Dolly - 03 - Ein Pferd im Internat
Die ist einfach wunderbar!” rief Alice. “Warum habt ihr uns nicht auch geweckt?”
“Ich bin ja zuerst ganz allein hinaus”, sagte Will. “Ich dachte nur an Donner. Dolly kam hinterher. Und sie war auch großartig. Ach, bin ich glücklich! Donner geht’s gut. Er wird nicht zurück nach Hause geschickt. Und ich werde nie, nie vergessen, was Fräulein Peters vergangene Nacht getan hat!”
Endlich kam Jenny zu Wort. Sie berichtete von Margot, und die anderen waren starr vor Staunen.
Dolly brach als erste das Schweigen: “Dann hat Fräulein Peters heute nacht nicht nur Donner gerettet, sondern auch Margot!”
Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich diese Nachrichten in der ganzen Schule; sie waren das Tagesgespräch von der obersten bis zur untersten Klasse. Immer wieder mußten Dolly und Will erzählen.
Welch Glück, daß Sonntag war und daß sie keinen Unterricht hatten. Im Gottesdienst wurde ein Gebet für Margot gesprochen. Alle stimmten ein, obwohl die meisten sich nichts aus ihr machten. Dann tauchte das Gerücht auf, daß es ihr schlechter ginge und daß bereits nach ihren Eltern geschickt worden wäre. Alles meine Schuld! dachte Jenny beklommen.
Am nächsten Morgen jedoch ging es ihr wieder besser. Und Donner war sogar völlig wiederhergestellt. Will war überglücklich. Es erschien ihr wie ein Wunder, daß ein Pferd nach solchen Schmerzen in so kurzer Zeit wieder gesund wurde.
Fräulein Peters hatte sich am Sonntag gründlich ausruhen können. Als sie am Montag früh in die dritte Klasse kam, gab es eine Überraschung:
“Ein Hurra für Fräulein Peters!” rief Dolly laut. Und zum Erstaunen der beiden benachbarten Klassen erscholl ein kräftiges dreifaches “Hurra”!
Fräulein Peters lächelte freundlich nach allen Seiten. “Vielen Dank”, sagte sie. “Das war nett von euch. Und nun schlagt eure Bücher auf – Seite 31. Alice, bitte an die Tafel.”
Dolly schaute sich an diesem Morgen mehrere Male nach Will um. Will sah nicht aus dem Fenster. Sie paßte scharf auf, wenn Fräulein Peters etwas sagte. Sie gab kluge Antworten, und als sie an die Tafel gerufen wurde, erledigte sie ihre Aufgabe tadellos.
“Sehr gut, Will”, sagte Fräulein Peters, und bei dieser Anrede ging ein Aufatmen durch die Klasse.
Will lachte, als sie an ihren Platz ging. Sie sah wie ein ganz anderer Mensch aus.
Dolly beobachtete sie von einer Stunde zur anderen voll Bewunderung: Will hatte den festen Entschluß gefaßt, eine gute Schülerin zu werden, und sie führte ihn auch aus. Sie hielt ihr Versprechen! Vielleicht stieg sie eines Tages noch zu den Besten der Klasse auf?
Auch Fräulein Peters vertraute Will. Sie verstanden einander. Das war im Grund gar nicht so verwunderlich. Sie waren sich ja ähnlich: Fräulein Peters hatte eine ausgesprochen herbe, fast männliche Art, und Will war ein halber Junge. Beide liebten Pferde. Sie hatten sich bisher gar nicht leiden können – aber jetzt würden sie gute Freunde werden.
“Dolly, du träumst wohl?” sagte Fräulein Peters. “Du hast anscheinend noch gar nichts aufgeschrieben?”
Dolly sprang auf und wurde rot. Das fehlte gerade! Sie bewunderte Will, weil sie nicht mehr träumte – und verfiel dabei in Wills alten Fehler! Sie riß sich zusammen und begann zu schreiben.
Für den Nachmittag war die erste Stunde bei Frau Nordberg angesetzt – heute würden also die Rollen für das Theaterstück verteilt werden. Marilyn freute sich sehr darauf. Nun saß sie auf ihrem Platz und war mit den Gedanken schon bei den Proben. Leise zitierte sie ein paar Verse aus “Romeo und Julia”.
Fräulein Peters sah, wie sich ihre Lippen bewegten. “Marilyn”, fragte sie in scharfem Ton. “Was hast du eben zu Evelyn gesagt?”
“Gar nichts, Fräulein Peters.”
“Und zu dir selbst?” forschte Fräulein Peters weiter. “Steh auf, wenn du mir antwortest.”
Marilyn stand auf. Sie blickte Fräulein Peters an und schmetterte laut:
“Willst du schon gehn? Der Tag ist ja noch fern.
Es war die Nachtigall, und nicht die Lerche…”
Eine Lachsalve der Klasse übertönte sie. Fräulein Peters klopfte energisch auf das Pult.
“Marilyn! Ich hoffe, du willst dich und uns nicht zum Narren halten. Wir haben jetzt Mathematik, und das hat nichts mit Nachtigallen oder Lerchen zu tun! Und auch nichts mit ,Romeo und Julia’! Setz dich!”
Bei sich dachte Dolly: Welche Zeitverschwendung, an diesem sonnigen Nachmittag zu proben, statt Handball zu spielen! Aber immerhin würde es sicher sehr lustig werden,
Weitere Kostenlose Bücher