Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
Vom Netzwerk:
eiskaltem Wasser.
    Dann Starre – mein Körper war wie aus Holz oder Eisen oder Eis.
    Und erst dann kam der Schmerz. Weit weg, irgendwo dort, wo mein Kopf sein mußte. Hinter meinen Augen. Es war ein wohliger Schmerz. Ein Schmerz, der Wärme spendete, der wie ein Feuer um sich griff, dort, wo mein Kopf sein mußte, und schließlich meine Augen erreichte. Er zwang mich, sie zu öffnen. Ich sah nichts. Oder doch, ich sah Schwärze. In der Eiseskälte, in der ich mich befand, war es schwarz.
    Dann hörte ich ein Geräusch. Ein Rauschen, ein gleichmäßiges Rauschen, und in dieses Rauschen mischte sich ein Pochen, ein schweres, dumpfes, dröhnendes Pochen, das mir in den Ohren wehtat und durch meinen ganzen Körper vibrierte.
    Lange lag ich so da und versuchte, festzustellen, was das für ein Rauschen und Pochen sein konnte, bis ich endlich begriff, daß es meine Atmung und mein Herzschlag waren. Da wußte ich, daß ich wach war. Ich versuchte, mich aufzusetzen, aber ich lag auf dem Bauch und war mit Handschellen an Händen und Füßen gefesselt. Als ich mich auf die Seite rollen wollte, merkte ich, daß ich in einer Wasserlache lag. Meine Kleider waren klitschnaß.
    Je weniger ich mich bewegte, desto weniger spürte ich Nässe und Kälte, aber desto lauter hörte ich das Rauschen und das schmerzhafte Pochen. Ich versuchte, einen goldenen Mittelweg zu finden und nur wohldosierte, vorsichtige kleine Bewegungen zu machen, doch das wollte mir nicht so recht gelingen.
    Endlichhörte ich auch andere Geräusche. Jemand schien eine Treppe heraufzukommen und danach eine Tür zu öffnen. Die Schwärze riß auf, und in Höhe meiner Augen bildete sich ein Streifen Licht, Licht, das unter einer Tür hervorschien. Schritte hallten vorüber und entfernten sich. Danach war aus einem angrenzenden Raum ein Poltern zu hören, als fielen schwere Gegenstände auf einen unterhöhlten Boden. Und dann endlich hörte ich Stimmen.
    Es schienen zwei zu sein, eine höhere und eine tiefere. Die tiefere Stimme stellte in ungeduldigem Ton Fragen, und die höhere Stimme antwortete. Mal zögernd und ausweichend, mal rascher und entschiedener. Dann war es wieder kurz still, bis die tiefere Stimme erneut einsetzte und die höhere Stimme folgte.
    Sie klangen wie zwei Mücken, die einen Schlafenden umschwirrten, aber noch nicht zustechen wollten. Nach etwa zehn Minuten wurden wieder Türen geöffnet und geschlossen, wieder hallten Schritte an meiner Tür vorüber, und ich hörte jemanden die Treppe hinuntergehen. Ich dachte, es würde jetzt wieder still werden, aber stattdessen kam jemand zu mir herein und machte das Licht an.
    Ich stellte mich bewußtlos, das erschien mir sicherer. Aber der Jemand verpaßte mir einen Tritt in die Rippen, und ich jaulte auf. Daraufhin schüttete er einen Eimer Wasser über mich aus. Ich hob den Kopf und schüttelte mich wie ein nasser Hund. Dann rappelte ich mich auf die Knie hoch und versuchte, mich hinzusetzen. Zum Dank bekam ich noch einen Tritt in die Rippen. Ganz vorsichtig öffnete ich die Augen, die von dem grellen Lampenlicht sofort zu tränen begannen, und durch die Tränen hindurch sah ich den italienischen Schwager dastehen. Er hatte eine Zigarette zwischen den Lippen und einen kleinen Emailleeimer in der Hand. Er nickte mir zu und sagte: »Na endlich.«
    Ersprach also Niederländisch. Ich ließ den Kopf auf meine Knie sinken und stöhnte: »Aaee.«
    »Was?« Mit einem seiner blankgeputzten Schuhe hob er mein Kinn an und fragte noch mal: »Che dice il bambino?« »Aawee«, wiederholte ich, »Kaawee.«
    »Ah, du wolle Kaffee. Non c’è ristorante qui. Äh, keine Ristorante.«
    »Kanni schpresche«, brabbelte ich.
    Er grinste, falls man seine Grimasse so interpretieren konnte, unterzog mich einem prüfenden Blick und entschied sich mit einem »bene« dafür, das Gewünschte zu holen. Er ließ die Tür offen und das Licht an.
    Als er weg war, schaute ich mich um. Ich befand mich in einem völlig leeren Raum. Vor den Fenstern hingen Vorhänge, und von der Decke baumelte eine Glühbirne herab, das war alles. Der verwahrloste Parkettboden war mit Zigarettenkippen und Apfelsinenschalen übersät. Es müffelte nach abgestandener Luft und Müll. Mein Anzug hatte mehrere Risse, und mein Oberhemd war voller Blutflecken. Ich war völlig durchnäßt.
    Noch bevor er wieder hereinkam, roch ich den Kaffee, dieses Aroma von starkem, schwarzem Espresso, das in Italien aus jedem Café auf die Straße zieht. Er stellte eine

Weitere Kostenlose Bücher