Don Blech und der silberne Regen
Puderdosen mit verschiedenfarbigem Puder. Wattemutter ließ sich auf einem Hocker vor dem ovalen Spiegel mit dem Rahmen aus geflochtenen Baum-wollfasern nieder. Und der Obereinpuderer überstäubte ihre Fäserchen an den Wangen, an Hals und Nacken mit rotem, gelbem und grünem Puder, ganz wie es ihm heute in den Sinn kam. Eine große, farbig schimmernde Puderstaubwolke entstand um Wattemutter, aus der sie endlich, nach beendeter Toilette, herausrauschte, um Klein-Wattoneon im großen Salon zu empfangen.
Klein-Wattoneon machte eine Verbeugung. Das Werkzeug kobolzte ihm über die Schulter. Es krachte und Wattemutter zuckte zusammen. Vielleicht war der Wattezwerg doch viel heldenhafter, als er aussah?
Er sagte mutig: »Ich will den Regen besiegen und Watteia heiraten.« Und dann sammelte er sein Werkzeug wieder auf und präsentierte es.
Wattemutter sah ihn mitleidig an: »Du hast mein Wort.«
Klein-Wattoneon straffte sich. Er zitterte. Und sein Werkzeug klapperte aneinander. Er fragte: »Würde Watteia mir auch ihr Wort geben?«
»Sie muss tun, was ich will.«
»Nein!«, entfuhr es da Klein-Wattoneon. »Ich will sie nur, wenn sie mich gern hat.«
»Watterlawatt!«, rief Wattemutter. »Aber meinetwegen, frag sie selber!« Die arme Wattemutter — sie hatte bisher vergessen, Watteia von ihren Plänen zu unterrichten.
Das war wohl ein Fehler.
Denn Watteia war nicht erfreut, als ihr der Obereinpuderer nun in ihrem Dosenschlafzimmer den sauberen Handel auseinander setzte. Wütend segelte sie — federleicht, blau schimmernd und ungepudert in den großen Salon. Und da wartete Klein-Wattoneon, das Werkzeug in den Händen, wie eine Schildwache.
»Ach, du kümmerlicher Wattezwerg!«, säuselte sie herablassend. »Du willst mich heiraten? — Ich werde überhaupt keinen Wattel heiraten. Ich will nicht mein ganzes Leben von Fusseln umgeben sein. Ich träume von einem prächtigen eisernen Ritter... keine weiche Stelle darf er haben!«
Klein-Wattoneon hatte noch nie eine hohe Meinung von sich gehabt. Er verstand sie sofort. Er drehte sich um und verließ den großen Salon und den Wattepalast mit geschultertem Werkzeug, ohne ein Wort zu antworten. Dazu war er zu stolz.
Wattemutter zog sich ruhebedürftig in die Bettdose zurück. Aber das Töchterchen ließ ihr keine Ruhe. Watteia machte der Mama eine Szene. Sie rief: »Ich suche mir meinen Mann selber aus und lasse mich nicht an jeden verschaukeln... «
Da wurde Wattemutter ihrerseits wütend und reckte den zornroten Kopf aus der Dose und fauchte: »Es muss sein, Wort ist Wort und das Wohl der Allgemeinheit steht über kleinlicher Selbstsucht!«
»Dann gehe ich ins Wasser oder außer Landes«, sagte Watteia.
Wattemutter seufzte. »Warte damit wenigstens noch, bis wir wissen, ob es ihm überhaupt gelingt, den Regen zu schlagen!«
Da war der Frieden zunächst wiederhergestellt zwischen Mutter und Tochter.
Was Klein-Wattoneon anbetrifft, so war er nicht nur tapfer, sondern auch hochanständig. Während er die steile Treppe des Wattepalastes herabschritt, dachte er schon nicht mehr daran, Watteia zu heiraten. Nie! — Wenn sie ihn nicht wollte! Er würde aber trotzdem gegen den Regen kämpfen. Vielleicht starb er dann wenigstens heldenhaft. Würde er ihn aber besiegen, dann könnte er vor Watteia hintreten und großmütig sagen: »Ich gebe dich frei! Suche dir deinen allseits stahlharten Ritter und werde sehr glücklich mit ihm...« Ach, dieser Gedanke machte ihn zutiefst traurig, er musste trocken schluchzen (richtige Tränen weinten die Wattels nicht!) Ja, und dann würde er davonschreiten und sich in der letzten, übrig gebliebenen Pfütze des Landes aufweichen. Aus — tot! Vielleicht bekam er ein Staatsbegräbnis.
Ein schwerer Kampf
Die Kunde von Klein-Wattoneons tollkühnem Vorhaben verbreitete sich rasch in Wattelstadt. Die Vögel pfiffen es von den Bäumen.
Die Bürger standen in den Gassen, um den großen Platz am Festzelt, in ihren Türeinschlüpfen — oder sie lehnten aus den Fensterlöchern.
Manche — die aus irgendeinem Grunde sehr glücklich waren — lagen auch auf dem Rücken in der Luft und blickten auf ihn herab. Und andere taten dies aus den Oberstübchen, in die sie schon früh hinaufgeschwebt oder geklettert waren.
An den Himmel schaute keiner. Bis plötzlich ein Kind ausrief: »Regen, Regen! Wolken... da... da...« Klein-Wattoneon stolperte fast die letzte Stufe hinab. Dann blieb er stehen und schaute empor: Da ragte eine riesengroße
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