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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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jugendliche Geilheit, war zwar nach wie vor da, aber wenn es denn sein mußte, würde ich schon noch eine weitere Nacht allein schlafen können. Mit einem Mal fielen einzelne dicke, große Regentropfen herab, die wie Murmeln auf dem staubigen Pflaster aufschlugen. Ich hielt ein Taxi an, das mich zum Hotel zurückbrachte. Als ich unter der Dusche stand, brach endlich das Gewitter los.

3
    Mit donnerndem Getöse fiel der riesige Baum um, seine dicken Äste zerbrachen unter dem Gewicht des Stammes wie Streichhölzchen. So oft ich das nun schon gesehen hatte, erschrak ich doch jedesmal wieder über das Geräusch, mit dem das einherging. Diesmal so sehr, daß ich aus dem Schlaf hochfuhr.
    Ich versuchte die Augen zu öffnen, aber meine Lider waren steif und verquollen. Blind tastete ich um mich herum und fand über meinem Kopf eine Kordel, an der ich zog. Ein Vorhang öffnete sich, und gleißendes Morgenlicht fiel ins Zimmer. Blinzelnd schaute ich mich um. Auf einem Stuhl neben meinem Bett lag ein Stoß niederländischer Zeitungen. Langsam dämmerte mir, daß ich mich in einem Hotelzimmer in Amsterdam befinden mußte. Ich schaute auf meine Armbanduhr, es war halb acht. Plötzlich klopfte es an der Tür.
    Obwohl, plötzlich... Wahrscheinlich hatte mich das Klopfen geweckt. Ich tauchte unter die Bettdecke zurück und fragte: »Ja?«
    Die Stimme einer älteren Frau antwortete unterwürfig: »Ihr Frühstück, Mijnheer. Ich kann nicht rein, die Tür ist abgeschlossen.«
    »Stellen Sie es einfach auf dem Flur ab, ich hole es mir dann schon selbst.« Ich konnte doch einer Wildfremden nicht den Anblick meines nackten Körpers zumuten. Ich hörte, wie etwas vorsichtig auf dem Boden abgestellt wurde, wie jemand davonschlurfte und wie der Aufzug ächzend wieder nach unten fuhr. Alles und jeder in diesem Hotel war alt, das stand fest.
    Ich schlug die Decke zurück und schaute aus dem Fenster. Über der Gracht hing ein zarter Nebelschleier. Die Sonne stand noch hinter den gegenüberliegenden Häusern, wie Pfeile schossen ihre grünlichen Strahlen über die Dächer. Mein Frühstückstand auf einem Tablett auf dem Fußboden, neben meinen von kundiger Hand spiegelblank geputzten Holzhackerschuhen. Ich frühstückte im Bett, ein Luxus, den ich mir seit Jahren nicht mehr hatte erlauben können. Der Kaffee war glühend heiß und pechschwarz, der Orangensaft herrlich kalt. Die Eier waren genau richtig und vom Speck schön gesalzen, der Toast war fast so perfekt wie in England. Es hätte mich nicht gewundert, wenn der alte Sherryexperte persönlich das Frühstück zubereitet hatte. Nachdem ich sechs Tassen Kaffee getrunken, die Eier vertilgt und auch das Glas Orangensaft geleert hatte, griff ich zum Telefonhörer.
    »Ja?« fragte die knarrende Stimme des alten Herrn, der bereits wieder auf seinem Posten war. Ich gab ihm Annettes Telefonnummer, die eigentlich meine eigene war, und er verband. Es klickte kurz, dann hörte ich den Klingelton am anderen Ende der Leitung. Komischerweise war ich ein bißchen nervös und mußte ein paarmal schlucken. Es dauerte ziemlich lange, bis jemand ranging, erst nach achtmal Läuten oder so.
    »Hallo?« sagte eine träge, verschlafene Stimme.
    »Annette?«
    »Ja?« Sie tat, als wüßte sie nicht, mit wem sie sprach, aber ich war mir sicher, daß sie meine Stimme sofort erkannt hatte. »Hier Sid.«
    »...Oh...Sid, du bist wieder da? Wie schön...«
    Was sollte sie auch sonst sagen? Ich beschloß, ihr weitere Mühen zu ersparen. »Hast du noch geschlafen?«
    »Nein, nein.«
    Ich hörte ihrer Stimme an, daß sie log. Es war von jeher so gewesen, daß sie als energiegeladener Mensch gelten wollte und daher nach außen hin so tat, als würde sie immer früh aufstehen. Aber ich wußte es besser. »Hör zu, ich komme gleich bei dir vorbei, um meine Klamotten zu holen.«
    KurzePause. »Oh, gut, Schatz. Wann genau?«
    »In einer halben Stunde.«
    »Fein. Kaffee oder Tee?«
    »Gern Sherry.« Ich legte grinsend auf. Ihrer Stimme nach zu urteilen, war sie noch nervöser gewesen als ich.
    Ich ging unter die Dusche, erst glühend heiß, dann eiskalt. Welcher Luxus! Dann rasierte ich mich und zog mich an. Die Holzhackerkluft konnte ich nicht mehr sehen. Als ich schon die Zimmertür hinter mir abschließen wollte, fiel mir zum erstenmal wieder mein ungelegener Besuch bei Jeanette ein. Ich dachte daran, wie herausfordernd sie in ihrem weißen Bademantel vor mir gestanden hatte, die Hände in den Seiten, dieses betrübte

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