Dolly - 02 - Wirbel in Klasse 2
verächtlich. “Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Alice. Du versuchst immer, mir das Leben so schwer wie möglich zu machen. Ich gehe jetzt sofort zur Direktorin hinunter – und du wirst mich begleiten, Britta. Wir wollen versuchen, die Sache wieder in Ordnung zu bringen.”
“Natürlich werdet ihr alles auf mich schieben”, sagte Alice zornig. “Ich kenne dich! Du wirst Britta reinwaschen und mich dafür anschwärzen!”
“Ich werde dich mit keinem Wort erwähnen”, sagte Susanne. “Schließlich bin ich keine Petze. Komm, Britta, laß uns gehen, bevor es zu spät ist.”
Vor der Tür, die ins Zimmer der Direktorin führte, blieben die Mädchen einen Augenblick stehen, um all ihren Mut zusammenzunehmen. Von drinnen hörte man unverkennbar die Stimmen von Frau Greiling, von Mademoiselle Rougier und auch von Fräulein Lind, der Zeichenlehrerin.
Fräulein Lind war gerufen worden, um ihr Gutachten darüber abzugeben, wer diese bösartigen Bilder gezeichnet haben könnte. “Britta Mohr natürlich!” sagte sie, nachdem sie nur einen Blick darauf geworfen hatte. “Kein anderes Mädchen zeichnet so begabt. Sie wird später einmal eine große Künstlerin werden. Wirklich sehr begabt.”
“Begabt!” schnaubte Mademoiselle. “Die Zeichnungen sind respektlos, ganz böse, böse, böse! Ich verlange, daß dieses Mädchen bestraft wird, Frau Greiling! Ich bestehe sogar darauf. Daß die ganze Klasse bestraft wird!”
In diesem Augenblick klopfte Susanne an die Tür.
“Herein” rief die Direktorin. “Nun?” fragte sie, als die beiden Mädchen eingetreten waren.
Susanne schluckte mehrmals. Es war alles sehr schwierig – besonders, weil Mademoiselle Rougier sie so durchbohrend musterte. “Frau Direktor”, begann sie, “es tut uns wirklich furchtbar leid.”
“Was hast du damit zu tun?” erkundigte sich die Direktorin. “Ich denke, Britta hat diese Bilder gezeichnet?”
“Ja, ich habe es getan”, sagte Britta mit leiser Stimme. “Aber die ganze Klasse war dafür, diese Zeichnungen aufs Katheder zu legen, damit Mademoiselle Dupont sie sehen sollte”, sagte Susanne. “Doch – statt dessen kam Mademoiselle Rougier und sah sie. Es tut uns allen sehr, sehr leid.”
“Aber warum zeigst du Mademoiselle immer, wie sie in mörderischer Absicht hinter Mademoiselle Dupont herjagt? Ich kann mir nicht denken, daß Mademoiselle Dupont großes Vergnügen an einer solchen Darstellung haben könnte.”
Es entstand eine Pause. Dann sagte Mademoiselle Rougier säuerlich: “Mademoiselle und ich sind keine Freundinnen.”
Und ehe Frau Greiling es verhindern konnte, ergoß sie ihren ganzen Kummer wegen der französischen Theaterstücke über ihr Haupt.
Frau Greiling lauschte ernst. Dann wandte sie sich den Mädchen zu. “Verstehe ich recht, daß an einem Tag die Hauptrollen von Diana und am darauffolgenden Tag von Susanne und Dolly gespielt werden?” fragte sie.
Susanne bestätigte das.
Mademoiselle Rougier sah plötzlich recht beschämt aus. Es wurde ihr klar, daß sie und Mademoiselle Dupont sich ziemlich kindisch aufgeführt hatten, indem sie ihren Streit vor den Mädchen ausfochten und ihnen das Einstudieren der Rollen erschwerten. Sie wünschte, sie hätte sich nicht so voreilig entschlossen, mit den Zeichnungen zur Direktorin zu laufen. Kein Wunder, daß die Mädchen sich über den Zank der Lehrerinnen lustig machten! Aber warum wurde Mademoiselle Dupont als Heldin, sie dagegen als Schurkin dargestellt? Ach, das war zu bitter!
“Bitte, glauben Sie mir”, sagte Britta flehentlich. “Ich wollte Mademoiselle Rougier nicht kränken. Es sollte nur ein Scherz sein, der nicht einmal für sie bestimmt war.”
“Das ist mir schon klar”, sagte Frau Greiling. “Unglücklicherweise war es ein schlechter Scherz – aber immerhin ein Scherz. Wie mir scheint, sind mehrere Leute daran Schuld, daß dieser mißlungene Scherz zustande kam.”
Sie sah Mademoiselle Rougier an, die errötete. “Ohne einen gewissen Streit wäre das wohl alles nicht passiert”, fuhr die Direktorin fort. “Ihr beiden Mädchen könnt jetzt gehen. Ich werde mit Mademoiselle gemeinsam entscheiden, welche Strafe ihr bekommt.”
Britta und Susanne schlichen mit hängenden Köpfen davon.
Fräulein Lind, die mit ihnen das Zimmer verließ, sagte zu Britta: “Du bist wirklich ein Dummkopf!”
“Ich werde nie wieder zeichnen!” sagte Britta kläglich.
“Natürlich wirst du das!” erwiderte Fräulein Lind. “Aber du wirst sicherlich in Zukunft
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