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war nur noch Licht und Schmerz und Lärm…
Und dann Schwärze.
5
»Nein! Nicht!«
Der Schmerz war scharf wie ein Messer, aber eine sanfte Hand drückte Culver auf das Feldbett zurück.
»Gleich ist es ausgestanden«, sagte eine freundliche Stimme.
»Sie haben eine Verletzung am Bein, die desinfiziert und verbunden werden muss.«
Er öffnete die Augen. Das Gesicht der Frau, die über ihm stand, strahlte eine sympathische Mischung aus Ruhe und Angst aus. Die Bewegungen ihrer Hände waren zügig und zielstrebig, professionell. Sie tupfte das Blut aus der tiefen Fleischwunde an seinem Oberschenkel.
»Sie haben Glück gehabt«, sagte sie. »Einen halben Zentimeter höher, und es hätte Ihre Arterie erwischt. Wie haben Sie sich die Verletzung zugefügt?«
Er schloss die Augen, aber die Erinnerung ließ sich nicht verscheuchen. »Sie würden mir nicht glauben, wenn ich Ihnen das erzähle.«
»Nach der Katastrophe, die heute passiert ist, bin ich bereit, alles und jedes zu glauben, und wenn es noch so verrückt klingt.«
Er schwieg. Nach einer Weile sagte er: »Im Tunnel waren Ratten.«
Sie maß ihn mit einem neugierigen Blick.
»Ratten so groß wie Hunde«, setzte er nach. »Ich habe gesehen, wie sie die Menschen auffraßen, die in den Tunnel geflüchtet und dort an ihren Verletzungen gestorben sind.«
»Haben die Ratten Sie angegriffen?«
Er nickte. »Sie haben mich angegriffen. Eines der Tiere hat sich in meinen Oberschenkel verbissen. Ich weiß nicht, wie ich überhaupt…«
»Wir haben gehört, wie Sie mit den Fäusten auf die Tür des Noteingangs einhämmerten.« Sie lächelte. »Sie sind mit der Tür ins Haus gefallen.«
Er versuchte einen Blick auf den Raum zu erhaschen. »Wo bin ich hier?«
»Nach der offiziellen Version ist das die unterirdische Telefonzentrale für Kingsway. Gleichzeitig handelt es sich um einen atombombensicheren Bunker für hochrangige Regierungsangestellte. Sie befinden sich im Krankenflügel des Bunkers.«
Hinter der weißgekleideten Frau war eine Reihe von doppelstöckigen Feldbetten zu erkennen. Decke und Wände waren grau gestrichen. Die Beleuchtung bestand aus Neonleisten. Vor einem der Betten standen drei oder vier Personen, das Gesicht des Patienten war nicht zu sehen.
Die Frau war seinem Blick gefolgt. »Das Mädchen, das Sie mitgebracht haben, hat einen Schock erlitten. Ich habe sie vorhin untersucht, sie hat keine schweren Verletzungen. Ein paar Schrammen und Schnitte, das ist alles. Das Haar ist stellenweise versengt. Davon abgesehen, haben Sie das Mädchen sehr gut vor dem Feuer dort draußen beschützt.«
»Feuer?«
»Erinnern Sie sich daran nicht mehr? Die Techniker sagten mir, im Tunnel hat ein Feuer gewütet. Wenn sie die Tür nicht im letzten Augenblick geöffnet hätten, wären Sie und das Mädchen jämmerlich verbrannt. Es scheint, dass Ihre dicke Lederjacke Ihnen ein paar wertvolle Sekunden lang Schutz gewährt hat…«
»Wo ist Dealey?«
»Allerdings haben Sie Verbrennungen an den Händen und am Hals erlitten…«
»Er ist tot.« Culver setzte sich auf.
Sie drückte ihn in die Kissen zurück.
»Er hat’s überlebt und ist in Sicherheit. Im Augenblick unterhält er sich mit dem CDO…«
»Wie bitte?«
»Mit dem Civil Defense Officer. Dealey hat Anweisung gegeben, dass Sie und das Mädchen noch vor ihm untersucht und behandelt werden.«
»Sie wissen, dass er erblindet ist?«
»Natürlich. Wir hoffen, dass die Erblindung nur von kurzer Dauer ist. Es hängt davon ab, wie lange er in den Blitz geschaut hat. Ich nehme ja an, dass die Erblindung davon herrührt, oder täusche ich mich?«
»Sie täuschen sich nicht. Ich war dabei, als es geschah. Er hat nur einen Bruchteil einer Sekunde in den Blitz geschaut.«
»Dann hat er Glück gehabt und wird bald wieder sehen können.« Sie beugte sich über seine Wunde. »Ich werde Ihnen eine Tetanusimpfung geben müssen. Wie fühlen Sie sich?«
»Ein bisschen schwach. Wer sind Sie?«
»Ich bin Dr. Clare Reynolds.« Immer noch kein Lächeln. »Es ist ein Zufall, dass ich zum Zeitpunkt der Explosion im Bunker war. Ich war zu einer Besprechung eingeladen, die für heute Nachmittag angesetzt war. Teilnehmer sollten Alex Dealey und andere sein.«
»Arbeiten Sie für die Regierung?«
Der Anflug eines Lächelns verschönte ihre Züge. »Ich wurde dienstverpflichtet, als sich die Situation immer weiter zuspitzte. Ich habe das eigentlich nur für eine vorsorgliche Maßnahme der Regierung gehalten. Niemand
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