Dolly - 17 - Eine Hauptrolle fuer die Burg
jemand im Flur Lärm machte oder die Aufnahme durch lautes Reden oder Getrappel störte.
So waren sie auf die Erzählungen der Glücklichen angewiesen, die in diesen Tagen vor der Kamera stehen durften, doch besonders aufschlußreich fielen die nicht aus. Oft genug wurden Fragen nur mit einem Achselzucken beantwortet und einem lakonischen: „Wie soll’s schon gewesen sein?”
Beim Mittagessen saß das Filmteam an einer langen Tafel an der Fensterseite des Speisesaals. Sie blieben unter sich, sprachen wenig und bedachten höchstens einmal die Mädchen, die das Glück hatten, an ihrem Tisch servieren zu dürfen, mit einem freundlichen Wort oder einem Dank. Im Laufe der Mahlzeit wurden sie lebhafter, Scherze flogen hin und her, Witze wurden erzählt, Gelächter erscholl, aber die Mädchen spitzten vergeblich die Ohren. Selten drang etwas von dem, was dort gesprochen wurde, zu den anderen Tischen hinüber.
Ohnehin war es nur das technische Personal, das im Speisesaal aß, die Schauspieler ließen sich ihr Mittagessen in der Garderobe servieren, und Herr Dophahn verzichtete meist ganz auf die Mahlzeit. Man sah ihn, ein belegtes Brot oder eine Kaffeetasse in der einen, den Telefonhörer in der anderen Hand, am Fenster des Büros stehen oder in sein Drehbuch vertieft durch die Gänge wandern.
Solange das winterliche Wetter anhielt, wurde in den Räumen der Burg gedreht. In den Kellergewölben gab es eine Verfolgungsjagd, auf dem Speicher mußten der Kommissar und sein Assistent jeden Winkel durchsuchen. Eine Geheimtür wurde in der Bibliothek entdeckt, durch einen Kamin fiel eine Leiche – aber all diese aufregenden Szenen kannten die Mädchen nur aus dem Drehbuch.
„Sie hätten uns genausogut Ferien geben und uns nach Hause schicken können! Dann hätten die Filmheinis die Burg für sich gehabt, und wir hätten auch was davon. Aber so?” sagte Angelika enttäuscht. „Man kommt sich ja vor wie eine lästige Begleiterscheinung!”
Die anderen lachten, aber im Grunde gaben sie Angelika recht. Ihre Erwartungen waren bitter enttäuscht worden.
„Und nicht mal ein hübscher junger Filmstar dabei! Nur diese älteren Semester!” beklagte sich Uschi.
„Was sollen wir denn mit denen!”
„Ach, es muß ja nicht ein Filmstar sein”, platzte Angelika heraus und wurde sofort rot, weil sie sich verplappert hatte.
„He, ich weiß, an wen du denkst!” Iris rückte ihr sofort auf die Pelle. „Ich sehe doch, wie du beim Mittagessen immer den Hals verdrehst und so tust, als müßtest du nach dem Wetter schauen! Ich sage nur eins: G.G.!”
„Du spinnst ja! Du bist richtig gemein!” wehrte sich Angelika, konnte aber nicht verhindern, daß die Röte in ihrem Gesicht zunahm.
„G.G.?” rätselte Juliane. „C.G – Wer soll denn das sein?”
„Kamera… Kamera…”, sang Helga übermütig. „Jung, blond, dunkelbraune Augen, Grübchen, Vorname Chris!”
„Ach, der!” sagte Martina gelangweilt und betrachtete Angelika dabei mißtrauisch von der Seite. Konnte es sein, daß die Klassenkameradin bei ihrem heimlich Angebeteten mehr Glück hatte als sie selbst? Oder war es nur eine kleine Schwärmerei aus der Ferne? Das mußte sie unbedingt herausbekommen.
Die Mädchen waren so ins Gespräch vertieft, daß sie nicht bemerkten, wie Madame Monnier die Klasse betrat. Sie strahlte übers ganze Gesicht und klatschte übermütig in die Hände.
„Bonjour, mes cheres amies! Guten Morgen! Bitte setzt euch, meine Lieben!”
Die Mädchen eilten erschrocken auf ihre Plätze. Aber die kleine rundliche Französischlehrerin schien heute blendende Laune zu haben.
„Nun…. bevor wir beginnen mit unserer legon, muß ich euch etwas Aufregendes erzählen! Der Regisseur dieses Films, Monsieur Dopahn, mir hat gerade gesagt, er möchte gern ein paar Szenen drehen bei uns. Unser Haus gefällt ihm so gut! Stellt euch vor, wir werden sehen können unser kleines romantisches Domizil im Film! Alle unsere Freunde in Frankreich werden es sehen können, unser Wohnzimmer, unsere Küche, unseren Garten und die kleine Gartenlaube! Oh, ich bin richtig aufgeregt. Nächste Woche sie werden beginnen!”
Nun strahlten auch die Mädchen. Wenn bei Madame und Monsieur Monnier gefilmt wurde, dann konnten sie endlich mal nach Herzenslust zuschauen! Wenigstens bei den Aufnahmen im Freien. Als Madame Monnier fragte, ob jemand Lust hätte, ihr beim Aufräumen und Saubermachen zu helfen, damit für die Filmaufnahmen alles auf Hochglanz gebracht wäre, meldete sich die
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