Dollars
Kaffeekanne und einen Blechbecher vor mich auf den Boden und sagte: »Trink.«
So gut es mit den gefesselten Händen ging, schenkte ich mir Kaffee ein und führte den Becher zum Mund. Der Kaffee war köstlich, bitter und heiß und durchströmte meinen Körper wie Alkohol. »Gut«, sagte ich mit heiserer Stimme, als hätte ich zuviel geschrien.
»Buono, eh?« erwiderte er. Er trug einen taillierten schwarzen Doppelreiher von exzellentem Schnitt. Auf seiner schwarzen Krawatteprangte eine Perle, ein modisches Accessoire, das mir gefiel.
Könnte ich auch mal machen, dachte ich. Erst nach dem zweiten Kaffee dämmerte mir, daß ich dazu womöglich keine Gelegenheit mehr haben würde. Als ich mir einen dritten einschenkte, trat der Italiener den Becher um, so daß mir der heiße Kaffee über den Anzug und ins Gesicht schwappte.
»Basta.«
Ich zuckte die Achseln und blieb dumpf hocken. Meine grauen Zellen funktionierten inzwischen wieder mehr oder weniger normal, und mein Körper schien auch wieder etwas auf Temperatur zu kommen, obwohl ich immer noch steif wie ein Brett war. Aber um Zeit zu gewinnen, stellte ich mich noch k.o.
»Du reden. Du mir viel zu erzählen.«
Sein Kauderwelsch nervte mich, aber ich hatte keine Lust, ihm mit meinem Italienisch entgegenzukommen.
»Steh auf.«
Ich gehorchte. Aber es ging ihm nicht schnell genug, und wieder fing ich mir wieder einen Tritt ein.
»Laß das«, zischte ich, »ich bin noch total steif. Wenn du das noch mal machst, sag’ ich überhaupt nichts mehr.«
»Eh?«
»Leck mich. Ich muß aufs Klo.«
»Eh?«
»WC. Ich muß pinkeln. Mir platzt die Blase.« Das war nicht gelogen. »Ich kann so nicht reden. Ich so nicht können reden. Pinkeln. Pißpiß.«
»Ah, Pipi?« Er lachte.
»Ja, Pipi.«
Er nickte, was das betrifft, sind Italiener sehr feinfühlig, und zeigte auf den Gang hinaus. »Va bene, aiora, WC.«
Esist nicht lustig, mit gefesselten Händen und Füßen wie ein Frosch zum Klo hüpfen zu müssen, sondern ziemlich demütigend. Ich hörte ihn hinter mir lachen. Wenn er mich jetzt bloß nicht wieder tritt, dachte ich. Aber auf die Idee kam er zum Glück nicht.
Ich hüpfte wieder zurück. Er nahm vom Flur zwei Stühle mit rein, die er einander gegenüber aufstellte, einen an die Wand, den anderen in die Mitte des Raums. Er zeigte auf den Stuhl an der Wand und sagte: »Sitz.«
Ich setzte mich. Er nahm auf dem anderen Stuhl Platz, schlug behaglich die Beine übereinander und zog eine große schwarze Pistole aus der Innentasche seines Jacketts. Er hielt sie in die Höhe. » Bella, eh? Schön.« Dann zog er aus einer anderen Tasche einen Schalldämpfer hervor und schraubte ihn mit bedachten Griffen auf den Lauf. Zufrieden begutachtete er das Resultat, richtete danach den bedrohlich großen, schwarzen Lauf auf meine Stirn und sagte: »Okay. Wir reden.«
Das Spiel ging los. Ich war ein bißchen nervös, wie ein Schauspieler kurz vor einer Premiere.
»Wo isse Buch?«
»Welches Buch?«
»Buch von Jeanette«, sagte er geduldig.
»Ich weiß von nichts.«
»Nein?«
»Nein, wirklich nicht.«
» Eh. Wasse du gemacht in Flugzeug?«
»Das wollte ich dich auch schon fragen.«
»Du nichts fragen, du schweigen.«
»Gut, dann sag’ ich nichts mehr.«
»Wo isse Buch?«
»Ich sollte doch schweigen.«
» Figlio di un cane , wir wissen, du haste Buch.«
»Welches Buch denn zum Teufel, ich weiß von nichts. Laß mich gehen. Was willst du von mir?« Ich markierte das Kind, das sich fürchtet. »Ich hab’ dein Buch nicht. Wenn ich es hätte, würde ich es dir doch geben. Frag Jeanette. Die muß es doch wissen...« Ich verstummte abrupt, denn er hob seine Pistole und schoß. Es klang wie ein heiseres Räuspern. Die Kugel schlug mit einem Plopp in der Wand dicht neben meinem Ohr ein. Mir spritzte der Putz ins Gesicht. Auch nicht lustig. Er schaute neugierig zu, wie ich reagierte. Ich schaute zurück.
»Nächste Mal du tot«, sagte er, während er die Pistole wieder sinken ließ.
»Damit bekommst du dein Buch auch nicht wieder.«
»Du wolle tot?« fragte er mit übertrieben gespielter Ungläubigkeit.
»Läßt du mich denn frei, wenn ich dir das Buch gebe?« »Natürlich«, er nickte heftig.
»Hast du denn keine Angst, daß ich zur Polizei gehe?« »Nein, sonste: pch...«, er tat, als würde er sich die Kehle durchschneiden, und deutete dann auf mich.
»Wie Jeanette?«
Zur Antwort hob er erneut die Pistole. »Wo isse Buch?« »Ich habe es
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