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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Blut vom Gesicht zu waschen.
    Nach einer Weile, die sich wie Stunden anfühlte und wahrscheinlich nur Minuten währte, ebbten die Geräusche der Gewalt ab. Als die Stille lang genug gedauert hatte, gab er den Sklaven einen Wink. Die Tore wurden entriegelt, und Geder spähte hinaus. Nur noch anteanische Soldaten standen jetzt auf dem Platz. Fünf Leichen lagen am Fuß der Palaststufen, und ihr Blut leuchtete in der Mittagssonne. Die Bogenschützen hielten die Stellung, hatten Pfeile an die Sehnen gelegt, aber die Bögen nicht gespannt. Jorey Kalliam stand in der Mitte des Platzes, ein halbes Dutzend Schwertkämpfer um sich herum. Geder konnte den abgehackten Rhythmus der Silben seiner Befehle hören, ohne zu verstehen, was genau er sagte. Geder wandte sich ab und ging hinauf zu seinen Privatgemächern. Jemand hatte es geschafft, einen Stein so hoch emporzuschleudern, dass eines der Fenster zerschmettert worden war. Die Splitter glitzerten im Sonnenlicht.
    So hätten die Dinge nicht laufen sollen. Er hatte die Gelegenheit bekommen, sich einen Namen zu machen, und er scheiterte daran. Er verstand nicht einmal, wodurch er scheiterte, nur dass jede Entscheidung, die er traf, zwei weitere Probleme hervorbrachte, die jeweils doppelt so schlimm wie das erste waren. Er wusste, dass ihn die Soldaten nicht respektierten. Dass die Bürger der Stadt ihn verabscheuten. Er selbst wusste zu wenig darüber, wie man eine Stadt verwaltete, die so vielschichtig war wie Vanai, und er hatte nicht genug Verbündete, die es für ihn tun konnten. Er wollte, dass Ternigan ihn nach Hause rief, wie er es bei Klin getan hatte. Rechenschaft ablegen zu müssen – sogar verurteilt zu werden – wäre besser, als hierzubleiben.
    Natürlich abgesehen davon, dass er die Enttäuschung auf dem Gesicht seines Vaters bereits sehen konnte. Die unaufrichtig plumpen, tröstenden Worte hören. Du hast dein Bestes getan, mein Junge. Ich bin trotzdem stolz auf dich. In seiner Vorstellung versuchte sein Vater Geder die Schande des Scheiterns zu ersparen. Alles wäre besser als das. Durch die Hände des zornigen Gesindels zu sterben wäre besser. Geders eigene Erniedrigungen schmerzten, aber er konnte sie ertragen. Zu sehen, wie auch sein Vater erniedrigt wurde, wäre zu viel. Es musste einen Weg geben. Es musste .
    Eine Dienerin kam mit einem Besen und einer Schaufel und beseitigte das zerbrochene Glas. Geder blickte sie kaum an. Die Luft, die durch die zerbrochene Scheibe hereinsickerte, war eisig, aber er ließ niemanden kommen, um das Fenster zu reparieren. Er hatte seinen Ledermantel an. Ihm war warm genug. Und wenn nicht, spielte es kaum eine Rolle.
    Das Licht wanderte an der Wand entlang, wurde rot, als die Sonne ihren Bogen vollendete. Ein Erstgeborener kam herein, zögerte und entzündete dann das Feuer im Rost. Geders Beine schmerzten, aber er bewegte sich nicht. Der gleiche Mann kehrte wenig später mit einem Stück Leder zurück, das er über dem zerbrochenen Fenster befestigte. Im Raum wurde es dunkler.
    Es war ungerecht, dass nicht Ternigan den Preis für all das bezahlen würde. Er war derjenige, der Geder den Befehl übergeben hatte, ohne ihn anzuleiten oder ihm treue Männer zur Seite zu stellen, die ihn unterstützten. Wenn jemand vom Stand der Dinge in Vanai beschämt zu werden verdiente, dann war es der Lordmarschall. Aber das würde natürlich nie geschehen. Denn wenn man Ternigan vorwerfen konnte, dass er Vertrauen in Geder gehabt hatte, dann würde man auch König Simeon vorwerfen können, dass er Ternigan den Befehl überlassen hatte. Nein, diese Schuld würde Geder tragen müssen, und Geder allein.
    Dennoch konnte er sich nicht vorstellen, was Ternigan sich gedacht haben mochte. Jeder war von der Ernennung verblüfft gewesen. Sogar Geder selbst hatte Jorey Kalliams Einblick gebraucht, um einen glaubwürdigen Grund für seinen Aufstieg zu finden. Niemand hatte die Wahl für klug gehalten. Die einzigen beiden, die überhaupt auch nur daran geglaubt hatten, waren Geder und Lord Ternigan. Sie waren die einzigen beiden Männer, die es für möglich gehalten hatten, und selbst dann …
    Oder vielleicht auch nicht. Was, wenn es niemand für möglich gehalten hatte? Nicht einmal am Anfang.
    »Oh«, sagte Geder in das leere Zimmer hinein.
    Als er sich umwandte, gaben seine Knie nach. Er hatte zu lange still dagestanden. Er humpelte zu dem Sofa, das dem Feuer am nächsten war, und seine Gedanken drehten und wendeten das Problem ohne sein Zutun.

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