Dollbohrer!
entwickelte sich an diesem Vormittag die härteste und brutalste Schlacht, die es je an einer Stätte wie dieser gegeben hatte.
Die tapferen Mitarbeiter von Pfeiffer, so schien es, gegen den Rest der Welt. Auch unsere vier kleinen Freunde mussten, obwohl sie Gewalt verabscheuten, mit in den Kampf. Wobei sie bei den zwei mit Schirmen prügelnden Rentnern aus Schwerin noch vor einer durchaus lösbaren Aufgabe standen. Was Sebastian Sauron nun nicht gerade von sich behaupten konnte, da sich seiner ausgerechnet die Russen angenommen hatten, die ihn jetzt auf unerfreuliche Art und Weise mit den verschiedenen Beschichtungen der Toilettendeckelserie »Galant« konfrontierten, und er schnell begreifen musste, dass ihn selbst sein wütendes Geschrei nicht wirklich weiterbrachte. Im Gegenteil, einige der Russen erinnerte sein Sächsisch an ihre Zeit im Untersuchungsgefängnis Dessau-Roßlau, was ihre Angriffswut noch durchaus steigerte.
War schon der harte Kampf um die zwei Türme ein zähes Ringen mit unangenehmen Fouls und schmerzhaften Langzeitfolgen, so zeigte sich nun, dass der im Vergleich zum heutigen Gemetzel nicht mehr als ein nettes Tête-à-Tête unter Kollegen gewesen war. Es schien die unendliche Schlacht der Schlachten werden zu wollen, bei der längst die letzten Restposten von Mitgefühl oder Skrupel in einem Meer der Gewalt versunken waren. Selbst ehemals friedliche Pizzabäcker oder duftende Damen in pastellfarbenen Douglas-Kostümen hatten sich nun in einen wahren Blutrausch gesteigert.
Natürlich hatte auch irgendjemand die Polizei angerufen, aber als die zwei Insassen des Streifenwagens sahen, was sich hier abspielte, beschlossen sie kurzerhand, am Ortsausgang auf der anderen Stadtseite ausländische LKW s auf Mautvignetten zu kontrollieren. Nein, das hier war aussichtslos entglitten! Und auch wenn schon bald keiner mehr wusste, warum er hier seinem Gegner mit einem Alubriefkasten eins überzog, bevor der ihm per Bolzenschneider ans Eingemachte ging, so war klar, dass niemand dies alles hätte stoppen können.
Bis auf einen! Dessen alles übertönende hohe Stimme der gesamten Kämpferschaft urplötzlich so eindringlich durch Mark und Bein fuhr, dass tatsächlich alle, aber wirklich alle in ihren Kampfbewegungen innehielten …
»Jo, saids ihr denn komplettle durchknalled, ihr goisteskrangete Drecksbolla, ihr darhergloffene Arschkipfn, ihr Halbdaggl, Sauhammel und Hannewaggl! Ihr legst jo mein gonzes Baumärktle in Schüttle und Äschle … Ich zeich euch jedzd mol, was i mid Verbrecheret wie euch mache!«
Walter Gollomle! Wie auch immer er da hoch auf den schwebenden Spachtel gekommen war, jetzt stand er da oben und sah noch bedrohlicher und wütender und unberechenbarer und furchtbarer aus als sonst. Seine fast freiliegenden Gesichtssehnen glühten hellrot zwischen seiner aschgrauen runzeligen Haut, und die oft eher trüben Augen funkelten plötzlich wie die eines in die Enge getriebenen Drachens. Gollomle war so aufgebracht und aggressiv wie nie zuvor, und jeder der Kämpfer da unten spürte das! Wie paralysiert starrten alle zu ihm. Sahen, wie er den Kopf zurücklegte, tief Luft holte, um dann einen Schrei loszulassen, wie man ihn noch nie aus der Kehle eines einzelnen Menschen je vernommen hatte. Der Klang dieses Schreis wurde immer schriller, und tsunamiartig eroberte er sämtliche Räume. Die großen Glastüren am Eingangsbereich zersplitterten, die gläserne Backtheke platzte, und jede Menge Trommelfelle taten das auch! Und schon stürmte alles laut schreiend und voller Panik aus dem Gebäude. Als Gollomle seinen Schrei beendete, war kein einziger Mensch mehr im Baumarkt. Nur noch er auf dem hin- und herschwingenden Plastikspachtel. Ja, er hatte als Hausmeister schon so manche kniffelige Situation bereinigen können, aber das hier war auch für ihn was Neues. »Aba i henns gut glöst!«, murmelte er zufrieden, während sich die ersten Pfeiffer-Mitarbeiter langsam wieder hineintrauten und ihm zunächst zaghaft, aber schließlich stürmisch Applaus spendeten, während er sich seinen alten Hausmeisterkittel abklopfte. Was viele als besonders lässige Geste interpretierten, was in Wirklichkeit aber damit zu tun hatte, dass er beim Schreien ein bisschen gesabbert hatte!
Ein paar Tage später war es so weit, die Ehrungen standen an. Die Geschäftsleitung hatte alles noch einmal gründlich überdacht.
Den Preis für die beste Abteilung bekam überraschend die für Baustoffe, da man aufgrund des
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