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Domain

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Titel: Domain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Herbert
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über die Geleise wandern. »Nein.«
    Sie gingen weiter. Vertiefungen in der Wand, Nischen, Bögen, Durchbrüche zum Nachbartunnel, aber keine Tür, kein Schutzraum.
    Sie hatten, wie Culver schätzte, achthundert Meter zurückgelegt, als er über ein Hindernis stolperte.
    »Culver!« schrie Dealey, der den Halt verloren hatte. Er ging weiter und kam am gleichen Hindernis zu Fall. Metall. Ein Kabel. Immerhin war er jetzt sicher, dass die Strecke nicht mehr unter Strom stand. Er ließ seine Finger über den feuchten Boden wandern und ertastete etwas Weiches. Haut. Ein Kopf, ein Gesicht.
    »Nicht berühren!« rief Culver.
    Aber es war zu spät. Dealeys Finger waren in die leeren Augenhöhlen eingedrungen. Erschrocken zog er die Hand zurück, es gab einen schmatzenden Laut.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind! Bewegen Sie sich nicht!« ließ sich Culver hören. Seine Stimme klang, als ob er einige Schritte entfernt stand.
    Dealey war so geschockt, dass er keinen Laut hervorbrachte.
    Culver lenkte den Strahl der Stablampe auf die Schwellen.
    Der Tunnel war mit Leichen übersät, zwischen denen schwarze Schatten hin und her huschten. Tiere, die sich in die Bauchhöhlen der Toten hineingefressen hatten und an den Eingeweiden zerrten.
    Die Schatten duckten sich, als der Lichtschein sie erreichte.
    Einige Tiere schlichen sich davon, wurden von der Finsternis des Tunnels aufgenommen.
    »Nein«, stammelte Culver. »Das ist unmöglich.«
    »Sagen Sie mir, was los ist, Culver. Bitte!«
    »Bleiben Sie für ein paar Sekunden, wo Sie sind. Sie dürfen sich jetzt nicht bewegen.«
    Culver stand auf. Der Strahl seiner Lampe erfasste menschliche Gliedmaßen, die auf den Geleisen zerstreut lagen, den blutigen Rumpf einer Frau und dann die gelben Augen eines unwirklich riesigen Nagetiers. Das unheimliche Wesen hockte auf der Leiche eines Mannes, es hatte die Schnauze in der Brust seiner Beute vergraben.
    Als das Tier den Lichtschein bemerkte, hörte es zu fressen auf. Es hob den Kopf.
    »Dealey.« Culver war bemüht, leise zu sprechen, aber er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme zitterte. »Kriechen Sie langsam in meine Richtung. Es ist wichtig, dass Sie sich nur ganz langsam bewegen.«
    Dealey gehorchte.
    Culver empfing ihn und half ihm, sich aufzurichten.
    »Was ist los?« flüsterte Dealey.
    Culver holte tief Luft. »Ratten«, sagte er leise.
    »Riesenratten.«
    »Mit schwarzem Fell?«
    »Mit schwarzem Fell«, antwortete Culver, der die Frage merkwürdig fand.
    Was Dealey dann sagte, klang für Culver so, als spräche er mit sich selbst. »Ich hatte nicht gedacht, dass sie…« Er ließ den Satz unvollendet.
    Culver hielt die Stablampe auf die fressenden Tiere gerichtet.
    Nach einer Weile fiel es ihm ein. »Killer-Ratten. Vor einigen Jahren habe ich etwas über eine neue Spezies Ratten gelesen, die sich in den U-Bahntunnels eingenistet hatte. Die Schwarze Killer-Ratte. Es hieß damals, die Schädlinge seien gleich nach ihrer Entdeckung ausgerottet worden.«
    »Ich kann die Ratten nicht sehen. Deshalb kann ich Ihnen nicht sagen, ob es sich um diese Spezies handelt.«
    »Wie auch immer, was sollen wir tun? Sollen wir sie verscheuchen?«
    »Können Sie die Tür des Schutzraums sehen? Wir müssen ganz in der Nähe sein.«
    Widerstrebend ließ Culver den Lichtkegel über die blutige Szenerie gleiten. Die Tiere ließen sich nicht beirren, sie fraßen ruhig weiter. Der Geruch von frischem Blut erfüllte den Tunnel. Culver spürte, wie sein Magen zu rumoren begann. Es war das erste Mal in seinem Leben, dass er den starken, merkwürdig aufdringlichen Geruch menschlichen Blutes wahrnahm.
    Eines der riesigen Tiere hatte von seiner Beute abgelassen, es kam auf Culver zugekrochen. Als er den Lichtstrahl auf die Augen der Ratte richtete, wandte sie sich zur Seite und verschwand zwischen den Geleisen.
    »Haben Sie die Tür des Schutzraums gefunden?« kam Dealeys Frage. Er sprach im Flüsterton.
    »Nein. Ich bin abgelenkt worden.«
    Meter für Meter suchte Culver die Wände des Tunnels ab.
    Plötzlich kam ein Hindernis in Sicht, das er zunächst für einen Mauervorsprung hielt. Als der Lichtkegel zur Ruhe gekommen war, konnte er erkennen, was es war.
    Ein Mensch.
    Sie stand an die Wand gelehnt. Das Kleid war zerrissen, mit Dreck beschmiert, das Haar aufgelöst. Es war offensichtlich, dass sie einen Schock erlitten hatte.
    »Dealey«, sagte Culver. »Jenseits der Geleise steht ein Mädchen. Sie hat Angst, sich von der Stelle zu rühren.«
    Eine

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