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Dollbohrer!

Dollbohrer!

Titel: Dollbohrer! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hendrik Nachtsheim
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unfreundlich an. Denn auch wenn es für einen Sanitäter eigentlich unergiebig war, nur die Zeit abzusitzen, hatte er sich dennoch gerade so langsam daran gewöhnt. Ganz abgesehen davon, dass dies heute die letzte Veranstaltung im Zelt nebenan war und er morgen wieder nach Hause reisen würde.
    »Was gibt’s denn?«, fragte er unwirsch.
    Worauf ihm der Bayer den Rücken zukehrte.
    »Des do!«
    Reno staunte nicht schlecht, denn rechts oben, im Bereich des rechten Schulterblattes, steckte ein großes, langes Holzteil. Reno hatte in seinen Jahren als Sanitäter schon einiges gesehen, aber das hier war neu. Fassungslos starrte er auf das Holz. Der Mann drehte sich nun wieder um und schaute den jungen, dicken Mann in den roten Hosen und dem weißen Polohemd mit dem DRK -Logo auf der Brust fragend an.
    »Un … wos machn mia?«
    Jetzt war es Reno, der fragend schaute.
    »Weiß nicht … was is das denn überhaupt?«
    »I konn es ja ned sehn!«
    So ganz langsam löste sich Renos erste Schockstarre. Er erhob sich unter lauten Begleitgeräuschen des Klappstuhls und stellte sich hinter den Mann.
    »Und, Herr Doktoa … was is dös?«
    Reno beugte sich jetzt nach vorne, um das Ding besser betrachten zu können.
    »Sieht aus wie ein … wie ein … Stück Holz.«
    »Is es a Axt?«
    Erneut beugte Reno sich vor.
    »Nein, es ist ein rundes Stück Holz, das da in Ihrer Schulter steckt. Keine Axt. Nur Holz!«
    »Komisch. I weiß ned moi, wia es dahin kumma is. Und schon gar ned, was des sei konn …«
    »Sieht ein bisschen aus wie diese Holzpflöcke, die man Vampiren ins Herz haut, damit sie endgültig … na, Sie wissen schon!«
    »I bin aba koa Vampir! I bin Niederbayer! Außerdem sitzt mein Herz auf der andern Seitn!«
    »Da haben Sie recht! Und Sie haben ehrlich keine Ahnung, wie es dahin gekommen ist?«
    »Na! Plötzlich hob i so an Drückn gespürt, und dann wor es da!«
    Reno berührte das Holzteil jetzt erstmals.
    »Tut das weh?«
    Der stämmige Mann schüttelte den Kopf.
    »Na, es zwickt leicht, aber a Schmerz isses net.«
    »Das Erstaunliche ist, dass es so tief und kompakt in Ihrem Rücken steckt, dass kaum Blut ausgetreten ist. Nur ein bisschen, und das ist bereits getrocknet!«
    »Interessant!«
    »Warten Sie mal …«
    Reno meinte, etwas entdeckt zu haben.
    »Da steht was auf dem Holz!«
    Eilig holte er eine Lupe aus seinem Instrumentenkoffer. Kopfschüttelnd las er den Schriftzug. » IKEA ! Das ist ein Stuhlbein! Und zwar von einem Küchenstuhl.«
    Er las noch mal.
    »Stuhl Ingolf. Von IKEA !«
    »Wos? I war doch noch nie bei IKEA !«
    »Nein? Ach so. Hm.«
    Für einen Moment schauten sich beide ratlos an.
    »Und dass Ihnen das einer vielleicht vorne im Zelt reingerammt hat?«
    »Jo, aba i wüsst net, wer.«
    »Keine Feinde?«
    »I? Na. Ned wirkli!«
    Schon folgte die nächste Ratlosigkeitspause. Das Ganze war aber auch eine schwierige Angelegenheit.
    »Aba moi was anders … hobn Sie a Bier da?«
    Reno deutete auf die Kühlbox, die neben dem Eingang stand. Der Bayer öffnete sie und holte zwei Flaschen Weißbier hervor.
    »Moagst oans?«
    Normalerweise war es Sanitätern strengstens untersagt, während des Dienstes zu trinken, aber das hier war eine Ausnahmesituation, und außerdem war das Bier vermutlich optimal gekühlt. Schon stießen sie an.
    »Woarn Sie schon amoal bei IKEA ?«
    »Ja, ein paarmal. Aber nicht hier in der Gegend, sondern zu Hause!«
    »Wo kumma Sie denn her?«
    »Aus Celle!«
    »Aha!«
    Der eben noch entspannte Gesichtsausdruck des Bayern wich blitzartig einer aggressiven Miene.
    »Dann warn Sie dös ja vuileicht!«
    »Was?« Reno war irritiert. »Wieso sollte ich das denn plötzlich gewesen sein?«
    »Na, wenn Sie direkt aus am Knast kumman!«
    Jetzt begriff er.
    »Nein, ich war nicht in einer Zelle … ich komme aus der Stadt Celle! Mit C!«
    »Wo soll’n des sei?«
    »Na, in Niedersachsen!«
    »Sagglzemendd! Und was machn Sie dann auf am boarischn Feiawehrfest?«
    »Das hab ich mir nicht ausgesucht, das gehört zur Ausbildung. Einmal zwei Wochen in einem anderen Bundesland. Keine besonders sinnvolle Vorschrift, aber was soll ich machen?«
    Sein Gegenüber betrachtete ihn immer noch skeptisch, während er einen tiefen Schluck aus seiner Flasche nahm. Ein aus dem Gefängnis ausgebrochener Preuße, der ihm heimtückisch das Stuhlbein eines nordischen Möbelherstellers in den Rücken gestoßen hatte, das wäre eine plausible Erklärung gewesen. Schade! In den letzten Minuten hatten beide fast

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