich in irgendeinem Hafen in Fern-Syramis oder Lyoneia gut gehen zu lassen. Aber wir müssten nur am Zollhaus hier und an dem in Carse vorbei. Auf der Straße bekommen wir es vielleicht mit einem halben Dutzend Steuereintreibern zu tun.«
    Cithrin blickte auf ihren eigenen Teller mit Fisch, aber ihr Magen war zu verkrampft, als dass sie etwas hätte essen können. Jedes Wort von Wester machte es schlimmer.
    »Wir könnten umkehren«, sagte Yardem. »Zu den Freistädten gehen und von dort aus nach Norden. Oder auch zurück nach Vanai.«
    »Ohne Karawane, in der wir uns verstecken können?«, fragte Marcus.
    Der Tralgu zuckte mit den Schultern. Hinter der ständigen Bewegung der Beine des Hauptmanns glänzten die wachsversiegelten Bücher der Bank von Vanai im Kerzenlicht. Cithrins Nervosität richtete sich wieder auf sie, auf Vorstellungen von gebrochenen Siegeln und verfaulenden ledernen Buchrücken, die in einem unendlichen Alptraum durch ihren Kopf tanzten.
    »Wir könnten ein Fischerboot kaufen«, sagte Yardem. »Es selbst segeln. Uns an der Küste entlangdrücken.«
    »Um mit unseren schlagkräftigen Persönlichkeiten gegen Piraten zu kämpfen?«, fragte Marcus. »Cabral ist schon völlig durchsetzt vor unabhängigen Schiffen, die alle Handelsgüter abgreifen, zu denen sie Zugang haben, und König Sephan wird sie nicht daran hindern.«
    »Es gibt keine gute Möglichkeit«, sagte Yardem.
    »Keine. Und es dauert noch Wochen, bis wir die schlechten ausprobieren können«, ergänzte Marcus.
    Cithrin stellte ihren Teller auf den Boden und ging an Hauptmann Wester vorbei. Sie nahm das oberste Buch, blickte sich in dem düsteren, golden beleuchteten Zimmer um und fand die kurze Klinge, mit der Yardem mittags den Käse geschnitten hatte. Die Klinge war blitzend sauber.
    »Was machst du da?«, fragte Marcus.
    »Ich kann nicht das richtige Schiff aussuchen«, sagte Cithrin, »oder den richtigen Weg, oder eine Karawane, in der wir uns verbergen können. Aber ich kann zusehen, dass die Bücher nicht nass sind, also mache ich das.«
    »Wir werden sie bloß wieder versiegeln müssen«, sagte Marcus, und Cithrin ignorierte ihn. Das Wachs war so dick wie ihr Daumen und löste sich in widerborstigen Stücken. Eine Stoffschicht darunter wich einer weicheren Innenschicht aus Wachs, und dann kam eine Pergamenthülle. Das Buch, das sich unter alldem verbarg, hätte frisch von Magister Imaniels Schreibtisch stammen können. Cithrin öffnete es, und die Seiten glitten raschelnd auseinander. Die vertrauten Notizen in Magister Imaniels Handschrift waren wie eine Erinnerung aus der Kindheit, und Cithrin weinte beinahe wieder, als sie sie sah. Mit den Fingern strich sie über Summen und Vermerke, Bilanzen, Transaktionen, Ausführungen zu Verträgen und Ertragsraten. Magister Imaniels Unterschrift und das braune, getrocknete Blut seines Daumens. Sie ließ alles über sich hinwegströmen, vertraut und fremd zur gleichen Zeit. Hier war die Einlage vermerkt, die die Bäckergilde bei der Bank gemacht hatte, und dort, in blauer Tinte, eine Aufzeichnung der Zahlungen, die Monat für Monat als Kompensation geleistet worden waren, in all den Jahren, die sie das Geld behalten hatten. Sie blätterte um. Hier war die Aufzeichnung der Verluste aus Schiffsversicherungen in dem Jahr, in dem die Stürme aus Lyoneia später als je zuvor heraufgekommen waren. Sie war entsetzt über die Summen. Sie hätte nicht gedacht, dass die Verluste so umfangreich waren. Sie schloss das Buch, nahm ihr Messer und suchte sich noch eines. Marcus und Yardem unterhielten sich weiter, aber sie hätten, was sie anging, auch

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