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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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und ruhige Flügel, die nie flatterten.
    »Weshalb entschuldigt Ihr Euch für alles, was Ihr sagt?«, fragte sie.
    Meister Kit wandte sich zu ihr um, die buschigen Augenbrauen gewölbt. »Ich war mir nicht bewusst, dass ich das getan habe«, sagte er.
    »Ihr habt es gerade schon wieder getan«, erklärte Cithrin. »Ihr sagt nie etwas geradeheraus. Es ist alles voller Ich denke jenes oder Ich habe festgestellt, dass . Ihr sagt nie: Die Sonne geht am Morgen auf . Es ist immer Ich denke, die Sonne geht am Morgen auf. Es ist, als würdet Ihr versuchen, überhaupt nichts zu versprechen.«
    Meister Kit wurde ernst und betrachtete sie mit dunklen Augen. Cithrin spürte, wie es ihr eiskalt das Rückgrat hinablief, aber es war keine Angst. Es war, als wäre man kurz davor, auf etwas zu stoßen, von dem sie nur vermutete, dass es da war. Meister Kit rieb sich mit der Handfläche über das Kinn. Das Geräusch war leise und vertraut.
    »Ich bin überrascht, dass dir das aufgefallen ist«, sagte er, dann lächelte er, weil er es wieder getan hatte. »Ich habe ein Talent dafür, dass man mir glaubt, und ich habe festgestellt, dass das Schwierigkeiten schafft. Ich nehme an, ich habe mir diese Angewohnheit zugelegt, um den Effekt abzumildern, und daher versuche ich, keine Dinge zu behaupten, derer ich mir nicht sicher bin. Ganz und gar sicher, meine ich. Ich bin häufig überrascht, wie wenig es ist, dessen ich mir ganz und gar sicher bin.«
    »Das ist eine seltsame Entscheidung«, meinte Cithrin.
    »Und sie ermutigt mich, mich selbst nicht zu ernst zu nehmen«, sagte Meister Kit. »Ich sehe einen gewissen Wert in der Leichtigkeit.«
    »Ich wünschte, ich könnte das«, erwiderte sie. Die Verzweiflung in ihrer Stimme überraschte sie, und dann weinte sie auch schon.
    Der Schauspieler blinzelte, bewegte unsicher die Arme, und Cithrin stand auf der offenen Straße, peinlich berührt von ihrem Schluchzen, aber unfähig aufzuhören. Meister Kit legte einen Arm um sie und führte sie weiter bis zu den Stufen der Kirche. Sein Umhang war aus billiger Wolle, rau, und er roch noch nach Wollwachs. Er legte ihn ihr um die Schultern. Sie beugte sich vor, den Kopf auf den Knien. Sie spürte die Angst und den Kummer, aber nur aus der Ferne. Der Erdrutsch hatte jedoch begonnen, und es gab nichts, was sie tun konnte, außer ihn geschehen zu lassen. Meister Kit legte ihr die Hand auf den Rücken, direkt zwischen die Schulterblätter, und rieb sanft darüber, wie ein Mann, der einen Säugling beruhigt. Nach einer Weile waren die Schluchzer weniger heftig. Die Tränen trockneten. Cithrin fand schließlich ihre Stimme wieder.
    »Ich kann das nicht«, sagte sie. Wie viele tausend Male hatte sie sich das seit dem Tag gesagt, an dem Besel gestorben war? Aber immer zu sich selbst. Dies war das erste Mal, dass sie die Worte vor jemandem laut aussprach. Sie schmeckten bitter. »Ich kann das nicht.«
    Meister Kit zog den Arm zurück, ließ ihr aber seinen rauen, billigen Umhang. Ein paar der vorbeigehenden Leute starrten sie an, aber die meisten beachteten sie nicht. Die Haut des alten Schauspielers roch wie ein Gewürzladen. Cithrin wollte sich dort auf den kalten Steinstufen zusammenrollen, schlafen und nie wieder erwachen.
    »Du kannst«, sagte Meister Kit.
    »Nein, ich …«
    »Cithrin, halt. Hör auf meine Stimme«, sagte Meister Kit.
    Cithrin wandte sich um. Er wirkte älter, als sie ihn in Erinnerung hatte, und sie brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass es daran lag, dass er nicht lächelte, nicht einmal in den Augenwinkeln. Unter seinen Augen waren Tränensäcke, seine Backen hingen herab, und die Bartstoppeln waren eher weiß als schwarz. Cithrin wartete.
    »Du kannst das«, sagte er. »Nein, hör mir einfach zu. Du kannst das.«
    »Ihr meint, Ihr glaubt, dass ich es kann«, erwiderte sie. »Oder Ihr erwartet, dass ich es schaffen werde.«
    »Nein. Ich habe gemeint, was ich gesagt habe. Du kannst das. «
    Weit hinten in Cithrins Verstand bewegte sich etwas. Etwas in ihrem Blut veränderte sich, wie die Oberfläche eines Teichs, auf der Wellen entstanden, wenn ein Fisch zu dicht darunter vorbeischwamm. Der überwältigende Kummer war noch da, die Angst, dass sie scheitern würde, das Gefühl, der Gnade einer wilden und grausamen Welt ausgeliefert zu sein. Nichts davon ging weg. Es kam nur noch etwas anderes hinzu. Kaum heller als ein Glühwürmchen in der Dunkelheit ihres Verstandes, entstand ein neuer Gedanke: vielleicht.
    Cithrin rieb sich

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