Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)
Werdet Ihr mir zur Seite stehen?«
Das Schweigen ließ Geder zögern. Er hielt sein Glas entschlossen hoch und betete im Stillen darum, dass Jorey den Trinkspruch erwidern würde.
»Habt Ihr das geübt?«, fragte Jorey schließlich.
»Ein bisschen, ja«, antwortete Geder.
Jorey stand auf und hob sein Glas. Das Wasser schwappte heraus und lief ihm zwischen die Finger.
»Geder, ich will tun, was ich kann«, sagte er. »Es mag nicht viel sein, und Gott ist mein Zeuge, ich sehe keinen Weg, wie das gut enden kann, aber ich werde tun, was ich kann, um die Dinge für Euch in Ordnung zu bringen.«
»Das ist genug«, sagte Geder und trank sein Wasser mit einem Grinsen.
Der übrige Tag war anstrengend. Der Nachmittag begann mit einem Gratulationsfest, das von den Vertretern der großen Gilden von Vanai gestiftet wurde, zwei Dutzend Männern und Frauen, von denen jeder um seine Aufmerksamkeit und seine Gunst buhlte. Danach hielt er mit einem Vertreter von Neuhaven Audienz, der darauf aus war, die Gebühren für die Binnenschifffahrt zu verändern, aber im Verlauf einer langen, streitlastigen Stunde nicht wirklich deutlich machen konnte, was für Veränderungen er im Sinn hatte. Dann war der Hauptsteuerprüfer auf Geders Bitte noch einmal alle bisherigen Berichte von Klin an Lord Ternigan und die Krone durchgegangen. Geder hatte erwartet, dass er bei dem Treffen nicht viel mehr als eine Zusammenfassung zu hören bekommen würde, wie viel Gold nach Norden geschickt worden war, aber es endete damit, dass es doppelt so lange dauerte wie geplant, da der Unterschied zwischen hoch- und weniger wirksamen Tarifen und »Vorlage auf der Rechnung« und »tatsächlicher Vorlage« erörtert werden musste, was ihn mit dem Gefühl zurückließ, etwas in einer Sprache gelesen zu haben, die er noch nicht beherrschte.
Am Ende des Tages zog er sich in das Schlafgemach zurück, das einst dem Fürsten von Vanai gehört hatte. Geders vorherige Unterkunft hätte in eine Ecke gepasst und dann noch zweimal dort Platz gefunden. Die Fenster blickten auf einen Garten mit blattlosen Eichen und schneeumrahmten Blumenbeeten hinaus. Im Frühling würde es aussehen, als hätte er einen eigenen Wald. Geders neues Bett wurde von einem raffinierten Netzwerk aus Röhren geheizt, die vom großen Feuerrost her und wieder zurückführten; die Pumpe wurde von aufsteigender Luft betrieben. Die Vorrichtung blubberte vor sich hin, manchmal direkt unterhalb von Geder, als hätten die Federmatratzen etwas gegessen, das ihnen nicht gut bekam. Geder lag eine knappe Stunde, nachdem er den letzten Diener fortgeschickt hatte, noch immer wach in dem düsteren, vom Feuer nur wenig erhellten Raum. Obwohl er erschöpft war, wollte der Schlaf nicht kommen. Als er sich erhob, tat er es in dem wunderbaren Gefühl, etwas Verbotenes zu tun und genau zu wissen, dass er damit durchkommen würde.
Er zündete drei Kerzen im Feuer an, wobei das Wachs im Rauch ein wenig schwarz wurde, und stellte sie neben dem Bett auf. Dann nahm er aus dem kleinen Behälter mit seinen eigenen Habseligkeiten, die sein Knappe hergebracht hatte, das Buch mit der knarrenden Bindung, das er zuletzt erstanden hatte. Er hatte es bereits gelesen und den Abschnitt angestrichen, den er am interessantesten fand, so dass er ihn leicht wiederfinden konnte.
Legenden um den Rechtschaffenen Diener, auch Sinir Kushku in der Sprache des alten Pût genannt, stufen ihn als die letzte und größte Waffe von Morade ein, obwohl unklar bleibt, bis zu welchem Grad er eine einfache Täuschung war, wenn man das Spionage-Netzwerk des Drachen und das merkwürdig einfühlsame Wesen seines endgültigen Wahnsinns betrachtet.
Geder legten den Finger über die Worte und bemühte sich um eine Erinnerung an das wenige, was er über die Sprachen des Ostens wusste.
Sinir Kushku.
Das Ende allen Zweifels.
Cithrin
»Ich sage, es gibt das Böse in der Welt«, erklärte Meister Kit, der die Kiste aus der Hüfte hochwuchtete, »und Zweifel ist die Waffe, die davor schützt.«
Yardem nahm dem alten Schauspieler die Kiste aus den Händen und hob sie auf die Spitze des Stapels. »Aber wenn man alles anzweifelt«, sagte der Tralgu, »wie kann man dann irgendetwas begründen?«
»Zögerlich. Und nur unter der Voraussetzung, es im Nachhinein zu prüfen. Es scheint mir die bessere Frage zu sein, ob es auf irgendeine Weise von Vorteil wäre, sich einer durchgehenden und nicht hinterfragten Sicherheit zu überantworten. Ich glaube nicht, dass
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