Dollbohrer!
diesem Baumarkt weder was gehörte noch irgendeiner der Angestellten Gollomle untergeordnet war. Aber was nutzt einem dieses Wissen, wenn da einer mit einer verbrannten Monsterfresse in buckliger Haltung bedrohlich vor einem steht und einem in höchsten Frequenzen hässliche Dinge an den Kopf wirft. Nein, Gollomle war gefürchtet! Auch weil man so wenig über ihn wusste! Es gab offensichtlich keine Familie, keine Verwandten und schon gar keine Freunde, was nun allerdings niemanden auch nur ansatzweise verwunderte.
Bemerkenswert war, dass offensichtlich auch die Geschäftsleitung inklusive Geschäftsführer Georg Andalf, dem eigentlichen Chef, gegenüber Gollomle großen Respekt hatte, denn auch wenn keiner nach seinem Unfall gewusst hatte, wie lange er ausfallen würde, hatte sich dennoch niemand getraut, einen neuen Hausmeister einzustellen. Man hatte das Amt einfach so lange unbesetzt gelassen. Und jetzt stand er, aller kollektiven Hoffnung zum Trotz, anscheinend kurz vor seiner Rückkehr.
Dass die Stimmung im Markt aufgrund der anstehenden Auszeichnung sowie des bevorstehenden Wiedersehens mit dem allgemein verhassten Hausmeister nicht unbedingt heiter war, erschien nachvollziehbar.
Aber dass das Klima in einem Unternehmen noch sehr, sehr viel schlechter sein kann, konnte man nur unweit, ein paar Kilometer stadteinwärts, im Berufbekleidungshaus Klamm sehen! Dort hatte der Geschäftsführer, Herbert Klamm (»großes K, kleines Lamm!«) seinem Namen alle Ehre gemacht und soeben der versammelten Mitarbeiterschaft, immerhin gut dreißig Personen, erklärt, dass der Umsatz in den letzten Monaten dramatisch zurückgegangen sei und Entlassungen deswegen unvermeidbar seien. Schuld daran hätte die neu eröffnete Berufsbekleidung bei Pfeiffer, deren Angebote und Preise man beim besten Willen nicht unterbieten könne. Sofort mischte sich Wut in die Enttäuschung der Leute, was Klamm darin bestätigte, alles richtig gemacht zu haben. Nämlich von seinem eigenen kaufmännischen Versagen abgelenkt und denen bei Pfeiffer stattdessen die Arschkarte zugeschoben zu haben. Der Zusatz, dass man dort seines Wissens nach sogar die Löhne über Tarif angehoben hatte, war schließlich das Tüpfelchen auf dem i, denn kurz drauf machte sich ein aufgebrachtes, wildes Rudel in Richtung Baumarkt auf. Und wie es manchmal mit der Eigendynamik so ist, schlossen sich ihnen schon nach wenigen Metern die Mitarbeiter von Leckerbäcker Bornemann an, in deren Geschäft es auch nicht so gut lief, was hundertprozentig an der Backtheke im Eingangsbereich des Baumarktes lag. Keine weiteren hundert Meter hatten sich noch die Belegschaft des Schuhhauses Kern, die Betreiber eines von der Insolvenz bedrohten Wettbüros, ein gutes Dutzend extrem geschminkter Douglas-Verkäuferinnen, ein Obsthändler mit seinem Stiefsohn, die Pizzabäcker vom Peperoncino, das komplette Team der Pietät Nock, ein gutes Dutzend roter Overallträger vom Opti-Reifendienst sowie eine Clique russischer »Freiberufler« angeschlossen, die zwar nicht verstanden, um was es so genau ging, deren Tagesablauf aber durchaus flexibel genug war, bei einer offenbar blutrünstigen Meute einfach mal mitzulaufen. Und so kam es, dass schon rund zehn Minuten später eine gute Hundertschaft (es hatten sich kurz vor Erreichen des Marktes noch die Insassen eines Reisebusses aus Mecklenburg-Vorpommern dazugesellt, denen das bisherige Sightseeing definitiv zu dröge gewesen war) das Hauptgebäude von Pfeiffer kurzerhand erstürmte. Für einen kurzen Moment registrierten die Pfeiffer-Angestellten die plötzlich hereindrängende Menschenmasse mit Freude, ging man doch im ersten Augenblick davon aus, dass es sich um einen besonders großen Kundenansturm infolge der frisch verteilten Prospekte mit den vielen unschlagbaren Sonderangeboten handelte. Als aber die Mitarbeiter vom Berufsbekleidungshaus Klamm zielstrebig ihre Konkurrenz aufsuchten, um ohne Vorwarnung auf diese einzudreschen und deren Bestände anzustecken, war allen klar, dass das hier kein besonders umsatzträchtiger, sondern eher schwieriger Tag für den Baumarkt Pfeiffer werden würde.
Schon wenige Minuten später stand eines unweigerlich fest: In keinem Waffenlager der Welt lagern so viele Waffen wie in einem Baumarkt. Von Millionen von Schrauben als Wurfgeschosse über Hämmer, Massivholzdielen oder Grillzangen bis hin zu Kettensägen oder spitzen Gardinenstangen – nichts, was man im Kampf nicht hätte gebrauchen können. Und so
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