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Dolores

Dolores

Titel: Dolores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war. An solchen Tagen war sie wie ein Boot, das sich von seinem Anker losgerissen hat, nur daß der Ozean, auf dem sie trieb, die Zeit war - es konnte passieren, daß sie am Morgen glaubte, es wäre 1947, und 1974 am Nachmittag. Aber sie hatte auch ihre guten Tage. Sie wurden weniger, als die Zeit verging und immer wieder kleine Schlaganfälle kamen, aber sie hatte sie. Allerdings waren ihre guten Tage oft meine schlimmen, denn an ihnen kehrte sie zu all ihrer alten Schikaniererei zurück, wenn ich es zuließ. Sie wurde niederträchtig. Das war die zweite Art, auf die sie ein Luder war. Diese Frau konnte hundsgemein sein, wenn sie es wollte. Obwohl die meiste Zeit ans Bett gefesselt, mit Windeln und einer Gummihose, konnte sie ein wahres Miststück sein. Die Schweinerei, die sie an den Putztagen machte, ist dafür ein gutes Beispiel. Sie machte sie nicht jede Woche, aber ich kann euch versichern, daß sie sie entschieden zu oft an einem Donnerstag machte, als das es Zufall gewesen sein könnte.
    Donnerstag war Putztag bei den Donovans. Das Haus ist riesig - ihr könnt es euch nicht vorstellen, solange ihr nicht tatsächlich darin herumgewandert seid -, aber der größte Teil davon war abgeschlossen. Die Tage, an denen ein halbes Dutzend Mädchen mit Tüchern um den Kopf hier polierten und dort Fenster putzten und irgend woanders Spinnweben aus den Ecken fegten, liegen zwanzig Jahre oder mehr in der Vergangenheit. Ich bin manchmal durch diese düsteren Zimmer gegangen, habe die mit Tüchern abgedeckten Möbel betrachtet und daran gedacht, wie es damals in den Fünfzigern ausgesehen hat, wenn sie ihre Sommerparties hatten - über dem Rasen hingen immer bunte Lampions, wie gut ich das noch weiß! -, und dann wurde mir ganz komisch zumute. Am Ende verschwinden immer die leuchtenden Farben aus dem Leben, ist euch das auch schon aufgefallen? Am Ende sieht alles grau aus, wie ein Kleid, das zu oft gewaschen wurde. 
    In den letzten vier Jahren bestand der offene Teil des Hauses aus der Küche, dem großen Wohnzimmer, dem Eßzimmer, dem Sonnenzimmer, das auf die Veranda und den Pool hinausgeht, und vier Schlafzimmern oben ihrem, meinem und den beiden Gästezimmern. Die Gästezimmer wurden im Winter nur schwach geheizt, aber immer saubergehalten - für den Fall, daß ihre Kinder doch irgendwann für eine Weile kommen würden.
    Selbst in diesen letzten paar Jahren hatte ich immer zwei Mädchen, die mir an den Putztagen halfen. Sie haben ziemlich oft gewechselt, aber seit 1990 oder so waren es Shawna Wyndham und Franks Schwester Susy. Ohne sie hätte ich es nicht schaffen können, aber ich tat immer noch eine ganze Menge selber, und wenn die Mädchen um vier Uhr nachmittags Feierabend machten, konnte ich mich kaum noch auf den Beinen halten. Und dann war immer noch reichlich zu tun - die restliche Wäsche mußte gebügelt, der Einkaufszettel für Freitag zusammengestellt und natürlich ihr Nibs-Essen zurechtgemacht werden. Keine Ruhe für die Bösen, wie man so sagt.
    Nur - bevor ich irgendwas davon tun konnte, mußte ich oft genug ihren Schweinkram wegputzen.
    Die meiste Zeit folgte sie dem Ruf der Natur ziemlich regelmäßig. Alle drei Stunden schob ich ihr die Bettpfanne unter, und sie pinkelte etwas für mich hinein. Und an den meisten Tagen war nach meinem Mittagsbesuch auch ein Häufchen in der Pfanne.
    Das heißt, außer donnerstags.
    Nicht jeden Donnerstag, aber an den Donnerstagen, an denen sie klar war, konnte ich fast immer damit rechnen, daß ich Scherereien bekommen würde - und Rückenschmerzen, die mich bis Mitternacht wachhielten. Zum Schluß half nicht einmal mehr Anacin-3.  Ich bin mein ganzes Leben lang gesund gewesen wie ein Pferd, und ich bin es noch heute, aber fünfundsechzig ist nun einmal fünfundsechzig. Dann kann man die Dinge nicht mehr so abschütteln, wie man es früher konnte. 
    Donnerstags bekam ich anstelle einer halbvollen Pfanne m sechs Uhr morgens nur ein paar Tropfen. Dasselbe um neun. Und um zwölf kam anstelle von etwas Pisse und einem Haufen gewöhnlich überhaupt nichts. Dann wußte ich, daß mir möglicherweise einiges bevorstand. Völlig sicher, daß es passieren würde, war ich nur, wenn auch am Mittwochmittag kein Häufchen in der Pfanne gewesen war.
    Ich sehe, daß du versuchst, nicht zu lachen, Andy, aber lach ruhig - laß es raus, wenn dir danach zumute ist. Damals war es ganz und gar nicht zum Lachen, aber jetzt ist es vorbei, und was du denkst, ist nichts als die Wahrheit. Die

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