Don Camillo gibt nicht auf
Heimathafen angelangt, konnte Don Camillo ins Pfarrhaus schlüpfen, ohne von jemandem gesehen zu werden.
Peppone folgte ihm mit dem Sack Fasane, den er im Keller verstaute.
Als er ins Wohnzimmer kam, fand er Don Camillo in der Soutane, wieder ganz Pfarrer. Und das Schwarz des langen Rocks ließ seine Blässe noch deutlicher hervortreten.
«Hochwürden», stotterte Peppone, «wenn Ihr etwas braucht, geniert Euch nicht.»
«Ich brauche nichts. Aber ich sorge mich um meinen Hund. Schau doch ein bißchen herum, ob du Ful nicht irgendwo findest.»
Ein Seufzer ertönte, mit dem Ful, der unter dem Tisch lag, «hier» antwortete.
Peppone bückte sich zu ihm hinunter.
«Es sieht so aus, als hätte auch er eine... Gewissenskrise», murmelte er, während er sich wieder aufrichtete. «Soll ich ihn auch zu dem alten Doktor fahren?»
«Nein», erwiderte Don Camillo. «Die Sache muß in der Familie bleiben. Den entschrote ich selbst. Bitte trag’ ihn mir in mein Schlafzimmer.»
Ful ließ sich von Peppone hochziehen und auf den Arm nehmen.
Peppone sagte nichts mehr, bis er Ful in den oberen Stock gebracht hatte. Dann kehrte er zurück, stellte sich unter die Wohnzimmertür und sprach streng, mit erhobenem Zeigefinger:
«Die Sünden der Pfarrer fallen auf das Haupt ihrer unschuldigen Hunde!»
«Feigling, du mordest einen toten Pfarrer!» antwortete ihm Don Camillo bleich. Und im Stehen.
Als Peppone gegangen war, legte Don Camillo die Sperrkette vor die Tür und stieg in den Keller, um die einundzwanzig Flughühner auszupacken. Tatsächlich waren es aber zweiundzwanzig, denn unter ihnen befand sich ein wunderschöner Kapaun, bereits fertig gerupft und ausgenommen. Den hatte Peppone in Torricella gekauft, um die Zahl voll zu machen.
Bevor sich Don Camillo (bäuchlings) zu Bett legte, wollte er noch vor Christus am Hochaltar niederknien.
«Jesus», flehte er, «ich darf dir nicht danken, daß du mich bei meinem Unternehmen heut nachmittag beschützt hast, denn das, was ich heut nachmittag getan habe, ist eine Schändlichkeit, die schwere Strafe verdient. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn mich die Flinte des Jagdaufsehers erledigt hätte.»
«Auch der schlechteste Priester ist immer noch mehr wert als zweiundzwanzig Fasane», antwortete Christus ernst.
«Genau gesagt, einundzwanzig», flüsterte Don Camillo. «Den zweiundzwanzigsten habe ich nicht mitgenommen.»
«Aber es war deine Absicht, ihn mitzunehmen.»
«Jesus, mein Herz ist voller Betrübnis, weil ich mir bewußt bin, wie schlecht ich gehandelt habe.»
«Nein, Don Camillo, du lügst: Dein Herz ist voller Freude, weil du daran denkst, daß du morgen dreißig Arme glücklich machen wirst.»
Don Camillo stand auf, ging zwei Schritte zurück und setzte sich mit seiner ganzen Schwere auf die erste Bank. Der Schweiß rann ihm über die Stirn und übers Gesicht, das immer blasser wurde.
«Steh auf», gebot ihm nach einer Weile die Stimme des Gekreuzigten. «Ego te absolvo.»
Der Vergaser
Die Zeitungen schrieben immer noch über die berühmte Geschichte von dem Kind, das durch die eigens aus Amerika eingeflogenen Ampullen gerettet worden war.
Sie schrieben noch darüber, denn jetzt, da es dem Kind wieder gut ging, fühlten sich die von Hammer und Sichel schlecht. Nach ihrer verqueren Logik handelte es sich nämlich nur um eine groß aufgebauschte Propagandaaktion des amerikanischen Botschafters.
Das Ereignis hatte sich in einer Ortschaft abgespielt, die keine vierzig Kilometer von Don Camillos Gemeinde entfernt am großen Fluß lag. Als es zu der Polemik kam, fühlte Peppone sich deshalb verpflichtet, mit besonderem Eifer daran teilzunehmen, denn es ging schließlich darum, «den Namen der Bassa hochzuhalten».
Und er redete so viel und soviel Stuß darüber, daß sich Don Camillo veranlaßt sah, «rein zufällig» vor dem Café unter den Arkaden mit dem Herrn Bürgermeister zusammenzutreffen, der gerade einer um ihn gescharten Gruppe das Wieso und Warum der Angelegenheit auseinandersetzte.
Kaum erblickte Peppone den schwarzen Koloß von Pfarrer, als er seine Stimme hob: «Politische Propaganda - in Ordnung, alles in Ordnung, auch was nicht in Ordnung ist. Doch was man diesen Leuten nicht verzeihen kann, ist, daß sie ein Kind für ihre politischen Machenschaften ausnutzten. Wer selber Kinder hat, begreift das, ohne daß man es ihm erklären muß; aber einer, der keine Kinder hat und auch keine haben wird, begreift das nie!»
Alle drehten sich um und
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