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Dollars

Dollars

Titel: Dollars Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerben Hellinga
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Knobeln mit Streichhölzern. Mit irgendwas mußte sich der Mensch doch schließlich beschäftigen.
    Der Kahle Kees also hatte mir gesagt, daß ich ihn, falls ich ihn mal brauchen sollte, jederzeit in diesem Café am Waterlooplein erreichen könne. Und er war auch tatsächlich da. Er knobelte gerade, als ich zur Tür hereinkam. Ich hob schweigend vier Finger, er sagte »Vier« und gewann. Wir gaben uns die Hand, und er bestellte zwei Pils.
    Wir tauschten uns kurz aus, wie es uns so ging. Seine Frau war gestorben, und er war von der Theosophie zum Spiritismus übergegangen. Er habe schon interessante Ergebnisse erzielt, sagte er. Ich müsse ihm versprechen, mal mit zu einer Séance zu kommen.
    Nach den Präliminarien wollte er wissen, ob mein Kommen einen bestimmten Grund habe. Ich gab ihm das Notizbuch, das ich zu einem kleinen Päckchen verschnürt hatte, und bat ihn, es in seinem Lager für mich aufzubewahren, bis ich es zurückverlangenwürde. Bevor er das Päckchen in die Tasche steckte, ließ ich ihn noch versprechen, es niemals, unter keinen Umständen einem anderen als mir persönlich auszuhändigen. Auch nicht, wenn der es in meinem Namen abholen wollte. Nicht einmal, wenn er eine von mir unterschriebene Erklärung vorlegte. Und wenn ich nicht mehr auftauchen sollte, um es abzuholen, müsse er es eben bei der Polizei abliefern, sagte ich lachend. Er begriff, daß es nichts zu fragen gab, und sagte nur: »Wenn du in der Bredouille bist, sag mir Bescheid.«
     
    Peter war dick geworden. Und während des Essens wurde mir auch klar, warum. Er aß für drei. Dabei schwitzte er wie blöd. Annette lief den ganzen Abend mit panischem Blick herum, zumal als er sie in meiner Gegenwart umarmte und küßte. Sie hatte ein köstliches Mahl zubereitet, aber das schwere Mittagessen und der Umstand, daß Peter unappetitlich schmatzte und dauernd aufstoßen mußte, verdarben mir den Appetit. Um nicht unhöflich zu sein, tat ich dennoch mein Bestes und würgte soviel wie möglich hinunter. Der Kaffee nach dem Essen verschaffte zwar ein wenig Erleichterung, aber erst nach ein paar Alka Seltzer konnte ich mich zögernd an den Whiskey wagen.
    Wir saßen in meinen Sesseln und hörten meine Platten, und Peter führte das große Wort. Davon, wie erwachsene Menschen über die Situation zu sprechen, wie Annette vorgeschlagen hatte, konnte allerdings keine Rede sein. War auch schwer möglich, denn Peter war im Nu sternhagelvoll und prahlte lallend mit den großen Projekten, an denen er arbeitete. Gegen Mitternacht, nachdem Annette und ich den halben Abend stumm dagesessen hatten und ich keinen Whiskey mehr sehen konnte, hielt ich es für an der Zeit zu gehen. Peter blieb allein im Zimmer zurück – er konnte sich kaum noch auf den Beinenhalten und brabbelte nur noch in sich hinein –, während Annette mich hinausbegleitete. Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen.
    Wenn ich jetzt irgendeine ironische Bemerkung gemacht hätte, so was wie »ihr paßt wirklich gut zusammen« oder »ihr scheint ja wirklich sehr glücklich zu sein«, wäre sie mit Sicherheit ausgerastet. Da tat ich lieber so, als hätte ich auch zuviel getrunken, ein bißchen beschwipst war ich ja auch, brummte was von sehr gemütlich, sehr lecker und wankte die Treppe hinunter.
    Vielleicht hatte Annette ja erwartet, daß ich noch versuchen würde, sie zu küssen, aber ich lasse prinzipiell die Finger von den Frauen meiner Freunde, und außerdem interessierte sie mich nicht mehr. Ich hatte den ganzen Abend an Jeanette denken müssen.
    Die frische Luft draußen haute mich um, ich war plötzlich völlig benebelt. Man merkt mir das zwar meistens nicht so an, ich kann noch einigermaßen geradeausgehen und so, aber meine Reaktionsfähigkeit ist dann verlangsamt, und ich rede immer laut mit mir selbst.
    Nach einigen langen Monologen und einem kleinen Umweg gelangte ich endlich zur Leidsegracht. Es war ziemlich finster dort, denn ein Teil der Straßenbeleuchtung war ausgefallen. Plötzlich kam hinter mir ein Auto um die Ecke gefahren, das mit quietschenden Reifen direkt neben mir hielt. Ich erinnere mich noch genau, daß ich mich fluchend zur Seite drehte und den Fahrer anmachen wollte. Ich meine mich auch noch zu erinnern, daß mich irgendwas Hartes am Hinterkopf traf. Aber daß ich in den Wagen gezerrt wurde, hab’ ich schon nicht mehr mitbekommen.

6
    Kälte. Als erstes verspürte ich Kälte.
    Danach Nässe – ich lag im Wasser, oder vielleicht auch unter Wasser,

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