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Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition)

Titel: Dolch und Münze (01): Das Drachenschwert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Hanover
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Gebäudes, aber sie konnte dort die Stiefmütterchen und Veilchen ziehen, die in den Hügeln von Osterling wuchsen. Diese Erinnerung an die Heimat brachte ihr während der Zeiträume, die sie in Camnipol weilten, etwas mehr Zufriedenheit, und sie sorgte dafür, dass das Haus den ganzen Winter lang nach Veilchen duftete. Jetzt saß sie in einem Sessel neben einem kleinen Schreibtisch, und die Tische mit den dunklen Blüten waren um sie herum aufgereiht wie Soldaten bei einer Parade. Sie blickte beim Klang seiner Schritte auf und lächelte.
    Clara war immer vollkommen gewesen. Wenn auch die Jahre ein wenig die Röte aus ihren Wangen genommen hatten, wenn auch ihr schwarzes Haar von Weiß durchzogen war, so konnte er doch noch das Mädchen sehen, das sie gewesen war. Es hatte ausgesuchtere Schönheiten und elegantere Poetinnen gegeben, als Dawsons Vater den Schoß ausgewählt hatte, der seine Enkelkinder austragen sollte. Aber er hatte stattdessen Clara genommen, und Dawson hatte die Weisheit jener Wahl sofort zu schätzen gewusst. Sie hatte ein gutes Herz. Sie mochte in allen anderen Belangen ein Vorbild an Tugend sein, aber wenn sie nicht gut gewesen wäre, wären jene anderen Tugenden zu Asche geworden. Dawson beugte sich hinab, um sie auf die Lippen zu küssen, wie er es immer tat. Es war ein Ritual, genauso wie das Ablehnen der Hilfe des Dieners und das Kraulen der Hundeohren. Es verlieh dem Leben Bedeutung.
    »Wir haben Nachricht von Jorey?«, fragte er.
    »Ja«, sagte sie. »Es geht ihm gut. Er verbringt eine wunderbare Zeit auf dem Feldzug. Sein Hauptmann ist Adria Klins Junge Alan. Er sagt, dass sie sich recht gut verstehen.«
    Dawson lehnte sich mit verschränkten Armen an einen der Blumentische. Das Stechen in seinem Magen verschlimmerte sich. Klin. Noch einer aus Feldin Maas’ Kabale. Als der König Jorey diesem Mann unterstellt hatte, hatte es sich angefühlt wie ein Knochensplitter im Hals, und es stieg nach wie vor ein Anflug von Zorn in ihm auf, wenn er daran dachte.
    »Oh, und er sagt, dass er mit Geder Palliako seinen Dienst verrichtet, aber das kann doch nicht stimmen, oder? Ist das nicht der merkwürdige kleine dickliche Mann mit der Begeisterung für Karten und komische Gedichte?«
    »Du denkst an Lerer Palliako. Geder ist sein Sohn.«
    »Oh«, sagte Clara und winkte ab. »Das ergibt schon mehr Sinn, denn ich konnte mir nicht vorstellen, dass er in seinem Alter noch einmal einen Feldzug mitmacht. Ich denke, darüber sind wir alle hinaus. Und dann hat uns Jorey noch einen langen Text über Pferde und Pflaumen geschrieben, der bestimmt eine verschlüsselte Botschaft an dich darstellt, aus der ich allerdings nicht schlau werden konnte.« Nachdem sie einen Moment lang die Falten ihres Kleides durchstöbert hatte, hielt sie ihm den gefalteten Brief hin. »Hast du deinen kleinen Kampf gewonnen?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Und hat dieser schreckliche Mann sich entschuldigt?«
    »Noch viel besser, Liebes. Er hat verloren.«
    Joreys Schrift war über die Seiten gestrichelt wie eine wohlgeordnete Vogelspur, ordentlich und schlampig zugleich. Dawson überflog die ersten Absätze. Ein paar grobe Kommentare zu den Anstrengungen des Marsches, eine spitzbübische Bemerkung über Alan Klin, die Clara entweder nicht erkannt oder absichtlich missverstanden hatte, ein kurzer Abschnitt über den jungen Palliako, der offenbar so etwas wie die Witzfigur des Trupps war. Und dann der wichtige Teil. Er las ihn mit Bedacht, analysierte jeden Satz, suchte die Worte heraus, die er und sein Sohn gewählt hatten, um gewisse Schlüsselfiguren und Strategeme darzustellen. Es gibt dieses Jahr keine Pflaumen beim Fallobst. Was bedeutete, dass Sir Klin nicht der Schützling von Lord Ternigan war. Klin hielt sich an seine Befehle, weil Lord Ternigan der Marschall der Armee war und nicht aufgrund irgendeines gesonderten politischen Bündnisses. Das war ein brauchbarer Hinweis. Mein eigenes Pferd läuft stark Gefahr, auf der rechten Seite ein Humpeln zu entwickeln. Pferd, nicht Tier. Rechte Seite, nicht links. Also war man dafür, dass Klins Kompanie im eroberten Vanai blieb, mit Klin selbst als vorübergehendem Statthalter. Ternigan hatte nicht vor, die Herrschaft über die Stadt selbst zu übernehmen. Umso wichtiger war es dann, dass die Armee aufgehalten wurde.
    Nur aufgehalten , natürlich. Nicht scheiterte . Scheitern niemals. Alles würde bereit sein, wenn Ternigans Streitkräfte den Sieg nur für ein paar Monate aufschieben

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