Don Camillo und Peppone
Staatsbegräbnis für sie veranstalten würden.
«Das sage ich euch als Bürgermeister, und als Bürgermeister und als Dolmetscher des Willens der gesamten Einwohnerschaft habe ich euch hergerufen, weil ich nicht will, daß man mir morgen vorwirft, ich mache alles nach meinem Kopf. Die Tatsache ist, Signora Giuseppina hat als ihren letzten Willen geäußert, daß sie auf den Schultern getragen werden will und daß sie eine Fahne mit dem Wappen des Königs haben will. Hier sagt jeder, was er meint. Die Vertreter der reaktionären Parteien tun besser daran zu schweigen, weil wir alle sehr gut wissen, daß sie sehr glücklich wären, wenn es auch Musik gäbe, die den Königsmarsch spielt.»
Zuerst sprach der Vertreter der Aktionspartei, und er sprach sehr beflissen, weil er Akademiker war.
«Aus Verehrung für einen einzigen Verstorbenen können wir nicht hunderttausend Tote beleidigen, die durch ihr Opfer dem Volke die Republik schenkten!» Und so weiter, alles mit viel Temperament. Der Schluß lautete, daß Signora Giuseppina zwar für die Monarchie, vor allem aber für das Vaterland gearbeitet hatte und daß es infolgedessen nur gerecht wäre, wenn über ihrem Sarge die Fahne ausgebreitet werden würde, die heute das Vaterland symbolisiert.
«Bravo!» stimmte Bagollini zu, ein Sozialist, der marxistischer als Marx war.
«Aus ist es mit der Ära der Sentimentalitäten und der Gefühle! Wenn sie die Fahne mit dem Wappen haben wollte, hätte sie früher sterben sollen!»
«Das ist Blödsinn!» rief der Apotheker, der Chef der historischen Republikaner. «Man muß eher sagen, daß die öffentliche Schaustellung dieses Wappens anläßlich eines Begräbnisses Gefühle aufkommen lassen könnte, die diese Feierlichkeit in eine politische Kundgebung ausarten lassen und ihre edle Bedeutung beeinträchtigen, wenn nicht geradezu zerstören würden.»
Der Vertreter der Christlichen Demokraten war an der Reihe.
«Der Wille der Toten ist heilig», sagte er mit feierlicher Stimme. «Und der Wille der verstorbenen Signora ist ganz besonders heilig, weil wir sie alle lieben und verehren und ihre außerordentliche Tätigkeit bei uns als ein Apostolat ansehen. Und gerade auf Grund dieser Verehrung ihres Angedenkens sind wir der Meinung, daß man jeden kleinsten respektlosen Akt vermeiden müßte, der sich zwar gegen einen anderen Gegenstand richten, nichtsdestoweniger aber als eine Beleidigung des heiligen Angedenkens der Erloschenen erscheinen würde. Infolgedessen schließen wir uns den anderen Herren an und raten von der Verwendung der alten Fahne ab.»
Peppone stimmte mit einer Kopfbewegung sehr ernst zu.
Dann schaute er zu Don Camillo, der auch geladen war.
Und Don Camillo war blaß.
«Was meint der Herr Pfarrer?»
«Der Herr Pfarrer wartet auf die Meinung des Herrn Bürgermeisters.»
Peppone räusperte sich und ergriff das Wort.
«Als Bürgermeister», sagte er, «danke ich Ihnen für Ihre Mitarbeit, und als Bürgermeister teile ich auch eure Meinung, daß man die von der Verstorbenen gewünschten Fahne vermeiden müsse. Da aber in diesem Dorf nicht der Bürgermeister, sondern die Kommunisten kommandieren, so sage ich euch als Chef der Kommunisten, daß ich auf eure Meinung pfeife und daß sich Signora Giuseppina morgen mit der Fahne, die ihr gefällt, zum Friedhof begeben wird, weil ich sie tot mehr schätze als euch lebendig; und wenn jemand etwas einzuwenden hat, fliegt er gleich durchs Fenster hinaus! Hat der Herr Pfarrer noch etwas hinzuzufügen?»
«Ich weiche der Gewalt», sagte Don Camillo zufrieden und breitete die Arme aus, weil er wieder in der Gnade Gottes war.
Und so «begab sich» am nächsten Tag Signora Giuseppina auf den Friedhof, und Peppone, Brusco, Biggio und Fulmine trugen die Bahre auf ihren Schultern. Und alle vier hatten um den Hals feuerrote Tücher gebunden, auf dem Sarge aber war die Fahne der Frau Lehrerin ausgebreitet.
Es sind Dinge, die dort, in dieser wunderlichen Gegend, geschehen, wo die Sonne den Leuten auf die Köpfe hämmert und wo die Leute mehr mit dem Knüppel als mit dem Gehirn denken, wo man aber wenigstens die Toten achtet.
FÜNF UND FÜNF
Die Dinge hatten sich durch die unglückselige Politik verschlechtert, und obwohl nichts Besonderes geschehen war, machte Peppone, wenn er zufällig Don Camillo begegnete, ein verächtliches Gesicht und schaute weg.
Dann machte Peppone während einer Ansprache auf dem Hauptplatz beleidigende Andeutungen an die Adresse Don Camillos
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