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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Wie oft hatte er das Gerede gehört, dass Vanai ein kleiner Stein war, der in einem viel größeren Spiel eingesetzt wurde? Und er hatte es bis jetzt nicht verstanden.
    Erstens: Sosehr es auch schmerzte, das zuzugeben, Geder war in keiner Hinsicht dafür gerüstet, eine Stadt zu verwalten.
    Zweitens: Ternigan hatte ihn als Herrscher eingesetzt.
    Drittens: Ternigan war kein Narr.
    Daher wollte Ternigan – aus welchen Gründen und aufgrund welcher widerstreitenden Loyalitäten auch immer –, dass Vanai dem Chaos anheimfiel. Geder war ein geeignetes Opfer.
    Als er lächelte, öffnete sich die Verletzung an seiner Lippe wieder. Als er lachte, blutete sie.
    Eure Majestät , begann der Brief, in meiner Eigenschaft als Protektor von Vanai bin ich zu dem Schluss gezwungen worden, dass das weitere politische Umfeld bei Hofe eine langfristige Herrschaft über die Stadt unmöglich macht.
    Geder ließ den Blick noch einmal über die Seite schweifen. Er hatte im Laufe der Nacht ein halbes Dutzend Fassungen geschrieben. Manche waren zornige Romane gewesen, andere kriecherische Entschuldigungen. Die Ausgestaltung, die er schließlich übernommen hatte, war einem Brief nachempfunden, den Marras Toca vor einigen Jahrhunderten an den König von Hallskar geschickt hatte. Der vollständige Text war in einem seiner Bücher wiedergegeben, und seine Rhetorik war sowohl bewegend als auch einfach gehalten. Geder hatte genug geändert, um sein Gewissen von jedem Hauch des Plagiierens freizuhalten, und doch blitzte die Struktur des Originals dahinter auf. Geder vernähte den Brief, beschrieb die Außenseite und drückte sein Amtssiegel in das purpurfarbene Wachs. Das Traktat mit Marras Tocas Brief lag auf dem Tisch, und Geder blätterte es noch einmal durch, mit einem leichteren Herzen als in all den Wochen zuvor. Er fand die Seite, die er suchte, und hielt inne, um den bedeutsamen Satz zu unterstreichen.
    … die Zerstörung von Aastapal wurde als taktisches Manöver von Inys in die Wege geleitet, um es Morades Herrschaft zu entziehen …
    Die Anmerkung in seiner eigenen Handschrift zog seinen Blick auf sich. Die Kreise beobachten, um herauszufinden, wo der Stein hineingefallen ist.
    Oh ja. Sobald er wieder in Camnipol war, würde er dafür Zeit haben. Alan Klin mochte nicht klar sein, dass er sein Amt als Protektor durch Verrat verloren hatte. Geder dagegen war sich dessen vollkommen bewusst, und er goss seinen Groll in Eisen. Er würde Ternigans Entscheidung und alles, was dahinterstand, offenlegen. Aber das würde später kommen.
    Die Nacht war eine Qual gewesen. Lange, dunkle Stunden mit dem ununterbrochenen Trommelschlag in seinem Verstand, um ihm einzutrichtern, wie er benutzt worden war. Wie er zum Scheitern geschaffen worden war und was der Preis sein würde. Er hatte geweint, und er hatte gezürnt. Er hatte in seinen Büchern, den Berichten seiner Männer und in der Geschichtsschreibung von Vanai gelesen. Kurz hatte er sogar geschlafen.
    »Mein Lord«, sagte sein Knappe. »Ihr habt mich gerufen?«
    »Ja«, antwortete Geder und stand auf. »Es gibt drei Sachen. Erstens, nimm diesen Brief und such den schnellsten Reiter, den wir haben. Ich will ihn so bald wie möglich in Camnipol wissen.«
    »Ja, mein Lord.«
    »Zweitens, nimm diese Börse hier. Du kennst den Gelehrten, mit dem ich gearbeitet habe? Kauf alle Bücher, die er hat. Dann bring sie hierher zurück und packe sie mit meinen Sachen ein. Wir werden Vanai verlassen, und ich werde sie mitnehmen.«
    »Verlassen, mein Lord?«
    »Drittens, übermittle meinen Sekretären eine Nachricht. Ich werde mich in einer Stunde mit ihnen treffen. Jeden Mann, der zu spät kommt, lasse ich auspeitschen. Sag ihnen das. Auspeitschen und Salz in die Wunden streuen.«
    »J…ja mein Lord.«
    Geder lächelte, und inzwischen tat es weniger weh. Sein Knappe duckte sich zu einer kurzen Verbeugung und huschte hinaus. Gähnend streckte sich Geder und verließ seine Gemächer im Palast des Fürsten von Vanai zum letzten Mal. Sein Schritt war beschwingt, seine Laune ungetrübt von der ruhelosen Nacht. Die Luft roch nach der zarten Verheißung des Frühlings, und das dünne Morgenlicht ergoss sich über die Steine, auf denen am Tag zuvor die Aufständischen gestanden hatten. Am gegenüberliegenden Rand des Platzes hatte ein mutiger Einheimischer ein Abbild von Geder aufgehängt. Die Attrappe hatte einen riesigen Bauch, einen schwarzen Mantel, der seinen nachahmte, und auf dem Kopf aus einem vertrockneten

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