Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
doppelgesichtiges kleines Wesen.”
“Auch Sie sind gegen mich – das ist ja die reinste Verschwörung!” rief Mademoiselle Dupont und brach in Tränen aus. “Auch Sie! O diese kaltherzigen Menschen! Ach, diese…”
Fräulein Pott war froh, daß in diesem Augenblick an die Tür geklopft wurde.
Die Hausmutter kam lächelnd herein. “Darf ich Sie wohl bitte für einen Augenblick sprechen, Mademoiselle?” fragte sie.
“Nein, das dürfen Sie nicht”, erwiderte Mademoiselle mit Nachdruck. “Mein Herz schlägt mir bis zum Halse! Aber ich werde Ihnen etwas sagen, Kollegin – ich wähle die Darstellerinnen aus, die ich für richtig halte!” Und sie marschierte knurrend hinaus.
Die Hausmutter schaute ihr verdutzt nach. “Was, in aller Welt, hat sie denn?” fragte sie.
“Sie hatte wohl eine Auseinandersetzung mit Mademoiselle Rougier”, erwiderte Fräulein Pott und begann Zensuren in ein Büchlein zu schreiben. “Sie geraten ja öfter aneinander. Diesmal scheint es allerdings wesentlich ernstere Formen anzunehmen!”
Die beiden Mademoiselles studierten den Mädchen die Rollen für die französischen Stücke abwechselnd ein. Jedesmal wenn Mademoiselle Dupont an der Reihe war, besetzte sie beide Hauptrollen mit Diana – sehr zur Genugtuung des Mädchens. Bald darauf wies ihr Mademoiselle Rougier eine unbedeutende Nebenrolle zu und studierte die Hauptrollen mit Susanne und Dolly.
Es war wirklich ein tolles Durcheinander!
Keine der Mademoiselles gab nach. Sie schauten sich nicht mehr an und wechselten kein Wort miteinander.
Für die Mädchen war das ein Riesenspaß, aber mit der Zeit nahmen sie Mademoiselle Duponts Partei, weil sie ihnen lieber war. Das änderte nichts daran, daß auch sie Diana nicht für beide Hauptrollen haben wollten.
Britta, die ganz erfüllt war von dem Streit, zeichnete meisterhafte Karikaturen von Mademoiselle Rougier, die sie knochiger und dürrer denn je darstellten. Sie zeichnete sie mit einem Dolch in der Hand, wie sie sich anschickte, die arme Mademoiselle Dupont zu erstechen. Sie zeichnete sie wie sie hinter einem Gebüsch mit einem Gewehr im Anschlag lauerte. Und sie zeichnete sie, wie sie Gift in den Kaffee träufelte, bevor sie ihn ihrer Feindin servierte.
Kichernd rissen sich die Mädchen die Zeichnungen gegenseitig aus den Händen.
Alice war ganz außer sich vor Begeisterung. In ihr reifte ein böser Gedanke. “Britta!
Mademoiselle Dupont wäre entzückt von diesen Bildern! Du weißt, wieviel Humor sie hat. Legen wir die Bilder morgen vor der Französischstunde aufs Katheder! Ich bin gespannt, was sie für ein Gesicht machen wird!”
“Ich wette, die Übersetzungsarbeit wird ausfallen, wenn Mademoiselle Dupont die Bilder sieht”, sagte Betty lachend, und die anderen stimmten ihr bei.
Britta legte die Zeichnungen fein säuberlich in ein Buch. Sie hatte unter jede einzelne geschrieben, was sie darstellen sollte, aber das konnte man auch mühelos so erkennen.
Alice flüsterte Betty etwas ins Ohr. Betty guckte überrascht drein und begann dann zu grinsen.
Wirklich interessant, was sie da von Alice erfuhr: Morgen sollte nicht Mademoiselle Dupont unterrichten, sondern Mademoiselle Rougier. Aufgepaßt – das würde ein Feuerwerk geben!
Klasse 2 kriegt einen Schreck
Die Zeichnungen wurden vor der Französischstunde aufs Katheder gelegt. Die Mädchen standen neben ihren Plätzen und warteten voll Ungeduld auf das Erscheinen von Mademoiselle Dupont. Wie würde sie sich über die Darstellung ihrer Feindin biegen vor Lachen!
Alice hatte Türdienst. Daß heute nicht Mademoiselle Dupont, sondern Mademoiselle Rougier unterrichten würde, hatte sie ganz zufällig erfahren. Sie hätte sich kugeln können vor Begeisterung, wenn sie daran dachte, was sie da für eine Bombe gelegt hatte. Alice wollte es der Mademoiselle schon heimzahlen, daß sie ihr gegenüber oft so scharfe Worte gebrauchte!
Rasche Schritte kamen den Gang entlang. Wie elektrisiert hoben die Mädchen die Köpfe.
Jemand kam durch die Tür und ging zum Katheder – aber es war nicht die Mademoiselle, die sie erwartet hatten. Es war die andere.
Mademoiselle Rougier setzte sich und wandte sich der Klasse zu : “Asseyez-vous, s’il vous plait!”
Einige der Mädchen vergaßen sich zu setzen. Sie waren vor Schrecken wie gelähmt, als ihnen klar wurde, daß Mademoiselle die Zeichnungen direkt vor der Nase hatte.
Mademoiselle klopfte ungeduldig aufs Katheder. “Seid ihr taub? Setzt euch!”
Sie setzten sich. Britta starrte
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